In Literatur einsteigen?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Meinst du Klassiker oder einfach literarische Bücher?

Ich hab auf dem ersten Blick an klassische Literatur gedacht, aber jetzt denke ich gerade dass du eher etwas literarische Romane lesen willst, oder?

Das was ich echt JEDEM empfehlen würde ist von Thomas Glavinic "Das größere Wunder".

Das hat mir meine Ausbilderin als ich 17 war in die Hand gedrückt, damit ich mal was literarisches lese. Ist bis heute mein Lieblingsbuch, aber leider seit letztem Jahr vergriffen. Du findest es noch als E-book oder eventuell gebraucht im Internet:

Es handelt um Jonas, einen jungen Mann der den Mount Everest besteigt. In einem der Zwischenlager denkt er zurück an seine Kindheit/Jugend. (Es wechselt immer zwischen den zwei Zeiten hin und her)

Er wächst mit seinem geistig behinderten Zwillingsbruder und seiner Mutter (Alkoholierin) auf und hat es anfangs nicht leicht. Aber er hat einen besten Freund namens Werner, und die beiden verbringen quasi jeden Tag miteinander. Ab einem bestimmten Zeitpunkt kümmert sich die Mutter nicht mehr um die beiden und Jonas kommt mit seinem Bruder bei Werner unter, der auf einem großen Anwesen abseits der Stadt wohnt. Der "Herr des Hauses" ist Picco, Werners Großvater, den alle nur "Boss" nennen (warum wohl :D) und natürlich gibt es viele Angestelte, die den Jungs alles mögliche beibringen. Die beiden haben die Zeit ihres Lebens, sind hochintelligent aber machen im Grunde alles was sie wollen, dürfen um die Welt reisen etc. und es ist einfach richtig cool.

Dann passiert etwas und da Jonas inzwischen 18 ist beschließt er das Anwesen zu verlassen und um die Welt zu reisen.

Das Buch war einfach klasse. Nicht zu schwer, aber doch etwas literarischer (war damals auf der Longlist für den deutschen Buchpreis) aber vor allem interessant, weil ich mich in dem Alter super gut in Jonas hineinversetzen konnte. Ein Teil von mir wollte immer bei denen leben,es war schon cool.

Ansonsten in der Art gibt es noch "Der große Sommer" von Ewald Arenz.

Neuerer Roman, geht in die Richtung wie "Das größere Wunder" ist aber kürzer, 17 jähriger- hat die Matheprüfung verhauen und darf über die Sommerferien bei den Großeltern sein und Pauken. Hilft dem Großvater in der Klinik aus, geht durch die halb-verlassene Stadt ,verliebt sich zum ersten Mal so richtig- und hat den letzten großen Sommer bevor der Ernst des Lebens losgeht. Richtig schönes Buch. Ist sehr kurzweilig, aber nicht langweilig : )

Es gibt so viele Bücher dass ich nicht weiß was ich aussuchen soll. Die beiden sind relativ neutral und auch für junge Leute gut lesbar, finde ich.

Wenn es anspruchsvoller sein soll dachte ich noch an "Jonas Lüscher -Der Frühling der Barbaren" Ein großer Firmenchef (der aber nichts zu sagen hat) wird von seinem Vertreter in den "Urlaub" geschickt- mitten in die Wüste. Anfangs wird noch im Urlaubsresort mit 30 jungen Bankern gechillt, inklusive Hochzeit die dort stattfindet- und über Nacht geht Großbritannien plözlich bankrott. Niemand hat mehr Geld und alle sitzen dort fest. Super witzig und teilweise schon guter schwarzer Humor- und sehr viel Gesellschaftskritik. Etwas schwerer zum lesen, aber super cool. Hat auch nicht zu viele Seiten.

Ein super Autor (den ich leider nicht gelesen habe) ist Benedict Wells. Sein neuestes Buch im Taschenbuchformat ist "Hardland". Da gehts um einen 15-jährigen der während der Sommerferien im Kino jobbt und sich verliebt etc.- und seine Mutter stirbt. Soll richtig gut sein, hat den Jugendliteraturpreis gewonnen, letztes Jahr glaube ich. Wird auch von Erwachsenen gelesen. Er schreibt anspruchsvoller.

Dann ausländische Autoren:

Klar, so Sachen wie "Orwell- 1984" oder "William Golding- Herr der Fliegen" sind richtige Klassiker die man gelesen haben sollte.

