Wozu Geisteswissenschaften?

5 Antworten

Eine erstaunlich intelligente Frage - viel zu selten gehört! Dein Kommentar dazu strotzt nur so vor Logik. Machen wir´s ´mal kurz vom Ende her in deinen Worten:

Inwiefern bringt es der Gesellschaft etwas, dass du lebst? Und wenn du jetzt auch nur einen einzigen Gedanken darüber verschwendest, beginnst du selbst den langen Weg in die Jahrtausende alten Geisteswissenschaften. Lass es also, bitte.

Renoviere lieber Badezimmer, schneide anderen Leuten die Haare, verkaufe irgendetwas, repariere ein Gerät, aber arbeite nicht rein theoretisch, lese keine Bücher und erforsche nicht den Sinn des Lebens, ja, dann nutzt du uns - bitte lebenslänglich. Stimmt!

Das eine schließt das andere nicht aus.

Es gibt bestimmt Menschen die irgendwie Geisteswissenschaften und praktische/ handwerkliche Fähigkeiten haben und es kombinieren können.

warum sollte ein Handwerker kein Buch lesen und sich Gedanken um die Welt machen?

warum sollte ein Philosoph nicht auch mitarbeiten in einer Schreinerei?

All diese Dinge sind letztlich auch vom Arbeitsmarkt und vom Staat abhängig, nicht nur vom Menschen.

Andrerseits wer ist der Staat? Wir alle oder?

Dieser Mensch liefert ggf. Antworten auf ethische Fragen die dann wiederum in die Gesetzgebung einfließen.

Oder er liefert Antworten für das menschliche Verhalten, z. B. wie sich Menschen motivieren lassen.

Zudem gibt es Leute, die eine Antwort z. B. auf den Sinn des Lebens suchen. Es gibt also eine Nachfrage die durch ein Angebot bedient werden möchte. Ohne jemanden der sich mit Geisteswissenschaften beschäftigt, wäre es doch ziemlich frustrierend für die Leute, da sie keinerlei Antworten erhalten könnten.

Knistafolie69  02.11.2022, 10:45

Aber warum könnten diese Menschen, denen es nach Antworten verlangt, nicht selber die Antworten suchen. Was Geisteswissenschaftler leisten, kann von jedem bewältigt werden. Somit ist es also nur die Faulheit der Menschen. Warum selber machen, wenn es doch ein anderer macht.

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Callidus89  02.11.2022, 10:58
@Knistafolie69
Was Geisteswissenschaftler leisten, kann von jedem bewältigt werden. Somit ist es also nur die Faulheit der Menschen.

Puhh..gewagte These. Es könnte auch jeder selbst ein Auto bauen oder selbst ne Kuh für Milch halten. Und warum überhaupt mit anderen Menschen reden, wenn man jedes Gespäch in Gedanken doch selbst führen könnte. Und wozu braucht man vor Gericht nen Anwalt, wenn man doch auch einfach selbst des Lesens mächtig ist um die nötigen Gesetze aufzunehmen. Merkst du worauf ich hinaus will?

Weder ist jeder gleichermaßen talentiert, noch kommt man immer ohne externe Anregung aus wenn man die eingene Perspektive erweitern will. Ganz zu schweigen davon, dass der Tag nur 24 h hat und daher schlicht nicht genug Zeit ist alles selbst zu machen.

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Knistafolie69  02.11.2022, 11:08
@Callidus89

Natürlich kann jeder alles schaffen. Über die Qualität der Ergebnisses lässt sich allerdings streiten, dass gebe ich zu. Aber wenn es um Denk und Erkennensprozesse geht, sollte man für sich selber denken, und das nicht anderen überlassen.

Aber das selber denken gerät ja immer mehr aufs Abstellgleis heutzutage ...

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Roland22  02.11.2022, 11:38
@Knistafolie69

Es wäre in der Tat mal darüber nachzudenken (...), Philosophie als Schulfach einzuführen.

Gerade in der heutigen Zeit, wo 14-Jährige Influencer mit was-weiss-ich Tausende von Followern begeistern.

