Wie schreibt man eine Stellungnahme in einer Philosophie-Klausur?

2 Antworten

 der Text wird sich mit Gottesbeweisen auseinandersetzen

Was heißt das? Wird Dir der Text vorgelegt oder musst Du den Text selbst schreiben? Im ersten Fall musst Du den Text gut lesen und eventuelle logische und axiomatische Fehler aufdecken und in Deiner Beurteilung auflisten und bewerten.

Es gibt keine Gottesbeweise. Alle Thesen, die sich als Gottesbeweis bezeichnen, enthalten entweder logische Fehler (falsche Schlussfolgerungen) oder Annahmen, die nicht belegt oder beweisbar sind.

Eine gute Art der Stellungnahme ist eine Behauptung im Text zu widersprechen (=das Gegenteil zu behaupten) und nachzuweisen, dass Deine Entgegnung weder zu Widersprüchen, falsche Aussagen oder Absurditäten führt. Damit ist die ursprüngliche Aussage ,,entkraftet". Das heißt nicht, dass diese unwahr ist, aber es heißt dass sie unwahr sein kann.

P.S. Voraus schreibt man mit einem R (vor-aus); auch wenn die meisten Fragesteller das nicht wissen.

Bei einer Stellungnahme in einer Philosophieklausur kommt es primär darauf an, dass man die Kunst des ausgewogenen Argumentierens unter Beweis stellen kann. 

Du solltest mit einer Darlegung der Problematik beginnen, d.h. darauf hindeuten, dass es seit den Zeiten der Urgemeinde eine heftige Diskussion über den "wahren Gott" gibt, die sich dann durch die ganze Geschichte der Kirche hindurch verfolgen lässt und die seit den Zeiten der Aufklärung sich dann dahingehend verschärft hat, dass es nun um den grundsätzlichen Zweifel ging, ob man überhaupt von dem Vorhandensein eines Gottes ausgehen kann.

Wenn du dann in den Hauptteil deiner Stellungnahme einsteigst, achte immer darauf, dass du den Positionen der Befürworter auch in angemessenem Umfang die Argumente der Leugner entgegenstellst. Die Ausgewogenheit der argumentativen Analyse ist ein wichtiges Ziel. 

Dennoch kannst du natürlich im Schlussteil eine Passage anfügen, in der du darlegst, warum du selbst meinst, dass eine der beiden Theorien mehr Gewicht hat, warum sie einleuchtender und besser nachvollziehbar ist, dass du aber meinen würdest, dass prinzipiell auch die andere Position ihre Berechtigung und ihre Befürworter haben kann und haben wird, und dass man sicher einen Fehler machen würde, die Gegenposition komplett abzuqualifizieren. Der Respekt vor dem Auffassungsgegner ist gerade in der Philosophie eine wichtige Forderung, die leider allzuoft nicht angemessen berücksichtigt wird.

Gerade bei den Gottesbeweisen könntest du auch noch auf die grundsätzliche Problematik zu sprechen kommen, die sich darauf bezieht, dass das Erkenntnissystem des Menschen in dieser speziellen Problematik überfordert sein könnte. Da Gott das total andere, absolut Unfassbare ist, dasjenige, was als jenseits von Zeit und Raum stehend gesehen wird, dem kein Sein neben anderem Sein zugesprochen werden kann, da wäre es vorstellbar, dass alle rational argumentativen Beweise oder Gegenbeweise zur Existenz Gottes,  weil sie aus dem beschränkten Geist von sterblichen Menschen heraus entwickelt sind, niemals die Kompetenz und Dignität  haben könnten, hier zu einer Bewertung gelangen zu wollen. 

Mit dem letzten Gedanken würdest du eine sog. Metaebene betreten, auf der das Problem als solches in seiner prinzipiellen Lösbarkeit in Frage gestellt wird.