In dieser Debatte fehlt mir das Prinzip der Gleichberechtigung. Wenn wirklich alle deutschen Staatsbürger gleichermaßen von der gesetzlichen Regelung betroffen wären – also sowohl Menschen mit ausschließlich deutscher Staatsbürgerschaft als auch jene mit mehreren Staatsangehörigkeiten –, ließe sich diese Maßnahme weniger stark kritisieren. Um Gerechtigkeit herzustellen, müsste man in diesem Fall jedoch auch Regelungen für Menschen mit nur einer Staatsbürgerschaft finden, etwa durch die Möglichkeit der Staatenlosigkeit oder durch Kooperation mit Ländern, die eine Aufnahme im Einzelfall ermöglichen. Beides wäre jedoch nicht nur rechtlich problematisch, sondern auch ethisch fragwürdig.
Die Vorstellung, dass sich Terror oder andere schwere Straftaten durch den Entzug der Staatsangehörigkeit wirksam verhindern lassen, greift zu kurz und ist in keiner Weise nachhaltig. Statt Symptome zu bekämpfen, sollte der Staat langfristige Lösungsansätze fördern – etwa durch Bildung, Aufklärung und gezielte Präventionsarbeit gegen Extremismus. Eine Abschiebung ist keine Problemlösung, sondern lediglich eine geographische Verlagerung. Die Ursachen des Problems bleiben bestehen.
Solche Maßnahmen geben in erster Linie uninformierten Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl, es gäbe einfache Lösungen für hochkomplexe gesellschaftliche Herausforderungen. Doch genau das führt in der Folge zu mehr Misstrauen, mehr Ausgrenzung und letztlich zu weiterer Radikalisierung. Probleme, die man nicht an der Wurzel bekämpft, sondern nur verschiebt, kehren in anderer Form zurück – oft verstärkt.
Darüber hinaus wirft die Regelung erhebliche rechtliche und gesellschaftliche Fragen auf: Sie steht in Spannung zu Artikel 16 des Grundgesetzes, der den Entzug der Staatsbürgerschaft nur unter engen Bedingungen erlaubt. Zudem untergräbt sie das Prinzip der Rechtssicherheit.
Auch integrationspolitisch ist die Regelung kontraproduktiv: Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft werden durch diese Maßnahme unter Generalverdacht gestellt. Das signalisiert: Du gehörst nicht vollständig dazu. Statt Teilhabe zu fördern, schafft man Distanz. Dies fördert ein gesellschaftliches Klima des „Wir gegen die Anderen“ und wirkt spaltend.
Letztlich leiden unter solchen Symbolgesetzen vor allem Minderheiten – Menschen, die arbeiten, Steuern zahlen und aktiv zum Aufbau dieses Landes beitragen. Hass erzeugt Gegengewalt. Eine politische Strategie, die auf Vereinfachung und Feindbilder setzt, schafft keine Sicherheit, sondern nährt Unsicherheit. Eine inklusive, gerechte und langfristig friedliche Gesellschaft kann nur entstehen, wenn Gleichheit vor dem Gesetz für alle gilt – ohne Ausnahme.