Wie sollte man mit ehemaligen Stasi-Mitgliedern heute umgehen?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Viele sind sich des Unrechtes auch heute noch nicht bewusst. Sie haben auch ihre eigenen Interessen verfolgt. Ein IM wurde je nach Meldung gut bis sehr gut bezahlt oder mit etwas anderem entlohnt. Jeder konnte für sich entscheiden ob er sich für so etwas her gibt. Viele Ehemalige sind sogar extrem die Karriereleiter hochgefallen nach der Wende. Denn das Thema wurde nie richtig aufgearbeitet. Mich wollte man auch anwerben. Man hat es erst freundlich und dann mit fadenscheinigem Psychodruck probiert. Bei mir war alles erfolglos. Habe aber bewusst abgelehnt andere zu verraten. Ich bin persönlich doch enttäuscht das alles so im Sande verlaufen ist und keiner wirklich zur Verantwortung gezogen wurde. Denn diese Menschen wussten durchaus was sie taten. Auch das es für die denunzierten Mitmenschen tödlich enden konnte. Dieses wurde möglichst geheim gehalten. Ich weiß von einem Jungen Mann, der Christ war und denunziert wurde. Ihm verweigerte man das lebenswichtige Insulin und stellte ihn stundenlang in kaltes wadentiefes Wasser. Er verstarb dann leider. Seine Mutter erhielt dann eine Urne ausgehändigt. Befehle hin, Befehle her, viele haben ihre Menschenachtung verkauft. Jeder hatte die Wahl sich auch dagegen zu entscheiden. Mich hatte man 7x vorgeladen um mich von der "guten" Sache zu überzeugen. Manche hochroten Köpfe oder krächzenden Stimmen habe ich zurückgelassen.

Ich bin sehr froh, das ich mich nicht habe vor diesen Dreckswagen spannen lassen.

IchStellNeFrage 
Fragesteller
 18.06.2015, 11:34

Ist immer sehr interessant von Leuten zu hören, die selbst angeworben wurden! :)

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Mondlachen  18.06.2015, 16:40
@IchStellNeFrage

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p>Falsch, man hat versucht mich anzuwerben. Hat aber nicht geklappt-trotz Anschreien und Drohungen seitens zweier durchgeknallter Typen. Die Info von dem Jungen Mann habe ich damals in der jungen Gemeinde bekommen. Ich war schockiert und traurig über so viel Menschenverachtung. Nicht alle haben ihre Seele und Gewissen verkauft.

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Hallo, der Montag ist zwar vorbei, aber ich habe dazu heftigst eine Meinung. Ich bin in der DDR-aufgewachsen und fand das System fürchterlich, es gab keine Meinungsfreiheit, ich fühlte mich eingesperrt, und so weiter. Beim Mauerfall war ich fünfzehn. Mit siebzehn habe ich meinen ersten Freund kennengelernt. Das ist inzwischen ne Weile her, und wir haben zwei gemeinsame Kinder, die sind so alt wie du. Der Vater meines Freundes war während seines ganzen Berufslebens bei der Stasi, nicht als IM, sondern Offizieller Mitarbeiter, aus Begeisterung. 

Nun, wie soll man mit ihm umgehen? Beim Mauerfall war er 42, also so alt wie ich jetzt. Inzwischen ist er Rentner. Die meiste Zeit davor war er arbeitslos (nicht das Beste fürs Familienklima). Er ist der Opa meiner Kinder. Und in meiner Familie gibts nur zwei Opas. Alle seine Enkel mögen ihn, warum auch nicht. Mein Schwiegervater ist nach wie vor ein politisch sehr interessierter, links denkender Mensch. Redet viel und hat viel Kritik daran, wies heute läuft. In vielen Punkten stimme ich ihm zu. Er sieht die Tätigkeit der Stasi recht kritisch, 25 Jahre Nachdenken sind nie umsonst. Mehrere Jahre lang haben wir uns überhaupt nicht verstanden.

Du redest über Stasi-Mitglieder wie über Exoten, die man nur selten in freier Wildbahn trifft. Aber es sind Menschen! Ich hoffe nicht, dass der Staat irgendetwas gegen den Großvater meiner Kinder unternimmt. Wer soll denn dann mit ihnen in den Skiurlaub fahren?

Mein Schwiegervater hat niemanden umgebracht. In der Stasi waren überhaupt nicht viel Mörder. Die Stasi hat einen absolut diktatorischen Spitzelstaat geschaffen. Sie haben Angst produziert. Sie haben politisch Andersdenkende eingesperrt. Das ist alles zu kritisieren. Aber die Menschen jetzt immer noch zu Monstern zu machen halte ich nicht für richtig. Siegerjustiz führt zu neuen Wunden.

P.S. Für meinen Freund ist sein Vater sehr wichtig. Und wie die Bürde, das Kind eines Stasioffiziers zu sein, sich auf die menschliche Seele auswirkt, darüber kann ich bald ein ganzes Buch schreiben.

Darf man die Verbrecher der Nazis vergeben? Sicherlich nicht, warum also die der Stasi und Konsorten, deren Verbrechen waren auch gegen die Menschlichkeit.

Differenzieren würde ich aber schon bei der Stasi. Es gab IM, die vor der Wahl gestellt werden: Entweder du wirst IM oder verlierst Job, Studium, Posten, deine ganze Familie oder landest nach Bautzen (berüchtigstes Gefängnis). In dem Film "Das Leben des Anderen" wird diese Problematik behandelt, würde den Fall man anschauen, sofern noch nicht passiert.

Danke für die vielen Meinungen und Antworten! War sehr spannend, alles zu lesen und habe nun auch ein weites Spektrum an Meinungen!

Als allererstes darf man nicht pauschlisieren. Es ist dumm gefragt wie soll man mit den ex-Stasis umgehen. Stasi war erstens nicht nur mit dem Bespitzeln und Foltern beschäftigt. Es war auch ein Geheimdienst, einer der besten der Welt.

Man sollte wie in jedem Fall sich mit dem Einzelfall auseinandersetzen und das streng nach dem Gesetz. Es hat ein Bruchteil der Stasi-Mitarbeiter wirklich Verbrechen begangen. Und ein IM, der Berichte über eine Reisegruppe oder seine Nachbarn geschrieben hat mag zwar nicht der tollste Mensch auf Erden sein aber wofür soll man ihn strafrechtlich verfolgen? Viel zu viele hätten gerne eine Hexebjagd veranstaltet. Sieht man auch hier in den Antworten.

Und ich wäre gut dafür Gleichheit gelten zu lassen. Also wie soll man mit den BNDlern umgehen? Sie machen auch nichts anderes.