Wieso dürfen Bischöfe nicht heiraten?

10 Antworten

Hallo emmichen2001,

die Katholische Kirche beispielsweise verlangt zwar für ihre Priester und Bischöfe den Zölibat, doch steht dieser eindeutig zum Widerspruch zu dem, was die Bibel sagt. Es heißt dort: „Es muß aber der Bischof untadelhaft sein, e i n e s Weibes Mann“ (1. Timotheus 3:2, katholische Übersetzung von Allioli). Nirgendwo wird in der Bibel auch nur angedeutet, dass ein Diener Gottes verpflichtet wäre, ehelos zu bleiben. In einem Nachschlagewerk steht darüber: „Keine Passage im N[euen] T[estament] kann als ein Eheverbot für Kleriker im Evangeliumszeitalter interpretiert werden.“ (Cyclopedia of Biblical, Theological, and Ecclesiastical Literature von McClintock und Strong).

Zur Zeit der ersten Christen kannte man kein Zwangszölibat. Der Apostel Petrus selbst und auch einige andere führende Männer, die in der Christenversammlung Autoritätsstellungen innehatten, waren verheiratet (siehe z.B.Matthäus 8:14; Apostelgeschichte 18:2; 21:8, 9; 1. Korinther 9:5). Von der Bibel her gibt es also keinen Grund für das Heiratsverbot. Wie also konnte der Zölibat dann entstehen?

Nach etwa drei Jahrhunderten Christentum wurden nominelle Christen allmählich von hellenistischem Gedankengut beeinflusst, wodurch es zu einer entstellten Ansicht über Ehe und Familie kam. in der New Encyclopædia Britannica heißt es dazu: „Die Ansicht, Geschlechtsverkehr sei verunreinigend und mit der Heiligkeit unvereinbar, wurde die hauptsächliche Triebkraft für die Praktik des Zölibats". Im vierten Jahrhundert erließ die Kirche dann ein Gesetz, das einem Priester untersagte, vor der Eucharistiefeier Geschlechtsverkehr zu haben. Als dann später die tägliche Eucharistiefeier eingeführt wurde, musste er dauerhaft abstinent leben. Dann wurde die Ehe schließlich ganz untersagt.

Die Bibel hatte jedoch schon lange voraus vor dieser Entwicklung mit den Worten gewarnt: „Der Geist sagt ausdrücklich: In späteren Zeiten werden manche vom Glauben abfallen; sie werden sich betrügerischen Geistern und den Lehren von Dämonen zuwenden . . . Sie verbieten die Heirat“ (1. Timotheus 4:1, 3, Neue Jerusalemer Bibel). Interessanterweise heißt es hier, dass das Heiratsverbot kennzeichnend für diejenigen sei, die "vom Glauben abfallen" würden.

Mit dem Zölibat hat die Kirche sowohl sich selbst als auch vielen ihrer Geistlichen einen schlechten Dienst erwiesen. Zum einen führt er zu einem immer stärkeren Rückgang des Priesternachwuchses und zum anderen hat er bei vielen Geistlichen zu Unsittlichkeit und leider auch zu Kindesmissbrauch geführt. Wäre die Kirche bei dem geblieben, was die Bibel über Ehe und Familie sagt, wäre ihr und vielen anderen großes Leid und Ärger erspart geblieben.

LG Philipp


omikron  17.12.2015, 09:22

Wie gut, dass wir als Kontrollgruppe den Protestantismus haben. Hier kannst du sehr schön sehen, ob deine Schlußfolgerungen richtig sind.

Mit dem Zölibat hat die Kirche sowohl sich selbst als auch vielen ihrer Geistlichen einen schlechten Dienst erwiesen. Zum einen führt er zu einem immer stärkeren Rückgang des Priesternachwuchses 

Die kirchliche Personaldecke ist allgemein rückläufig, in der evangelischen Kirche sogar stärker als in der katholischen.

und zum anderen hat er bei vielen Geistlichen zu Unsittlichkeit und leider auch zu Kindesmissbrauch geführt. 