Ich persönlich fande "Die Triffids von John Wyndham " wirklich klasse, wurde auch in den 40ern geschrieben glaube ich. Ist ein bisschen "fantasy?" mit drin:

Ein Mann hat eine Augen-OP hinter sich und hört im Radio mit, dass es wohl ein Spektakel am Himmel geben soll. Irgendein Himmelsereignis, sowas wie die Nordlichter oder so soll am Abend geschehen. Natürlich sehen sich das alle an, außer ihm. Als er am nächsten Morgen aufwacht und die Augenbinde abnimmt, merkt er dass irgendwas nicht stimmt- die Menschen die er trifft können nichts mehr sehen, sind erblindet. Während er versucht sich zurechtzufinden und irgendwie zu überleben erscheinen nach und nach immer mehr merkwürdige Pflanzen?

Ich fande die Tatsache cool, dass der Autor damalige befürchtungen der Bevölkerung in die Story mit verarbeitet hat. War ja während dem Krieg, das hat er super gut mitverarbeitet, aber auf eine ganz andere Art wie man denkt. Sehr spannend.

In der Richtung geht auch "H.G. Wells: Wenn der Schläfer erwacht" oder "Der Krieg der Welten- es gibt so coole Ausgaben die auf dem Cover Bilder von H.R. Giger draufhaben. Damals während der Ausbildung hat mich "Wenn der Schläfer erwacht" sehr gecatched. Wurde so gegen 1890 (?) geschrieben, ein Mann geht spazieren und wird ohnmächtig. Nach einer Weile wacht er auf und stellt fest dass er sich in der Zukunft befindet- da gibt es richtig viele Fortschrittliche Dinge zu sehen wie (Rolltreppen, elektrisches Licht, FLUGZEUGE) ähnliche Dinge die es damals einfach noch nicht gab- und laut einer Prophezeiung muss "der Schläfer" irgendwie die Gesellschaft retten oder so. (Lange her seitdem ich´s gelesen habe).

Sehr interessant, weil man sieht was die Leute damals gedacht haben wie die Zukunft aussehen könnte. Und dass es später so spannend in dem Buch wird hättte ich nie gedacht!

ABER Wichtig! Je älter die Bücher desto schwieriger zu lesen! Die Leute damals haben ganz anders geschrieben als wir heutzutage, und auch wenn es von "alten" literarischen Büchern damals inzwischen Neuübersetzungen gibt, würde ich vorsichtig sein und lieber die alte nehmen, weil das "feeling" der Bücher verloren geht-

Bevor du dich für etwas entscheidest solltest du lieber immer im Internet checken welche Übersetzung die beste ist- mein erstes "richtiges" literarisches Buch (außerhalb von Schule oder Ausbildung) war "Meister und Margarita". Vor kurzem musste ich voller Schrecken feststellen, dass es die alte Übersetzung von Thomas Reschke nicht mehr gibt. Die neue kann man direkt aus dem Fenster werfen. Immer vorher nachschauen!

Bei Meister und Margarita geht im Moskau der 30er Jahre der Teufel um. Sehr cooles Buch, aber anspruchsvoll.

Ich pack dir mal die einfacheren Bücher nach oben in die Liste und die (meiner Meinung nach) schwereren Bücher(von der Art wie sie geschrieben sind) nach unten- oben die leichter, unten die schwereren- aber immer noch gut lesbar, die hab ich alle zwischen 17-20 gelesen : ) Außer Ewald Arenz, das war vorletztes Jahr. Aber ich packs trotzdem nach oben weil es ähnlich ist wie Das größere Wunder:

Der große Sommer" von Ewald Arenz
Thomas Glavinic "Das größere Wunder"

Benedict Wells, Hardland

William Golding- Herr der Fliegen

Orwell- 1984

Die Triffids von John Wyndham

Jonas Lüscher -Der Frühling der Barbaren"

Meister und Margarita -Michail Bulgakow

Mensch es gibt echt viel. Aber das hier finde ich ne gute Mischung. Die ersten zwei sind sehr aktuell, Hardland auch- eher Romane die aber gut zu lesen sind und trotzdem literarisch.

Der Frühling der Barbaren, aktuell aber etwas schwerer zum lesen.

Dann Herr der FLiegen ,1984 sind gut zum lesen, aber etwas älter

Die Triffids ist ein bisschen science fiction was ich aber gut zum lesen fand, könnte dich auch interessieren wegen dem Naturwissenschaftlichen Teil

Meister und Margarita von Thomas Reschke übersetzt war anspruchsvoll aber hat mir viel bedeutet. Aber war damals für mich ne harte Nuss. Alleine die Art wie es geschrieben und übersetzt war. Die 30er waren einfach ne andere Zeit.