Woher weiß man, ob jemand Kammerflimmern oder Asystolie hat?

5 Antworten

Von Experte Rollerfreake bestätigt

Hi,

1. Woher weiß man, ob jemand Kammerflimmern oder Asystolie hat? Also, wie erkennt man sowas?

Letztendlich erfolgt die Unterscheidung zwischen defibrillierbaren und nicht-defibrillierbaren Kreislaufstillständen (und damit folglich auch Kammerflimmern oder Asystolie) durch genau eine Sache: ein Blick aufs EKG oder eine AED-Analyse.

Das kann entweder durch ein bereits vorhandenes EKG-Monitoring geschehen, oder eine "Schnellableitung" über die Defibrillationselektroden (entspricht am ehesten Ableitung II des EKGs).

Eine Asystolie ist als "Nulllinie" erkennbar, d.h. es ist keine elektrische Aktivität des Herzens vorhanden - keine elektrische Aktivität bedeutet zwangsläufig auch keine Auswurfleistung.

Ein Kammerflimmern zeigt sich als vollkommen unkontrollierte elektrische Erregung der Herzkammern im EKG - wie OrangeLila beschrieben hat: viele, undifferenzierte Zacken. Die Frequenz der Erregung (> 350/min) ist hierbei so hoch, dass sich die Kammern nicht mehr mit Blut füllen können und ebenfalls keine Auswurfleistung vorliegt. Das Herz ist zwar elektrisch aktiv, mechanisch besteht allerdings genauso viel Auswurfleistung wie bei der Asystolie: keine.

Im professionellen Bereich wird manuell defibrilliert - d.h. der Helfer muss anhand des EKG-Bildes entscheiden, ob eine Defibrillation indiziert ist. Bei AEDs, die für Laienhelfer konzipiert sind, entscheidet dieser, welcher Rhythmus vorliegt und die Notwendigkeit einer Defibrillation - entweder "Schock empfohlen" oder "kein Schock empfohlen". Rollerfreake hat das Vorgehen ja bereits beschrieben.

2. Was passiert, wenn man bei Asystolie trotzdem eine Defibrillation durchführt und bei Kammerflimmern hingegen keine Defibrillation? 

Bei einer Asystolie defibrillieren ist per se nicht "schlimm" - es bringt aber auch rein gar nichts.

Der Sinn einer Defibrillation besteht ja darin, eine vorhandene, unkontrollierbare Aktivität des Herzens zu beenden (Depolarisation möglichst vieler Herzmuskelzellen, damit Beendigung des zugrundeliegenden Reentry-Mechanismus und Eröffnung der Möglichkeit für geordnete Herzaktionen mit Auswurfleistung).

Wo nichts vorhanden ist, kann man nichts unterbrechen. Man unterbricht in diesem Falle die Herzdruckmassage lediglich sinnfrei.

Wird bei vorliegendem Kammerflimmern nicht defibrilliert, wird dem Patienten eine kausale und lebensrettende Therapiemaßnahme vorenthalten. Je später defibrilliert wird, desto schlechter die Überlebenschancen.

Ein Kammerflimmern wird, salopp gesagt, auf eine von zwei Weisen beendet: eine frühzeitige Defibrillation oder das Herz ist irgendwann infolge der Hypoxie selbst so geschädigt, dass auch keine ungeordnete elektrische Aktivität mehr möglich ist. Letzteres bedeutet meist einen frustranen Verlauf der Reanimation.

Fazit für die Praxis

Als Ersthelfer spielt die Unterscheidung im Erstangriff mit BLS-Maßnahmen - siehe die Antwort von Rollerfreake - keine Rolle. Das grundsätzliche Vorgehen ist gleich.

Wenn ein AED verfügbar ist, wird dieser eingesetzt, trifft die Entscheidung, welcher Rhythmus vorliegt und die Notwendigkeit einer Defibrillation eigenständig - und gibt dem Ersthelfer eine entsprechende Empfehlung.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent
Von Experten Daikichan und SaniOnTheRoad bestätigt

Für den Ersthelfer ist keine Differenzierung möglich aber auch gar nicht wichtig. Die Basismaßnahmen einer Reanimation, sind bei allen Formen des Herz- Kreislaufstillstandes absolut identisch und umfassen bei Erwachsenen 30 Herzdruckmassagen und 2 Atemspenden im Wechsel. Wenn eine Atemspende aus welchen Gründen auch immer nicht durchgeführt werden kann, dann erfolgt eine ununterbrochene Herzdruckmassage mit einer Frequenz von 100 bis 120/ Minute und einer Drucktiefe von 5 bis 6 Zentimetern. Öffentlich zugängliche automatisierte, externe Defibrillatoren (AED) analysieren zuverlässig den Herzrhythmus und lassen eine Defibrillation nur dann zu, wenn diese medizinisch indiziert ist, also beim Kammerflimmern. Liegt eine Asystolie vor, so kann man bei einem AED 100 mal auf den Knopf drücken und es erfolgt keine Energieabgabe!.

Fachpersonal verwendet i.d.R. manuelle Defibrillatoren, hier muss tatsächlich der Anwender die Notwendigkeit oder eben auch die nicht Notwendigkeit der Defibrillation feststellen und auch die Energie auswählen, er muss also sicher zwischen einem Kammerflimmern und einer Asystolie unterscheiden können, das tut er mittels EKG. Fakt ist aber, dass manuelle Defibrillatoren ausschließlich Ärzten und medizinischem Fachpersonal zugänglich sind, es ist vollkommen ausgeschlossen, dass ein medizinischer Laie ein solches Gerät in die Hände bekommt!.

Bei einem Kammerflimmern nicht zu defibrillieren, würde den Tod des Patienten bedeuten, da die Defibrillation das effektivste zur Verfügung stehende Mittel ist um das Flimmern zu durchbrechen. Es gibt Ärzte, die bevor sie einen Patienten aufgeben und die Reanimation abbrechen auch bei einer Asystolie einen Defibrillationsversuch durchführen, das taucht aber in der Reanimationsleitlinie nicht auf und entspricht einem "verzweifelten" Rettungsversuch.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.
Von Experte iwaniwanowitsch bestätigt

Das sieht man im EKG. Bevor der Patient extern defibrilliert wird, wird er an ein EKG angeschlossen. Da sieht man das drauf. Asystolie ist eine deutliche Nulllinie. Kammerflimmern sieht im EKG sehr wild aus mit vielen Zacken.
Eine Defibrillation bei Asystolie ist nicht so wirksam, da das Herz noch irgendeine Resteigenaktivität haben muss.
Es ist nicht schlimm bei einer Asystolie zu defibrillieren.
Aber es wäre schlimm beim Kammerflimmern nicht zu defibrillieren - das würde ganz sicher mit dem Tod enden.
Leicht gesagt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Krankenschwester

Das erkennt man am fehlenden Herzschlag, also kein Puls und keine Herzgeräusche im Brustkorb. Ein EKG (auch ein externer Defillibrator) beweist das.

iwaniwanowitsch  07.12.2021, 20:48

Bei Kammerflimmern und Asystolie gibt es gleichermaßen keinen Auswurf (Puls) und man würde auch keinen Herzton hören, wenn man auskultieren würde (macht man aber nicht in diesem Falle).

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Als Laie hat Du nur Herzdruckmassage zu machen, aber effektiv und ohne Pause.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
RedPanther  04.12.2021, 16:15

...und einen AED zu verwenden, wenn verfügbar.

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