Wieso haben die Menschen damals die Weimarer Republik abgelehnt?

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Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg ging es vielen Menschen schlecht. Nicht wenige mussten nach Kriegsende hungern. Dann kam (ebenfalls als Folge des Weltkrieges) die Hyperinflation. Man musste Berge von Banknoten zum Bäcker schleppen um nur ein halbes Brot kaufen zu können. Außerdem gab es eine riesige Arbeitslosigkeit und sehr viele Menschen mit äußerst geringem Einkommen. 1929 kam noch die Weltwirtschaftskrise hinzu.

Die Regierungen der Zeit waren instabil und mussten sich neben den wirtschaftlichen Problemen auch z. B. mit dem Versailler Vertrag und Putschversuchen auseinandersetzen. Monarchisten (also Feinde der Republik) waren immer noch sehr häufig im öffentlichen Dienst anzutreffen und machten dort den Bürgern das Leben schwer.

Bei all diesen Belastungen träumten sich viele Menschen in die "guten alten Zeiten" zurück, die bereits verklärt wurden.

Mehr als 2/3 der deutschen Bevölkerung hat bei der Wahl am 1.3.1993 die NSPAP noch abgelehnt.

Hindenburg hat dann AH zum Kanzler ernannt. Das war Verrat und gegen den Willen der meisten Menschen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Machtergreifung

Peter96  06.12.2009, 15:38

Stimmt nicht ganz. Bei der Reichstagswahl im März 1933 hat die NSDAP 43,9 % und die verbündete Kampffront Schwarz-Weiß-Rot 8 % der Stimmen erhalten.

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cadovius  06.12.2009, 18:56
@Peter96

Naja, da befanden sich ja auch alle Kommunisten und die wichtigsten Sozialdemokraten schon in KZs und die SA bewachte die Wahllolkale und terrorisierte die Leute, die vielleicht nicht die braune Front gewählt hätten - das war schon keine freie Wahl mehr!

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Viele waren noch dem Kaiserreich verbunden. Durch den Friedensvertrag, der Deutschland zum Alleinschuldigen machte, und die Schuld den Parteien gab (sogenannte Dolchstosslegende), lehnten sie auch die Demokratie ab.

Nicht alle Menschen haben die Weimarer Republik abgelehnt. Die Frage sollte einen genaueren Zeitpunkt angeben. Im Januar 1919 haben noch etwa drei Viertel der Wählerschaft bei der Wahl der Nationalversammlung für die Parteien gestimmt, deren Abgeordnete eine demokratische Verfassung der Weimarer Republik beschlossen (SPD, DDP, Zentrumspartei). Diese Mehrheit ging allerdings rasch verloren.

In der Bevölkerung ist die Demokratie als Errungenschaft sicherlich zu einem beträchtlichen Teil unzureichend gewürdigt worden. Aber es hat auch welchen nicht gefallen, wer außer ihnen mitbestimmen durfte. Manche Gruppen verloren an Einflussmöglichkeiten gegenüber dem Kaiserreich.

Es hat Belastungen nach dem Ende des Ersten Weltkrieges mit Hunger und Mangel gegeben. Der Versailler Vertrag wurde verbreitet als ungerecht empfunden und die Weimarer Republik von Gegner gezielt damit verbunden und als von außen aufgepfropfte Staatsordnung dargestellt, wobei tatsächliche Verantwortung der Führungsschichten des Kaiserreiches propagandistisch durch falsche Beschuldigungen überspielt wurde (Dolchstoßlegende). Gemäßigte Kräfte hatten es in einem nationalistisch aufgeheizten Klima schwer und ihre Politik wurde als Schwäche oder sogar Verrat angegriffen. 1923 erreichte eine Inflation riesige Ausmaße und viele Menschen büßen Vermögen ein, weil ihre Ersparnisse fast wertlos wurden. 1929 begann mit einem Börseneinbruch eine schwere Weltwirtschaftkrise, die zu hoher Arbeitslosigkeit und viel Elend führte (die sozialen Auffangmaßnahmen durch den Staat waren sehr begrenzt).

Aber nur in Verbindung mit antidemokratischem Denken, das die politische Einstellung und das Verhalten vieler Menschen stark prägte, konnten die ungünstigen Umstände zum Untergang der Demokratie führen. Die entschiedene Befürwortung der Demokratie war nicht ausreichend stark. Viele betonten Vorbehalte, auch die „Vernunftrepublikaner“, die trotz zumindest ein wenig abweichender Ideale sich auf die neuen Verhältnisse einstellten.

Auf der linken Seite gab es enttäuschte Hoffnungen auf eine Revolution. Manche Intellektuelle lehnten die Ergebnisse der praktischen Politik als mangelhafte Kompromisse ab und wünschten eine sozialistische Republik statt der als glanzlos empfundenen Wirklichkeit. Soziale Spannungen und schwierige Lebensbedingungen mit eher zurückgehenden Arbeiterrechten trugen zum Zulauf für Kommunisten bei.

Auf der ersten Seite gab es verschiedene Strömungen mit autoritär-konservativen, extrem nationalistischen und völkisch-rassistischen Weltanschauungen.

Die Demokratie war eine neue Staatsform und die Menschen waren in den Verhältnissen des Kaiserreiches aufgewachsen. Es gab Fehleinschätzungen, mangelhafte politische Bildung und Vorurteile gegenüber Parteien und Parlament. Dies wurde durch oft wenig stabile Regierungen verstärkt. Fehlender Rückhalt für demokratische Parteien führte zu Schwierigkeiten der Regierungs- und Parlamentsarbeit. Wenn dies als Schwäche verachtet wurde, wählten Menschen Parteien, die eine autoritäre Machtausübung und Geschlossenheit versprachen, - ein Teufelskreis. Rechte Intellektuelle waren oft von einer bestimmten Deutung des Kriegserlebnisses geprägt und träumten von einem machtvollen nationalen Staat unter klarer Führung mit Vorherrschaft eines eindeutigen Freund-/Feind-Denkens. Es gab eine Sehnsucht nach einer Gemeinschaft, in der eine Nation fest zusammengeschlossen war, keine inneren Spannungen und mühsam ausgetragenen Interessengegensätze vorkamen und alle grundsätzlich gleich und einheitlich dachten (eine sehr verschwommene Verheißung „Volksgemeinschaft“).

Die deutsche Bevölkerung hatte noch keine gewachsene Erfahrung mit Demokratie und die politische Kultur war durch Brüche, Polarisierung, Unreife und Anfälligkeiten gekennzeichnet. Die alten Machteliten hatten eine starke Stellung in Wirtschaft, Verwaltung, Justiz und Reichswehr und ihr Politikverständnis war zu einem großen Teil obrigkeitsstaatlich. An den Universitäten war die Professoren- und Studentenschaft zu einem stark überwiegenden Teil nicht demokratisch (teils in Fortsetzung der bisherigen oft konservativ-autoritären Orientierung, teils in Hinneigung zu neuen Bewegungen mit einem Angebot an nationalistischen Gemeinschaftsidealen und einer Beeinflussung durch irrationale Strömungen, die sich emphatisch auf „Leben“ beriefen).

Albrecht  06.12.2009, 23:25

Korrektur von Tippfehlern: 3. Absatz "... von Gegnern...", 6. Absatz "Auf der rechten Seite ...".

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vielleicht ein bisschen krasses programm so direkt nach k. und k.