Wieso wurde das Grundgesetz nicht für die Ewigkeit verfasst?

11 Antworten

Wenn man dem Grundgesetz für die Ewigkeit sieht, muss man festhalten: Verfassungen ordnen nicht die Gesellschaft, sie sind Ergebnisse der gesellschaftlichen Ordnung, sie hängen von der Entwicklung der Gesellschaft ab. Die Entwicklung der Gesellschaft kann man nicht prognostizieren. Deshalb ist die Frage nach der Dauer von Verfassungen so dramatisch. Verfassungen treten mit dem Anspruch auf ewige Geltung auf und können schon an der nächsten Straßenecke scheitern. Das Problem steckt in ihrer Positivität. In einer Ordnung des positiven Rechtes kann eine positive Rechtsnorm nur durch eine andere positive Rechtsnorm gerechtfertigt werden, also eine Verordnung durch das Gesetz, ein Gesetz durch die Verfassung. Eine Verfassung ist aber die höchste Rechtsnorm und kann deshalb durch keine andere Rechtsnorm gerechtfertigt werden. Die französische Revolutionsverfassung von 1791 hat das Problem gesehen und vernünftig gelöst. Dort heißt es: Die Nation hat das unveräußerliche Recht, ihre Verfassung zu ändern. Aber es liegt im nationalen Interesse, die Artikel, deren Unzuträglichkeit die Erfahrung lehren wird, mit den in der Verfassung selbst vorgesehenen Mitteln zu reformieren. Das Grundgesetz ist nicht klüger oder dümmer. Allerdings haben wir die Ewigkeitsklausel die besagt folgendes.

Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

Sprich Artikel 1 bis 20 , deine Garantierte Grundrechte können niemals geändert werden.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

PatrickLassan  02.11.2021, 13:23
Sprich Artikel 1 bis 20 , deine Garantierte Grundrechte können niemals geändert werden.

Nein, nur Artikel 1 und Artikel 20 GG werden durch die Ewigkeitsklausel in Artikel 79 GG geschützt, nicht ab die Artikel 2 bis 19.

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PatrickLassan  02.11.2021, 14:35
@SebastianS483

Warum liest du nicht einfach den Text, den du selbst zitiert hast?

Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.
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Entweder man hat so ein starres Konstrukt das es nicht der Zeit angepasst werden kann, oder man verfasst es so allgemein das man alles mögliche hineininterpretieren kann.

Etwas Flexibilität ist wichtig

Nun ja, das bestehende Grundgesetz kann natürlich geändert werden.
Man hat in D zwar ein Gesetz geschaffen, was meiner Meinung nach eine gute ethische und juristische Grundlage bildet, aber es mag andere Völker und Generationen geben, die ein anderes Rechtsverständnis haben.
In 500 Jahren beschließt man vielleicht, wieder das Recht des Stärkeren einzuführen.
Wer weiß

Die Verfassung von 1949 war als Übergangslösung gedacht, bis das deutsche Volk vereinigt sein würde und optional sich eine neue Verfassung geben kann (Artikel 146).

Das Grundgesetz ist aber offenbar ein dermassen guter Wurf gewesen, daß es 1990 keine Veranlassung gab, eine neue Verfassung auszuarbeiten.

Weil man sich damals bewusst war, dass fünfzig Jahre zuvor die vorherrschende Regierungsform noch die Monarchie war. Man sah, dass die Zeiten sich ändern können, und zwar sehr zügig. Zudem war noch offen ob die Welt sich Richtung Kapitalismus oder Sozialismus bewegt. Man entscheid sich daher gegen ein Verfassungskonstrukt dass derart in Stein gemeißelt war, dass man es nur schwer an die Zeiten anpassen kann.

Man entschied sich für ein Grundgesetz, dass mit der Zeit gehen kann.