Ein Zusammenhang ist nicht zu erkennen. Unsittlichkeit gibt es in den besten Familien, auch in evangelischen Pfarrhäusern, und Kindesmissbrauch gibt es im Sportverein genauso wie in der Familie und im Bereich der evangelischen Kirche.

Wäre die Kirche bei dem geblieben, was die Bibel über Ehe und Familie sagt, wäre ihr und vielen anderen großes Leid und Ärger erspart geblieben.

Ich kann nicht behaupten, dass sich die evangelische Kirche bei Ehe und Familie besser an die Bibel hält als die katholische - beide setzen wohl unterschiedliche Schwerpunkte - aber großes Leid und Ärger gibt es hier wie dort, wie in der heutigen Zeit generell. Nicht zu vergessen, wenn du von der Bibel sprichst, ist aber das Wort des Apostels Paulus: "Ich wollte, dass alle unverheiratet sind wie ich."

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waldfrosch64  17.12.2015, 18:37

@philip 29

Alice Schwarzer ist ja weiss Gott kein Freund der katholischen Kirche ,scheint aber immerhin etwas mehr Objektivität zu besitzen als du selbst .

Zitat : 

Der Missbrauch ist keine Erfindung der katholischen Kirche - auch die "Sexuelle Revolution" ... Und er hat auch nichts mit dem Zölibat zu tun.



http://www.aliceschwarzer.de/artikel/sexueller-missbrauch-wie-es-geschehen-kann-265064

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Philipp59  18.12.2015, 05:33
@waldfrosch64

Hallo waldfrosch64,

findest Du es nicht ein wenig kurz gegriffen, ausgerechnet Alice Schwarzer als Beispiel von Objektivität in der Frage eines Zusammenhangs zwischen Zölibat und Kindesmissbrauch hinzustellen?Ich habe auch nicht behauptet, dass der Missbrauch eine "Erfindung" der katholischen Kirche sei, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass der Zölibat an vielen Missbrauchsfällen beteiligt ist.

Manche bestreiten einen Zusammenhang, andere wiederum nicht. In der Süddeutschen Zeitung (online) vom 27.02.2010 war unter dem Thema "Zölibat und Missbrauch" folgendes zu lesen:

"Erste Behauptung: Sexueller Missbrauch durch Kleriker hat nichts mit dem Zölibat zu tun. Einspruch! Nicht zu bestreiten ist zwar, dass solcher Missbrauch auch in Familien, Schulen, Vereinen und auch in Kirchen ohne Zölibatsgesetz vorkommt. Aber warum massenhaft gerade in der von Zölibatären geleiteten katholischen Kirche?Selbstverständlich ist nicht allein der Zölibat schuld an diesen Verfehlungen. Aber er ist der strukturell wichtigste Ausdruck einer verkrampften Einstellung der katholischen Kirchenleitung zur Sexualität, wie dies auch in der Frage der Empfängnisverhütung und anderem zum Ausdruck kommt"

Ähnliches ist auch auf der Website des "Vereins ehemaliger Heimkinder e.V." zu lesen. In dem Artikel "Man lese und staune:Zölibat und Kindesmissbrauch in Australien" hieß es:

"Ein neuer, wegweisender Bericht hat dargelegt, dass das Keuschheitsgelübde katholischer Priester als wesentlicher Faktor zu dem jahrelangen Kindesmissbrauch innerhalb der Kirche zu sehen sei.Herausgegeben vom „Rat für Wahrheit, Gerechtigkeit und Heilung“ der Katholischen Kirche Australiens sagt aus, dass der „obligatorische Zölibat“ Priester dazu gebracht hat, Tausende von Kindern sexuell zu missbrauchen und dass Priester dringend ein psycho-sexuelles Entwicklungstraining benötigen.Der Ratsvorsitzende Francis Sullivan teilte The Australien (Australische Tageszeitung, H.D.) mit, dass die Kirche jetzt untersuchen muss, „wie Individuen, die sich für ein zölibatäres Leben entschieden haben, gesund bleiben können und nicht aus einem dysfunktionalen Selbstgefühl heraus zu handeln beginnen“.„Wir müssen uns fragen, ob das Zölibat zu einer zusätzlichen und unerträglichen Belastung für einige wurde“, sagte er".