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Callidus89  02.11.2022, 11:45
@Knistafolie69
Aber wenn es um Denk und Erkennensprozesse geht, sollte man für sich selber denken, und das nicht anderen überlassen.

Ich bleibe dabei, auch hier kann man mangels Talent und Zeit nicht alles selbst machen und tut daher gut daran, sich nur die Ergebnisse anderer zunutze zu machen.

Beispiel BGB. Ich habe weder Zeit noch Lust mich mit den philosophischen Grundlagen hinter den Gesetzen zu beschäftigen. Da dürfen gerne andere die Denkarbeit leisten, wo neue Gesetze oder Änderungen an den alten notwendig werden.

Oder zum Sinn des Lebens. Klar hab ich mir selbst darüber schon Gedanken gemacht. Bin ich jetzt etwa faul, wenn ich mir die Sichtweisen anderer Durchlese und mir teile oder sogar alles davon für meine Sichtweise aneignen, nur weil ich nicht selbst in meinen Überlegungen darauf gekommen bin?

Wir können nunmal nicht jedes Ergebnis, jede Entscheidung eines anderen hinterfragen. Und das sollte auch nicht so sein.

Ich wollte aber auch nicht andeuten, dass man nichts mehr selbst durchdenken sollte. Ganz im Gegenteil. Man soll natürlich auch vieles hinterfragen und sich eine eigene Meinung bilden, statt einfach nur das nachzuplappern, was andere behaupten.

Aber das selber denken gerät ja immer mehr aufs Abstellgleis heutzutage

Das sehe ich nicht so. Es wird viel selbst gedacht. Ich finde die Flut an einprasselnden Informationen nimmt nur immer größere Formen an. Da kommt man mit eigenem Denken schon lange nicht mehr gegen an. Man kann sich nur noch oberflächlich mit allem beschäftigen oder ignoriert vieles um sich mit dem wenigen verbleibenden genauer auseinandersetzen zu können. Oder irgendwas dazwischen.

Entweder kommt man also zu ggf. falschen Schlüsseln, weil man zu vielen Themen zu wenig nachgedacht hat oder man nimmt viel als gegeben hin (was dann hoffentlich von Leuten durchdacht wurde, die sich unter anderem mit Geisteswissenschaften beschäftigt haben) und kann sich zu wenigen Themen tief selbst hineindenken.

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Jeder Kulturstaat seit den ersten Hochkulturen fördert Menschen, die nicht Haare schneiden oder Geräte reparieren, sondern über geistige, kulturelle und soziale Dinge nachdenken und forschen. Der Mensch lebt eben nicht vom Brot allein. Er ist auch ein Wesen, dass über sich nachdenkt, über den Sinn der Dinge, über die Vergangenheit, über die Sprache, über die Kunst, über das Funktionieren des Denkens usw.

Der Mensch gewinnt dadurch geistige Orientierung, er überwindet manche Ängste und Unsicherheiten, er kann Ziele besser formulieren und er stillt seine Neugier, seinen Wissensdurst und seine Freude am Schönen.

Ohne das wäre er ein höheres Tier, das nur sein Vegetieren organisiert. Das ist sehr, sehr wichtig, und ohne das leidet der Mensch, aber es nicht alles.

Zu den Geisteswissenschaften gehören dabei, was du zu wenig bedenkst, nicht nur Philosophie, sondern sie Sprachwissenschaften, die Kulturwissenschaften, die Geschichte und die Gesellschaftswissenschaften.

Knistafolie69  02.11.2022, 10:52

Und was wäre falsch daran, den Menschen auch nur als Tier zu sehen? Weil nichts anderes sind wir und wir vegetieren auch nur vor uns hin.

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Ein Schiff ohne Richtung muss immer im Hafen verweilen.

Knistafolie69  02.11.2022, 11:09

Oder es fährt auf eigene Faust, sammelt Erfahrungen und schaut was passiert.

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Knistafolie69  02.11.2022, 11:22
@JonasVjonas2

Dann kann aber jeder für sich Geisteswissenschaft betreiben, und die Gelder könnten an der Uni für seriöse Forschungen genutzt werden.

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