Meines Erachtens ist es nicht sehr sinnvoll, Spachzeichen wie "Mann", "Frau" oder "Gender" als absolut "gut" oder "schlecht" zu bezeichnen. Man schreibt der Sprache ja nicht umsonst einen Werkzeugcharakter zu und ein Werkzeug ist auch nicht an sich gut oder schlecht oder gar "dumm", sondern nur in Bezug auf das, was ich mit ihm zu tun beabsichtige.
Außerdem wissen wir spätestens sei De Saussure, dass das Sprachzeichen arbiträr, also willkürlich ist. Ein Schreibpult ist in Deutschland ein Schreibpult, aber in Frankreich ist es ein "bureau" und kann zugleich den Raum bezeichnen, in dem sich traditionell ein Schreibpult befand! Totales Chaos eigentlich und völlig unlogisch, aber es funktioniert in der Praxis ganz gut.
Für "dumm" halte ich es, der Sprache generell vorzuwerfen, dass sie Menschen oder Dinge in Rollen zwänge. Das nämlich ist ein notwendiger, wenn auch manchmal lästiger Nebeneffekt von Sprache an sich, der sich ganz grundsätzlich nicht völlig vermeiden lässt. Sich darüber grundsätzlich zu beklagen ist, wenn man es böse ausdrücken wollte, genau so doof, wie sich darüber zu beklagen, dass man sich an einem Messer verletzen kann.
Meines Erachtens ist es aber eine durchaus kostbare zivilisatorische und kulturelle Errungenschaft, dass wir uns bemühen, mit der Sprache dennoch so vorsichtig umzugehen wie mit einem Messer bzw. sie so geschmeidig zu halten, dass wir nur Dinge und Menschen gedanklich trennen, wo es für beide Seiten sinnvoll ist.
Für mich genügt im Alltag die Einteilung der Menschheit in Frauen und Männer vollkommen und sie macht mein Leben einfacher und bequemer. Mir bricht aber auch kein Zacken aus der Krone einzusehen, dass meine gewohnten sprachlichen Grenzziehungen für viele Transmenschen und / oder Menschen mit sowohl typisch weiblichen und männlichen körperlichen Merkmalen oft unbequem, unpraktisch oder auch verletzend sein können. Wenn ich möchte, dass wir uns beide in der Situation wohlfühlen und trotzdem noch in der Lage sein wollen, ohne Missverständnisse zu kommunizieren, müssen wir entweder unser gemeinsames Werkzeug, die Sprache, an die Situation anpassen oder den Sprachgebrauch anpassen.
Das Sprachzeichen "gender" hat sich für mich in diesen Situationen als durchaus praktisches Hilfwerkzeug erwiesen. Es ermöglicht mir, einen Menschen ohne Verletzung meines und seines Sprachgefühls als "Mann" zu bezeichnen, den ich vom Aspekt und der Tradition her sonst als "Frau" bezeichnet hätte. Natürlich haben wir damit auch noch nicht eine lupenreine Definition für "Frau" und "Mann" gefunden, mit der sich in Zukunft alle Menschen widerspruchsfrei identifizieren können und identifizieren wollen. Aber wenn es aber beiden Seiten damit vorläufig besser geht, als vorher, ist das nicht dumm, sondern nach meiner bescheidenen Meiung relativ intelligent ;-)