Selbst in Kirchenkreisen wird also zugegeben, dass zwischen dem Zölibat und gehäuften Fällen von Kindesmissbrauch durch katholische Priester ein Zusammenhang besteht.

LG Philipp

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Weil sie versprochen haben, nicht zu heiraten, deshalb.

"Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen."

Der Pflichtzölibat wurde ursprünglich eingeführt, damit im Fall des Ablebens eines Priesters in der römischen Kirche sein Vermögen an die Kirche fällt und nicht an seine Erben. Wie gesagt, das gilt für die römische Kirche. In vielen unierten Teilkirchen der römisch-katholischen Kirche sind verheiratete Priester der Normalzustand

Der Zölibat ist weder in den altkatholischen, evangelischen, noch in den orthodoxen Kirchen verpflichtet. Da orthodoxe Bischöfe aber praktisch immer Mönche sind herrscht dort unter Bischöfen praktisch auch ein Zölibat.

Ein Sonderfall stellen manche orthodoxe und unierte Kirchen dar, in denen zwar eine Eheschließung vor der Priesterweihe gestattet ist (und damit verheiratete Priester akzeptiert werden), aber nach der Priesterweihe ein Heiratsverbot besteht.

Ich zitiere mal aus Wikipedia:

Geschichte des Zölibats in der römisch-katholischen Kirche[Bearbeiten] Antike[Bearbeiten]

Neuere Forschungen haben ergeben, dass die Zölibatsverpflichtung für Priester schon wesentlich länger existiert als bisher angenommen. Von Bedeutung ist hier die Unterscheidung zwischen einem Ehelosigkeitszölibat und einem Enthaltsamkeitszölibat. Unter Ehelosigkeitszölibat versteht man, dass Kleriker nicht verheiratet sein dürfen; beim Enthaltsamkeitszölibat ist es durchaus möglich, dass Verheiratete die Weihen empfangen, allerdings müssen sie ab dem Tag der Weihe enthaltsam leben. Der Enthaltsamkeitszölibat wurde erstmals auf der Synode von Elvira (ca. 306) als Gesetz festgeschrieben. Da solche Rechtsentscheidungen in der Regel erst getroffen wurden, wenn es bereits eine allgemein geübte Praxis gab, dürfte als historischer Beginn des Priesterzölibats nicht das Datum dieser rechtlichen Festlegung anzusetzen sein, da anzunehmen ist, dass schon eine längere Tradition bestand. Einige Historiker (Cochini, Heid u. a.) vertreten die Ansicht, der Zölibat gehe auf die apostolische Zeit zurück.[7]

Verheiratete Diakone, Presbyter und Bischöfe mussten nach dem Kanon 33 von Elvira sexuell enthaltsam leben (abstinere se a coniugibus suis et non generare filios). Diese Bestimmung wurde auch vom Konzil von Nicäa übernommen. Die apostolischen Konstitutionen aus dem späten vierten Jahrhundert untersagten Priestern die Ehe mit Frauen bestimmter Stände oder Berufe. Das Konzil von Toledo (400) verbot Priestern eine dritte Ehe, Papst Gelasius (492–496) eine zweite.[8] Papst Leo der Große (440–461) führte die Regel ein, dass die Priesteramtskandidaten das Zölibatsversprechen vor der Weihe zum Subdiakon ablegten. Diese Weihestufe gehört nicht zum Weihesakrament, kam aber vom Bedeutungsgehalt einem Verlöbnis vor der Eheschließung gleich.

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Hier noch kurz ein Zitat welches deutlich macht dass der Zölibat keine besondere Erfindung monotheistischer Religionen ist. Ebenfalls Wikipedia 

Antike Religionen[Bearbeiten]

Ein Beispiel für sexuell enthaltsame Lebensformen in antiken Religionen sind die Priesterinnen der Vesta. Während ihrer dreißigjährigen Amtszeit hatten die Vestalinnen ihreJungfräulichkeit zu bewahren. Eine unkeusche Vestalin wurde aus der Priesterschaft entfernt und lebendig begraben, ihr Verführer zu Tode gepeitscht.


hertajess  18.12.2015, 00:04

Bei den Christen welche sich zur kath. Kirche zusammen fanden gab es wohl schon immer in Abständen unterschiedliche Regeln zum Thema. Sonst würde keinen Sinn machen dass hier und da neue Regeln aufgeschrieben wurden. 

