Wirkt Cellulose reduzierend?

3 Antworten

Moin,

nein, Cellulose wirkt nicht-reduzierend.

Cellulose ist ein Polysaccharid, in dem Glukosemoleküle in einer beta-1--->4-glycosidischen Bindung miteinander verknüpft sind.

Zwar hat dann jede Zuckerpolymerkette an einem Ende ein anomeres Kohlenstoffatom, das den Ring öffnen kann, wodurch eine für eine Reduktion nötige Aldehydgruppe entsteht, aber gemessen an der riesigen Größe des Moleküls fällt diese eine funktionelle Gruppe nicht ins Gewicht und ist daher insgesamt gesehen nicht wirklich wirksam... Mit anderen Worten, es gibt einfach zu wenige Reaktionsstellen, als dass sie zu einer bemerkbaren Reaktion führen würden. Daher fallen Fehling-Probe, Tollens-Probe und Konsorten mit Cellulose negativ aus...

LG von der Waterkant


Danje954 
Fragesteller
 19.11.2019, 14:07

Besteht cellulose nicht aus cellobiose Einheiten?

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Danje954 
Fragesteller
 19.11.2019, 14:44
@Danje954

Wenn das so wäre, müsste die Cellulose ja immer gleich enden, nämlich wie die cellobiose

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DedeM  19.11.2019, 14:53
@Danje954

Ja, das ist auch so. Was spräche denn deiner Meinung nach dagegen?

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DedeM  19.11.2019, 19:05
@Danje954

Richtig! Und nur das in dieser Darstellung rechte Glukosemolekül wäre in der Lage, am C1 den Ring zu öffnen, um mit der dann entstehenden Aldehydgruppe reduzierend zu wirken. Das geht zwar, aber - wie gesagt - das passiert gemessen an der Größe des Moleküls mit seinen Tausenden von Glukosemolekülen zu selten, um relevant ins Gewicht zu fallen. Man bemerkt die Reaktion einfach nicht. Darum verläuft Fehling (oder Ähnliches) unbemerkt, also negativ...

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Danje954 
Fragesteller
 19.11.2019, 19:38
@DedeM

Warum geht es am linken nicht? Da ist doch auch ne aldehyd Gruppe oder

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DedeM  19.11.2019, 19:54
@Danje954

Nope! Da sind doch nur Hydroxygruppen (OH). Eine Aldehydgruppe ist eine Carbonylgruppe (C=O), wobei an das C-Atom noch ein Wasserstoff gebunden ist. Deshalb fasst man diese funktionelle mit –CHO zusammen. Und so etwas befindet sich nicht am linken Glucosemolekül. Am rechten gibt es in der Ringform auch keine solche Gruppe, aber wenn sich der Ring am C1-Atom öffnet, entsteht so eine Gruppierung: Dabei wandert das H vom OH an C1 zu dem Sauerstoffatom, das im Ring die Brücke zwischen C1 und C5 bildet. Dieser Sauerstoff wird dann wieder zur Hydroxygruppe, während der Sauerstoff am C1 (jetzt ohne H) zur Carbonylgruppe (C=O) wird. Da außerdem an C1 noch ein Wasserstoff gebunden ist, erhältst du so die Aldehydformation –CHO.
Ein Ring kann sich nur am C1-Kohlenstoff in dieser Weise öffnen. Und das auch nur, wenn die OH-Gruppe dort nicht mit etwas anderem glycosidisch verbunden ist. Mit der OH-Gruppe hast du nämlich ein sogenanntes Halbacetal vor dir. Ist dagegen ein weiterer Zucker über den Sauerstoff an C1 gebunden, ist das ein Vollacetal. Vollacetale können sich nicht öffnen, nur Halbacetale (weil bei Vollacetalen das H am Sauerstoo fehlt, um aus dem Ring-Sauerstoff wieder eine OH-Gruppe zu machen (s.o.). Darum kann höchstens das rechte Glukosemolekül reduzierend wirken und das ist zu wenig...

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Danje954 
Fragesteller
 19.11.2019, 21:33
@DedeM

Kann man das auf den ersten Blick erkennen? Irgendwie sehe ich da keinen Unterschied außer die Unterschiedliche nummerierung der C Atome

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DedeM  20.11.2019, 05:32
@Danje954

