Es war ein Ort des Friedens. Ein Ort des Gebets.

Und nun ist es ein Ort des Blutes. Der Schmerz klebt an den Wänden der Mar-Elias-Kirche in Damaskus – einer Kirche, in der Menschen beteten, als die Explosion kam.

Menschen wie unsere Eltern. Unsere Kinder. Unsere Brüder und Schwestern.

Wieder trifft es die Christen in Syrien.

Und wieder scheint es kaum jemanden zu berühren.

Offiziell heißt es: Der sogenannte Islamische Staat war es.

Aber wir wissen: Der Terror gegen Christen hat viele Gesichter. Und viele Mittäter.

Nicht alle tragen Waffen – manche tragen Anzüge und schweigen, wenn sie reden sollten.

Und für uns Assyrer ist dieser Schmerz kein neuer.

Wir kennen ihn. Seit Jahren. Seit Jahrzehnten.

Wir erinnern uns an 2014, als der IS in die Ninive-Ebene einfiel.

Unsere Kirchen wurden in Brand gesetzt, unsere Klöster geschändet, unsere Dörfer geleert.

Hunderttausende mussten fliehen – aus der Heimat, in der unsere Wurzeln liegen.

Und 2015: Der Khabour-Fluss im Nordosten Syriens.

Assyrische Dörfer wurden überfallen, Kirchen zerstört, Menschen entführt.

Über 200 unserer Brüder und Schwestern wurden verschleppt – manche blieben über ein Jahr in Geiselhaft.

Einige kamen nie zurück.

Wir haben getrauert. Wir haben gebetet. Wir haben gehofft.

Aber wir haben auch gelernt: Die Welt schaut zu. Aber sie handelt nicht.

Seit Jahren sehen wir zu, wie unser Volk verschwindet.

Ein Dorf nach dem anderen. Eine Kirche nach der anderen.

Unsere Sprache wird aus Schulen verbannt. Unsere Geschichte aus den Büchern gelöscht.

Und wenn Blut fließt – wie jetzt in Damaskus – dann gibt es kein Wort des Trostes.

Nicht einmal ein Blick.

Warum?

Sind wir so unsichtbar geworden?

Wer schweigt, macht sich mitschuldig.

Und die syrische Regierung schweigt.

Kein Besuch bei den Angehörigen. Keine Beileidsbekundung. Keine Verantwortung.

Als ob unser Schmerz nicht zählt. Als ob wir schon längst aufgegeben hätten.

Aber wir leben noch.

Wir trauern – und wir sprechen.

Wir sind ein Volk mit 6000 Jahren Geschichte.

Ein Volk, das verfolgt wurde, aber nicht gebrochen ist.

Ein Volk, das glaubt – an Gerechtigkeit, an Freiheit, an das Leben.

Wir fordern:

  • Eine unabhängige internationale Untersuchung des Anschlags.
  • Die Anerkennung der assyrischen Christen als eigenständiges Volk mit Rechten – politisch, sprachlich, religiös.
  • Konkreten Schutz für unsere Kirchen, unsere Schulen, unsere Sprache – in Syrien wie in der Diaspora.
  • Und: eine gesicherte, autonome Region in unserem historischen Heimatland – zwischen Duhok und Ninive.
  • Einen Ort, an dem wir nicht betteln müssen, sondern leben dürfen.
  • Frei. In Würde.

Wir sind es leid, immer nur Opfer zu sein.

Wir wollen leben.

Und wenn man uns nicht schützt, dann werden wir selbst Schutz fordern – laut, standhaft, mit der Kraft unserer Geschichte.

Denn wer unsere Toten nicht betrauert,

wer unsere Kirchen nicht schützt,

wer unsere Existenz verschweigt –

der hat keinen Frieden verdient.

Aber wir werden nicht verschwinden.

Wir werden nicht aufhören zu glauben.

Nicht an das Böse, sondern an das Gute.

Nicht an Rache, sondern an Gerechtigkeit.

Unsere Hoffnung brennt – wie das Licht einer Kerze in der Nacht.

Klein vielleicht. Aber stark genug, um nicht zu verlöschen.

Charli Kanoun

Vorsitzender des Assyrischen Kulturvereins e. V. Saarlouis

Aktivist in der Assyrischen Autonomie Bewegung e. V. Saarland