Also erstmal unterscheidet sich die LGBT-Geschichte in Ost- und Südostasien von Land zu Land. Ich weiß nicht viel über die Situation in Vietnam und Kamboscha, aber in China, Südkorea und Japan wurde Homophobie z.B. größtenteils durch westliche Einflüsse im 19. und 20. Jahrhundert angefeuert. Es gab zwar vorher schon homophobe Einflüsse durch den Konfuzianismus, der u.A. die Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau hervorhebt (in Korea meist noch stärker als in China, da der dortige Neo-Konfuzianismus der die Joseon-Dynastie prägte als eine besonders strenge Auslegung des Konfuzianismus gilt und in China eine größere Zahl von anderen Philosophien noch mit in die Kultur reinspielte. Der koreanische Neo-Konfuzianismus wurde während der japanischen Invasionen auch nach Japan importiert.), aber europäische Reisende in China waren in früheren Jahrhunderten z.B. oft geschockt davon, wie offen dort Homosexualität gelebt wurde. In China gilt als Wendepunkt für Homophobie die Selbststärkungsbewegung, auch Bewegung der Verwestlichung genannt, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der die damalige Regierungen dem Elend der Opiumkriege entfliehen und zurück zu einer dominanten Position wollten - der Plan war die Vorteile westlicher Politiken und Kultur in das einheimische System zu integrieren, die Stärkung der traditionellen Ehe und die inhergehende Achtung von Homosexualität wurde damals als "Vorteil" westlicher Systeme ausgemacht. Später bei Mao wurde sich dann vermutlich noch weiter and sowjetischen LGBT-Politiken orientiert. In Japan ging es recht ähnlich zu, Ende des 19. Jahrhunderts wurde dort Homosexualität zum ersten mal für einige Zeit verboten - als der Strafcodex "westlichen Standards" angepasst wurde. In Korea hingegen wurde Ende des 19. und im 20. Jahrhundert von Missionaren ein meist recht konservatives und radikales Christentum gepredigt, welches politisch bis heute dort recht einflussreich ist.
Thailands Regierung hat nie westliche Achtung von Homophobie als Element des westlichen Erfolges ausgemacht und wurde nie groß christlich missioniert. Konfuzianismus dort war auch eigentlich immer recht irrelevant, Neo-Konfuzianismus erst recht.
Ein anderer Faktor wäre inwiefern das politische System LGBT-Aktivismus zulässt, Taiwan z.B. ist sehr liberal was LGBT angeht obwohl es aus der gleichen konfuzianistischen Tradition und der gleichen konservativen Qing/republikanischen Regierung wie Festlandchina hervorgeht, weil dem Aktivismus schon ziemlich lange recht freien Lauf gewährt wurde. Thailands Regierung ist zwar was Kritik des Königshauses angeht auch nicht gerade liberal, aber LGBT-Aktivismus läuft dort seit vielen Jahrzehnten praktisch völlig frei. Kambodscha und Vietnam werden auch autoritär geführt, wobei ich nicht viel dazu finden kann wie sehr sich das auf LGBT-Aktivismus auswirkt. Auf jeden Fall ist Thailand schon länger wirtschaftlich "aufstrebend" als Vietnam oder Kambodscha, und sozialer Aktivismus steigt meist erst wenn die materiellen Bedürfnisse einer Bevölkerung gedeckt ist, zudem gilt die traditionelle Familie in ärmeren Gesellschaften meist als materiell stabilisierender Faktor.
TLDR - Homophobie in Ost- und Südasien hat größtenteils mit 4 Faktoren (2 die ihn anfeuerten, 2 die ihn aufrecht erhalten) zu tun, die in Thailand nicht (bzw. weniger stark als in vielen anderen Ländern der Region) gegeben sind:
- Konfuzianismus (z.B. China, Vietnam, noch extremer im Neo-Konfuzianismus in Korea, Japan)
- Starker westlicher Einfluss während einer im Westen LGBT-feindlichen Epoche (z.B. größtenteils politisch geprägt in China und Japan, größtenteils religiös geprägt in Korea)
Die Faktoren, die ihn aufrecht erhalten:
- Eine autoritäre Regierung, die LGBT-Aktivismus einschränkt (z.B. Festlandchina)
- Armut, die für die Bevölkerung Sicherung wirtschaftlicher Faktoren weit wichtiger als sozialen Aktivismus macht (z.B. Kambodscha)