Verkehrstüchtigkeitstests für Autofahrer ab 70?
Sollten ältere Autofahrer im Sinne der Verkehrssicherheit ab einem gewissen Alter regelmäßig überprüft werden?
Ginge es nach der EU-Kommission, müssten sich alle Menschen innerhalb der Europäischen Union jenseits der 70 zukünftig regelmäßig auf ihre Fahrtauglichkeit hin überprüfen lassen. Doch wäre es realistisch und vor allem angebracht, die etwaige Verkehrssicherheit von Menschen schlichtweg vom Alter abhängig zu machen? Im Zuge unserer Meinung des Tages haben wir dieses diskussionswürdige Thema einmal mit der gutefrage Community besprochen. Viel Spaß beim Lesen!
Alltägliches Chaos im Straßenverkehr
Kennst Du das auch aus Deiner Stadt? An nahezu jeder Ecke wartet eine neue Baustelle, dazu überfüllte Straßen, permanent rote Ampeln, plötzlich endende oder gar nicht erst vorhandene Radwege und dazu Fußgänger, Rad-, Roller-, Scooter-, Auto- und Motorradfahrer, die das Recht im Straßenverkehr ausschließlich für sich beanspruchen?!
Traurig, aber wahr: Alleine im Jahr 2022 starben in den EU-Ländern über 20.600 Menschen im Straßenverkehr. Auf Seiten der Europäischen Union möchte man auf diese immens hohe Zahl reagieren und plant, die Verkehrssicherheit mithilfe einer Führerscheinreform drastisch zu verbessern.
Dadurch, dass die Situation im Straßenverkehr immer unübersichtlicher und komplexer zu werden droht und auch die Aggressivität unter den Verkehrsteilnehmern kontinuierlich steigt, nimmt die EU-Kommission in ihren Plänen insbesondere ältere Autofahrer ins Visier…
Das sind die konkreten Pläne der EU-Kommission:
Für eine Pkw- und Motorrad-Fahrerlaubnis gibt es in Deutschland kein Verfallsdatum, das bedeutet - wer den Führerschein einmal bestanden hat, der ist i.d.R. ein Leben lang fahrberechtigt. In wenigen Ausnahmefällen und nur in begründeten Fällen können eventuelle Überprüfungen der Fahrtauglichkeit angeordnet werden.
Obgleich die für die sichere Teilhabe im Straßenverkehr unabdingbare Reaktionsfähigkeit eines Menschen mit zunehmendem Alter häufig abnimmt, gab es - im Gegensatz zu einigen anderen EU-Staaten - in Deutschland bislang keine altersgebundenen Fahrtauglichkeitstests. Das soll der EU-Kommission zufolge jedoch geändert werden: Nach einem Entwurf der Richtlinien sollen alle Mitgliedstaaten ihre Führerscheine für Personen über 70 auf maximal fünf Jahre befristen. Diese Befristung könnte u.a. dazu dienen, regelmäßige Kontrollen in Form einer Selbsteinschätzung zur Verkehrstauglichkeit oder einer ärztlichen Untersuchung verpflichtend zu machen.
Das Vorhaben der EU-Kommission stößt hierzulande allerdings weitgehend auf Ablehnung…
Kritische Stimmen von Verkehrsministerium sowie ADAC und Stimmen aus der gutefrage Community
Obwohl es - wie zuvor erwähnt - mit zunehmendem Alter zu Leistungseinbußen kommen kann, offenbaren aktuelle Zahlen keineswegs ein signifikant höheres Unfallrisiko unter älteren Autofahrern. Ältere Verkehrsteilnehmer zeichnen sich vielfach durch einen situationsangepassten und vorausschauenden Fahrstil aus, weswegen der ADAC die Verhältnismäßigkeit pauschaler altersbezogener Eignungsverfahren grundsätzlich in Frage stellt. Ganz ähnlich sieht es auch Verkehrsminister Volker Wissing, der sich nicht nur vehement gegen mögliche Gesundheitschecks stellt, sondern zudem auf den wichtigen Umstand verweist, dass ein Verlust der Fahrerlaubnis mit einem Verlust von Selbstständigkeit einhergehen würde. Vor allem im ländlichen Raum bietet das Auto für viele Ältere die einzige Möglichkeit, Einkäufe oder Arztbesuche noch eigenständig tätigen zu können.
