Ah, eine Theorie, wie sie nur entstehen kann, wenn man die Schulbildung frühzeitig durch YouTube ersetzt hat. Die Vorstellung, dass die alten Ägypter eines Morgens beschlossen, den Nil hinter sich zu lassen, ein Floß zu zimmern und über den Atlantik zu segeln – auf der Suche nach frischer Baufläche für weitere Pyramiden – ist in ihrer Kühnheit beinahe rührend.
Man stelle sich vor: Ramses der XIII. steht auf dem Deck eines Palmblatt-Kahns, ruft seinem Navigator zu, man möge „stets westwärts!“ segeln – bis man irgendwann im Regenwald aufwacht und beginnt, die Einheimischen in Hieroglyphenschrift zu unterrichten.
Gewiss, sowohl Ägypter als auch mesoamerikanische Kulturen errichteten pyramidenartige Bauwerke – doch das liegt eher daran, dass die Pyramide statisch eben eine ziemlich robuste Form ist. Wenn man ohne Stahlbeton in die Höhe bauen will, ist eine Spitze nach oben einfach… sinnvoll. Das hat wenig mit geheimen transozeanischen Kulturreisen zu tun – und viel mit Physik.
Dass aus ägyptischen Seefahrern dann Irokesen und Inkas wurden – durch, sagen wir, eine Mischung aus Kulturbruch, Ressourcenstreit und wahrscheinlich einem Mangel an Sonnenschutz – ist eine Theorie, die den Begriff Geschichtsforschung derart großzügig auslegt, dass selbst mein Urahn Leopold von Eich, passionierter Alchimistenjäger und Bibliotheksbrandstifter, darüber den Kopf geschüttelt hätte.
Die Uramerikaner kamen – wissenschaftlich belegt – über die Beringstraße aus Asien, nicht über den Nil aus Gizeh. Aber Ihre Theorie hat zweifellos Unterhaltungswert. Vielleicht nicht für Historiker – aber ganz bestimmt für Drehbuchautoren.
Mit wohlwollender Amüsiertheit,
Alexander Von Eich