Also ich kann das erkennen... Eine Ringöffnung kann doch nur dort erfolgen, wo es im Ring die Sauerstoffbrücke gibt. Es kommen also theoretisch nur C1 und C5 als diejenigen Kohlenstoffatome in Frage, die nach der Ringöffnung die neu gebildete Carbonylgruppe (C=O) tragen. Aber bei genauerem Hinsehen stellst du fest, dass C5 dafür doch nicht in Frage kommt, weil dieser Kohlenstoff dann fünfbindig wäre (eine Bindung zu einem H-Atom, zwei zu den C-Atomen C4 und C6 plus - dann - zwei Bindungen zum Carbonylsauerstoff).
Ein weiterer Grund, warum diese Art der Ringöffnung nicht gehen würde, ist, dass anschließend an C1 eine weitere OH-Gruppe (neben der schon vorhandenen) entstehen würde. Und gemäß der Erlenmeyer-Regel sind zwei OH-Gruppen am selben Kohlenstoffatom gebunden nicht stabil (siehe Kohlensäure). Es würde sich Wasser abspalten, was aber offenbar nicht passiert. Daher kann eine Ringöffnung nur so erfolgen, dass am Ende an C1 die Carbonylgruppe entsteht und an C5 die OH-Gruppe...
Beschäftige dich doch mal mit halbacetalischen Zuckerringen, dann wirst du bald auch keine Schwierigkeiten mehr haben, so etwas zu erkennen...

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Danje954 
Fragesteller
 21.11.2019, 18:50
@DedeM

warum C5 und nicht C4? Dachte es ist beta 1,4 glycosidische Bindung

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DedeM  21.11.2019, 19:53
@Danje954

Die Sauerstoffbrücke zwischen C1 und C4 ist doch eine glycosidische Bindung, kein cyclisches Halbacetal! Schau doch mal genau hin! Die glycosidische Bindung verknüpft zwei Glukoseringe, bildet selbst aber doch keinen Ring! Die Ringe entstehen, weil zwischen C1 und C5 eine Sauerstoffbrücke gebildet wird. Ich wiederhole mich: Schau dir die Halbacetalbildung einmal an...

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Danje954 
Fragesteller
 06.01.2020, 22:42
@DedeM

Sorry für die späte Nachfrage, aber es immer noch relevant für mich. Wirkt ein Kohlenhydrat, wenn am Ende der Kette das C1 Atom mit einer hydroxy Gruppe und einem Wasserstoff verbunden ist, reduzierend? Also bspw. bei Disachariden. Bei länger kettigen fällt die ja nicht ins Gewicht.

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DedeM  07.01.2020, 18:19
@Danje954

Ja, Halbacetale am sogenannten anomeren Kohlenstoffatom in Ringen wirken reduzierend. Deshalb ist bei Disacchariden wie Maltose, Lactose, Cellobiose eine Fehling-Probe positiv. Beim Disaccharid Saccharose (Haushaltszucker) verläuft Fehling dagegen negativ, weil hier die anomeren Kohlenstoffatome der Glucose und der Fructose glycosidisch miteinander verknüpft sind und deshalb eine für eine positive Fehlingreaktion nötige Ringöffnung nicht möglich ist.

Und - kein Problem wegen der späten Nachfrage...

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Danje954 
Fragesteller
 07.01.2020, 19:46
@DedeM

Das heißt welches anomere c Atom spielt bei der Saccharose eine Rolle? Könnte der Ring geöffnet werden, wenn es zum Beispiel eine 1,5 glycosidische Bindung wäre, und die Moleküle wären a d Glucose und a D Fructose? Also wäre das dann reduzierend?

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DedeM  09.01.2020, 12:04
@Danje954

Hmm, ich weiß es nicht ganz genau, aber ich glaube schon. Zwar wäre das anomere Kohlenstoffatom C1 der Glucose dann durch die Vollacetalbildung der glycosidischen Bindung immer noch blockiert, so dass es zu keiner Ringöffnung kommen kann, aber das C2-Atom der Fructose wäre nur ein Halbacetal und könnte somit ihren Ring öffnen. Dann entsteht zwar zunächst nur eine Keto-Gruppe, die im Grunde formal nicht reduzierend wirkt (dazu braucht man eine Aldehydgruppe), aber unter den alkalischen Bedingungen der Fehlingprobe käme es wohl zu einer Keto-Endiol-Tautomerie, so dass die erforderliche Aldehydgruppe entstehen würde. Deshalb denke ich, das eine 1--->5-glycosidische Glucosyfructose reduzierend wirken müsste...

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Ich würde das so sehen. Die Aufnahme von Rohfaser = Zellulose - in der Nahrung kann das Körpergewicht reduzieren, wenn man gleichzeitig andere, energiereiche Nahrungsmittel weglässt.

Eine Reduktion in chemischer Hinsicht sehe ich bei der Zellulose nicht. Natürlich kann man Zellulose verbrennen, dabei wird das Oxidationsmittel = der Sauerstoff - reduziert; das ist so wie bei anderen brennbaren organischen Stoffen.

Nur die offenkettige Struktur der Glucose (dem Monomer der Cellulose)  enthält eine reduzierende Aldehyd_Gruppe. In der Cellulose liegt das Glucosemolekül aber ringförmig und damit ohne Aldehydgruppe vor.