Wissing zufolge sei es völlig realitätsfern, ältere Menschen zur möglichen Eignung eine Distanz von mehreren hundert Kilometern fahren zu lassen, wenn diese weitgehend nur kurze Strecken mit dem Auto zurücklegen. Der Verkehrsminister appelliert stattdessen an das familiäre Umfeld, um ältere Menschen hinsichtlich ihrer Fahrtauglichkeit einzuschätzen und für etwaige Tests / Untersuchungen zu sensibilisieren.
Da es zu diesem Thema sicherlich viele interessante Ansichten gibt, haben wir kürzlich mit unserer Community darüber gesprochen:
Der Nutzer Berndban empfindet es als diskriminierend, die “Häufigkeit von Überprüfungen vom Alter abhängig zu machen”. Viel mehr fordert er regelmäßige Tests für alle Altersgruppen, so z.B. “nach 20 Jahren und dann 3x nach 10 Jahren, [und] dann alle 5 Jahre”, um sicherzustellen, dass möglichst alle Verkehrsteilnehmer den Ansprüchen des Straßenverkehrs genügen.
Auch 19thommy75 findet eine pauschale Prüfung von Älteren nicht gut, während in “anderen Altersklassen [oftmals] mal eben 50m die Leitplanke rasiert [wird] und ein ganzes Team von Feuerwehrmänner[n] [...] diese Rennfahrer [im Anschluss daran] freischneiden” muss. Darüber verweist er auf einen 70-jährigen Arbeitskollegen, der seit 50 Jahren unfallfrei fährt, wohingegen ein jüngerer Kollege mit Anfang 20 bereits zwei Firmenwagen geschrottet hätte.
Der Nutzer Midgardian hat eine ganz andere Meinung: Sofern die Pläne durchgesetzt werden, “sollte man Fahrtauglichkeit mit Arbeitstauglichkeit koppeln. Wem man nicht [zutraue], einen Pkw zu führen, von dem [könne] man [...] [auch] nicht verlangen, [...] Produktionsmaschinen [zu] führen. Und wem man nicht [zutraue], die Vorfahrtssituation an einer Kreuzung richtig einzuschätzen, von dem [könne] man nicht verlangen, [...] statische Berechnungen für Wohnhäuser” ausführen zu dürfen.
Die Userin Vanaheim hingegen befürwortet die Pläne der EU-Kommission. Für sie sollte “die Fähigkeit, auf Situationen schnell reagieren zu können [...], ab 70 einmal jährlich geprüft werden”. Dabei appelliert sie auch an die Einsicht älterer Menschen, damit sich diese am Ende nicht aus Überforderung “an Tod oder Verletzung anderer [im] Straßenverkehr” schuldig machen.
Da “Reaktion, Gehör, Sicht und das allgemeine Verständnis” mit fortlaufendem Alter nachlassen, ist auch Lion1012 grundsätzlich für regelmäßige Checks und verweist dabei auf persönliche Erfahrungen aus der letzten Zeit; hier hat Lion1012 “erst letztens einen gefühlt 100-Jährigen auf der Autobahn auf der Mittelspur mit 80 km/h herumgeistern gesehen”, weswegen der User die Pläne grundsätzlich befürwortet.
Wie Du siehst, handelt es sich hierbei um ein Thema, zu dem es sehr viele kontroverse Meinungen gibt. Hast auch Du hierzu eine klare Meinung, die Du mit der Community teilen möchtest? Prima! Dann sieh Dir unsere Meinung des Tages noch einmal an und lass uns wissen, wie Du darüber denkst.
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