Priester waren in Dörfern die Ranghöchsten welche die höhere Herrschaft vertraten. In Städten gab es auch Bischöfe.... . Die Macht scheint den Männern zu Kopf gestiegen zu sein. Jedenfalls wurde vor allen Dingen von Bischöfen und höher gestellten sexueller Missbrauch in so großem Maße betrieben dass schlussendlich die Bevölkerung rebellierte und damit innerkirchliche Forderungen nach Neueinführung und strickter Beachtung des Zölibat einforderte. 

Nun ja. Eine nennenswerte Ausbildung darf hier auch nicht unterstellt werden. Wie die Menschen teilweise an ihre Posten kamen - dazu gibt es reichlich hochinteressante Literatur. Amerikanische Horror-, Thrillergeschichten lässt Du im Vergleich zu mancher aufgearbeiteten Faktendarstellung gerne links liegen. 

Gläubige Kritiker anderer Missstände in dieser Institution wie Luther, Calvin und so fort wendeten ihr Hauptaugenmerk auf die Glaubenshintergründe welche eben auch zu sexuellem Missbrauch führen können wie Machtgier, Herrschsucht, Drogensüchte unterschiedlicher Art und so fort. Ehrlich gestanden kann ich bis heute mancher Argumentation bzw. Gegenargumentation zum Thema Zölibat bei diesen Menschen nicht so ganz folgen. Zumindest nicht wenn ich versuche die Quelltexte nachzuvollziehen. 

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Der Zölibat bindet an keinen speziellen Menschen. Damit befreit er von mancher Erpressungsmöglichkeit. 

Der Zölibat kann tatsächlich "den Kopf für wichtigere Themen frei machen". Themen die über das eigene Ich aber auch über die eigene Generation weit hinaus gehen. 

Die nicht sexuell genutzte Energie kann für die Gemeinschaft / das Gemeinwohl genutzt werden und sollte es. 

Der Zölibat soll das eigene Ego schrumpfen lassen.  

Da zum Zölibat nicht jeder Mensch geeignet ist kann auch von einem gewissen sogenannten Gottesurteil über die jeweilige Person ausgegangen werden. 

Der Zölibat verändert Geruch und Ausstrahlung eines Menschen und hebt ihn auf diese Weise von den sogenannten normal Lebenden ab. 

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Katholische Kirche

Dort gilt das Zölibat. Egel welcher Status (Rang) der Geistliche hat, er darf nicht heiraten, bzw. eine Beziehung führen.

Evangelische Kirche

Diese Kirche kennt kein Zölibat. Jeder Geistliche darf heiraten oder eine Beziehung führen.

Orthodoxe Kirche

In der orthodoxen Kirche dürfen alle bis zu dem Amt des Bischofs heiraten oder eine Beziehung führen. Ab dem Amt des Bischofs gilt auch dort das Zölibat. Das höchste Amt eines verheirateten Geistlichen ist das Amt des Erzpriesters, was dem Amt eines Bischofs in etwa entspricht.

Warum Zölibat ?

Das Zölibat wird ausgesprochen und gewählt um sich mit seiner ganzen Kraft auf das jeweilige Amt konzentrieren zu können. Die Kirche gesteht den Menschen damit zu, dass man in einer Beziehung auch mal die Familie im Kopf hat, und sich entsprechend von seinem Dienst ablenken lassen würde. Diese Ansicht steht insbesondere in der katholischen Kirche in der Diskussion.


emmichen2001 
Fragesteller
 16.12.2015, 15:22

Danke, die Antwort hat mir wirklich weiter geholfen! :)

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PWolff  16.12.2015, 15:41

Wenn ich mich richtig an meinen Geschichtsunterricht erinnere, wurde der (fachsprachlich männlich) Zölibat eingeführt, als die Fürstbischöfe immer häufiger ihre Söhne zu ihren Nachfolgern machten, was der weltlichen Macht nicht passte.

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