Wie unterscheidet man Gendrift und Selektion?

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Bei der natürlichen Selektion erfolgt die Auslese (Selektion) durch die Umwelt. Es überleben diejenigen Individuen, die am besten an die Umweltfaktoren angepasst sind. Das Überleben hängt also nicht vom Zufall ab, sondern davon, wie gut. bzw. schlecht man in seiner jeweiligen Umgebung zurecht kommt.

Gendrift bezeichnet zufällige Prozesse. Viele Mutationen sind von ihrem adaptativen Wert (Anpassungswert) her unbedeutend und wirken sich weder positiv, noch negativ aus. Wie du sicher weißt, ist der genetische Code degeneriert, d. h. es gibt mehr mögliche Tripletts als es proteinogene Aminosäuren gibt. Daher codieren manchmal verschiedene Tripletts für die gleiche Aminosäure. Oft unterscheiden sich die Tripletts in der dritten Position, sodass es auf das Endprodukt keine Auswirkung hat, wenn hier eine DNA-Base gegen eine andere ausgetauscht wird.
Aussortiert werden aber stets nur Mutationen, die sich im Phänotyp als nachteilig erweisen. Neutrale Mutationen können von der natürlichen Selektion nicht erfasst werden und bleiben so in der Population erhalten. Üblicherweise verschwinden solche Mutationen nicht, sondern bleiben mit konstanter Frequenz in der Population (solange sich eine Population im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht befindet, ändern sich weder die Allelfrequenzen noch die Anteile hetero- bzw. homozygoter Träger).
Bei der Gendrift führen deshalb nur zufällige Ereignisse zu einer Selektion und damit zur Veränderung von Allelfrequenzen. Das kann z. B. beim Gründereffekt der Fall sein. Damit ist gemeint, dass ein kleiner Teil einer Population ein neues Gebiet besiedelt, z. B. eine Insel. Weil die Individuen, die die neue Population begründen, aber nur einen Ausschnitt des ursprünglichen Genpools repräsentieren, fehlen viele Allele und die Allelfrequenzen können sich von der Ausgangslage deutlich unterscheiden. Befindet sich z. B. ein Tier mit einem seltenen Allel in der Gründerpopulation, tritt die ursprünglich seltene Mutation nun mit einer höheren Frequenz auf und kann fixiert werden - selbst dann, wenn sie ursprünglich nachteilig gewesen sein sollte.
Ähnliches passiert, wenn durch ein zufälliges Ereignis (z. B. einen Vulkanausbruch, eine Seuche usw.) ein Großteil einer Population bis auf wenige Individuen dezimiert wird. Die Art ist dann genetisch stark verarmt und welche Allele sich nun etablieren, hängt davon ab, welche Individuen die Katastrophe zufällig überlebt haben. Solche Ereignisse nennt man, weil die genetische Vielfalt stark eingeengt wird, genetischer Flaschenhals. Unsere eigene Art muss vor etlichen tausend Jahren durch ein solches Flaschenhalsereignis gegangen sein. Darauf lässt die starke genetische Ähnlichkeit aller Menschen unterienander schließen (im Durchschnitt unterscheiden wir uns gerade einmal in 0.1 % unserer DNA voneinander). Verantwortlich macht man dafür den Ausbruch des Vulkans Toba vor rund 73 000 Jahren, der wohl dazu führte, dass ein Großteil der damaligen menschlichen Bevölkerung ausgelöscht wurde (durch den Ausbruch kühlte sich die Erde stark ab, es kam zu einer Eiszeit).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Gendrift = zufällige Veränderung des Genpools

Selektion = die am besten angepassten Individuen haben die höchste reproduktive Fitness

JULMI 
Fragesteller
 20.03.2020, 18:26

Vielen Dank!

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