Woher weiß ich ob ein Zucker reduzierend ist oder nicht?

3 Antworten

Moin,

wenn du dir meine Antwort auf die Frage bezüglich der alpha- und beta-Glucose bzw. die Disaccharide aufmerksam durchgelesen (und das Gelesene verstanden) hast, dann ist dir bezüglich der reduzierenden Zucker klar, dass dies nur geht, wenn eine Ringöffnung am anomeren Kohlenstoffatom möglich ist und zu einer Aldehydgruppe führt.

Dies ist bei allen Aldohexosen der Fall.

Das ist aber auch dann der Fall, wenn Disaccharide ein Zuckerbaustein enthalten, bei dem diese Kriterien auch gehen (also eine Ringöffnung an einem anomeren Kohlenstoff, die zu einer Aldehydgruppe führt).

Dies geht zum Beispiel bei Maltose, Lactose und Cellobiose, nicht jedoch bei Saccharose! In der Saccharose sind ein Glucose- und ein Fructosemolekül jeweils über ihre anomeren Kohlenstoffatome miteinander glycosidisch verbunden. Das bedeutet, dass hier weder die Glucoseeinheit noch die Fructosekomponente die Ringöffnung vollziehen können, weil beide anomeren Kohlenstoffatome vollacetalisch sind.

Polysaccharide wie Stärke oder Cellulose haben zwar stets ein Ende, an dem eine Glucoseeinheit sitzt, die zur Ringöffnung befähigt ist, aber pro Molekül sind das viiieeel zu wenige Zuckerbausteine, so dass deren Fähigkeit zur Ringöffnung bei einer Fehlingprobe (zum Beispiel) nicht ins Gewicht fällt. Deshalb sind diese Polysaccharide nicht-reduzierend (obwohl sie - wie gesagt - einzelne Stellen haben, die reduzierend sein könnten).

Was nun deine Verwunderung über die reduzierende Wirkung der Ketohexose Fructose angeht, so ist das so:

Auf den ersten Blick ist es erstaunlich, dass Fructose fehlingpositiv ist, zumal zum sie oft (nicht immer!) sogar vergleichsweise schneller reagiert als Glucose...

In der Regel erhältst du als Erklärung, dass dafür ein Phänomen verantwortlich sein soll, das man Keto-Enol-Tautomerie (oder hier besser Keto-Endiol-Tautomerie) nennt. Danach wandelt sich beispielsweise die Ketose Fructose durch die Umlagerung eines Protons und einer Doppelbindung in eine Endiol-Form um. Die Endiol-Form wandelt sich dann erneut um, diesmal kann dabei aber auch eine Aldose (zum Beispiel Glucose) herauskommen:

Die Keto-Endiol-Tautomerie ist auf jeden Fall der Grund dafür, warum man in älteren Fructose-Lösungen irgendwann mit einem GOD-POD-Test (der nur Glucose nachweisen kann) plötzlich auch Glucose finden kann.

Aber die Tautomerie erklärt nicht, warum Fructose mitunter sogar schneller reagiert als die eigentliche Glucose. Man sollte doch annehmen, dass die Umwandlung von Fructose in Glucose etwas Zeit braucht, mehr jedenfalls, als wenn man sofort mit Glucose arbeitet.

Deshalb ist die Tautomerie höchstens mit ein Grund, warum Fructose fehlingpositiv reagiert. Tatsächlich spaltet sich die Fructose unter den stark alkalischen Bedingungen der Fehlingprobe in Glycerinaldehyd und ein mesomeriestabilisiertes Carbanion:

Das Glycerinaldehyd ist wieder eine Aldose (eine Aldotriose). Sie reagiert mit Fehlingreagenz sehr schnell, weil sie die kleinste Aldose ist und keinen Ring bilden kann.

Fazit:

Fructose (als Ketose) reagiert fehlingpositiv, weil sie im alkalischen Milieu zerlegt wird (wobei die schnell reagierende Aldose Glycerinaldehyd entsteht) und weil womöglich auch noch eine Keto-Endiol-Tautomerie eine Rolle spielen mag, bei der Fructose in die Aldohexosen Glucose oder Mannose umgewandelt wird.

LG von der Waterkant


Waliyah07 
Fragesteller
 01.06.2020, 19:09

Dankeeeeee

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Wenn er eine freie Aldehydgruppe hat, ist er reduzierend: Aldosen reduzieren.

Glucose z.B.

Bei Saccharose liegt keine freie Aldehydgruppe vor (Vollacetal).

Bei Fructose ist es schwieriger, da hier eine Umlagerung stattfinden kann oder gar eine OH-Gruppe am C1 oxidiert wird. Das ist noch nicht so ganz klar.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Gelernt ist gelernt

Im geschlossenen Ring braucht man eine glykosidiache OH-Gruppe, also eine OH-Gruppe, die an einem C hängt, das direkt mit dem Sauerstoff im Ring verbunden ist.

Fructose ist in der offenkettigen Form zwar ein Keton. In der Alpha-Stellung zur Ketogruppe ist aber eine Hydroxylgruppe. Dadurch findet im Molekül eine Keto-Endiol-Tautomerie statt. Und Endiole sind stark reduzierend.

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