Liebe Sarah,
wegen einer Entmündigung mit deiner Volljährigkeit kann ich dich beruhigen. Die Entmündigung wurde 1992 abgeschafft und durch das Betreuungsgesetz ersetzt. Deine Mutter kann dich also nicht entmündigen lassen, höchstens einen rechtlichen Betreuer für dich beim Betreuungsgericht , welches zum Amtgericht gehört, anregen. Ein rechtlicher Betreuer kann für Volljährige eingesetzt werden, aber nicht gegen seinen Willen. Selbst wenn deine Mutter deine Betreuerin werden wollte, muss du das nicht akzeptieren! Das Betreuungsrecht soll im Gegensatz zur ehemaligen Entmündigung die Rechte der betreuten Person schützen, achten, wahren und ernst nehmen. Deine Mutter kann also nichts! Das würde ich ihr so aber nicht sagen, sondern ihr nur sagen, dass die Entmündigung nicht mehr existiert. Hinzu kommt, dass es nicht so schnell mit einem rechtlichen Betreuer geht, weil das Gericht grundsätzlich die Umstände prüfen wird. Wenn aber z.B. ein psychisch kranker Mensch keine Krankheitseinsicht hat wird das Gericht ärztliche Gutachten usw. verlangen.
Ich an deiner Stelle würde mich auch an das Jugendamt wenden und um Hilfe bitten.
Deine Mutter darf dich nicht einfach einsperren oder schlagen, auch wenn dein Verhalten vielleicht provozierend ist und pupertär. Im Grundgesetz steht schon:
Artikel 1 "Die Würde des Menschen ist unantastbar." und in Artikel 2 wird von der " freien Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit (also auch keine Schläge!!!), Freiheit der Person" geschrieben. Selbst im Bürgerlichen Gesetzbuch (=BGB) steht in § 1631, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. Körperliche Bestrafungen, SEELISCHE Verletzungen und andere entwürdigenden Maßnahmen (z.B. mit der Entmündigung drohen) sind unzulässig.
Viel mehr haben die Eltern meines Erachtens dafür zu sorgen, dass sich professionelle Unterstützung von Beratungsstellung im Umgang mit ihren Kindern holen, wenn sie selbst nicht mehr weiter wissen.
Wie bereits geschrieben finde ich, dass du dir Hilfe beim Kinder- und Jugendamt holst.
Ich würde das deiner Mutter auch nicht auf die Nase binden. Vielleicht bringt ein gemeinsames Gespräch schon Entspannung in eure Situation und die Fronten sind dann nicht mehr so verhärtet.
Allerdings bitte ich dich, dich selbst auch kritisch zu hinterfragen: "Wo habe ich richtig Mist gebaut?", "Wie habe ich meine Mutter verletzt?", "Welchen Beitrag habe ich an der Situation?", "Wie würde ich mich an der Stelle meiner Mutter fühlen?"
Deine Mutter macht sich sicher große Sorgen und auch selbst Vorwürfe, besonders nach deinen Suizidversuchen. Hier finde ich solltet ihr beide psychologische Hilfe in Anspruch nehmen um diese belastenden Tatsache gemeinsam zu bearbeiten.
Vielleicht hat deine Mutter auch selbst schlechte Erfahrungen gemacht und kann gar nicht anders? Es gibt viele Gründe warum etwas ist wie es ist. Doch muss es nicht bleiben wie es ist und kann mit gutem Willen ins Positive gewendet werden.
Ich wiederhole mich noch einmal:
Gehe zum Jugendamt und sprich über deine Sorgen! Rebelliere nicht wild darauf los, damit schadest du im Endeffekt nur selbst. Doch die Erkenntnis wirst du vermutlich erst viele Jahre später haben.
Alles Gute wünsche ich dir und ich hoffe, dass du und deine Mutter eine gemeinsame Basis finden könnt.