Werden der Notarzt und die Sanitäter mir die Schuld geben?

annie80  21.08.2021, 19:41

Wie alt seid ihr, also du und dein Bruder?

mruniverse1 
Fragesteller
 21.08.2021, 19:42

Ich in wenigen Tagen 26, mein Bruder 23.

13 Antworten

Nein. Außer es kommen äußerst schlecht gelaunte und unprofessionelle Kollegen (auf Grund dessen, dass der Rettungsdienst auch nur ein Querschnitt der Gesellschaft ist, mag auch das mal vorkommen), kommen da keine dummen Kommentare. Dass demente Senioren aus dem Bett aufstehen und stürzen ist praktisch Tagesgeschäft und bedarf keines großen Kommentares.

wird man mich dann dafür verantwortlich machen

Nein. Das wäre wenn überhaupt die Sache einer Ermittlungsbehörde, die aber niemand einschalten wird. Warum auch?

meine Oma ins Heim stecken,

Niemand "steckt" Senioren einfach mal eben so ins Heim, die Zeiten, in denen Menschen "weggesteckt" wurden, sind seit ca. 80 Jahren vorbei. Ganz im Gegenteil: die oft notwendige Heimunterbringung verzögert sich exorbitant (auch in noch dringenderen Fällen), weil davor eine Menge Hürden liegen und Heimplätze rar sind. Einen Menschen kann man auch bei einer Demenz nicht einfach so in einem Pflegeheim unterbringen.

Von Experte Rollerfreake bestätigt

Hi,

Werden der Notarzt und die Sanitäter mir die Schuld geben?

Nein.

Ältere Menschen haben eben ein erhöhtes Sturzrisiko - ganz unabhängig davon, wie gut sie betreut werden, unabhängig davon, ob sie im häuslichen Umfeld oder in einem Heim gepflegt werden.

Es besteht keine Verpflichtung, ihr auf "Schritt und Tritt" zu folgen oder jedes Mal mitzubekommen, wenn sie nachts aufsteht, um auf die Toilette o.ä. zu gehen. Und eine Fixierung ist schlicht nicht zulässig.

Lange Rede, kurzer Sinn: für einen Sturz wird euch niemand verantwortlich machen. Die Gefahren sollten nichtsdestotrotz so gut wie möglich minimiert werden.

Aber wenn es mal doch passieren sollte, wird man mich dann dafür verantwortlich machen und meine Oma ins Heim stecken?!

Für eine Unterbringung ins Heim ist der Rettungsdienst weder zuständig, noch befugt.

Wenn der Betreuungsaufwand absehbar allein im privaten Umfeld zu viel wird, sollte man sich allerdings frühzeitig Hilfe organisieren.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent

Naja... Notarzt und Rettungsdienst werden euch mit Sicherheit keine Vorwürfe machen. Wenn die gerufen werden, dann geht es primär erst einmal darum, den Patienten zu versorgen und ihn schnellstmöglich ins Krankenhaus zu transportieren.
Rettungspersonal sieht viel im Berufsalltag... und hat gelernt, berufliche Dinge nicht allzu nah an sich heran zu lassen.

Allerdings wird wahrscheinlich spätestens im Krankenhaus dann der Unfallhergang genau aufgenommen werden. Da ist dann auch ein wenig mehr Zeit, vor allem dann, wenn der Patient stationär aufgenommen werden muss. Und da könnte es dann durchaus sein, dass man euch die Frage stellt, die ihr euch selbst am besten jetzt schon stellen solltet: Seid ihr in der Lage, eure Großmutter entsprechend zu betreuen?

Ich kenne das von meiner Großmutter. Auch wir haben sie lange in ihrer gewohnten Umgebung gelassen. Im selben Haus, mit Pflege sowohl aus der Familie als auch vom ambulante Pflegedienst. Doch irgendwann, mit fortschreitender Demenz und körperlichem Gebrechen, mussten wir uns eingestehen, das einfach nicht 24/7/365 leisten zu können. Da war dann die Betreuung in einem Alten- und Pflegeheim leider unumgänglich. Dort hat man einfach ganz andere Möglichkeiten. Das Gebäude und das gesamte Umfeld sind auf Pflegefälle ausgelegt. Es gibt für den Notfall medizinische Geräte und das Personal ist im Umgang mit den Gebrechen der Bewohner geschult.

Vielleicht gibt es aber auch die Möglichkeit, eure Großmutter noch ein wenig länger bei euch leben zu lassen. Beispielsweise durch ein spezielles Bett das verhindert, dass sie nachts alleine aufsteht und dann ggfs. stürzt. Oder eben durch andere geeignete Hilfsmittel - ja nachdem, wo genau die Gebrechen und Probleme eurer Großmutter liegen.

Bringt doch ein Bettgitter an. Das kann man, wenn es nicht benötigt wird, heruntergeklappen. Bzw. kümmert euch um ein Pflegebett.

Es kann doch nicht sein, dass eure Oma ständig aus dem Bett fällt. Das ist ehrlich gesagt nicht so sehr verantwortungsvoll von euch beiden. Auch wenn es schön ist, wenn eure Oma noch nicht in ein Heim muss. Aber dafür müsst ihr euch anständig um sie kümmern.

iwaniwanowitsch  21.08.2021, 20:48

Ein Bettgitter muss gerichtlich abgesegnet werden!

Die Anbringung von Bettseitenteilen bedarf immer der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Auch dann, wenn der Betroffene in einer Vorsorgevollmacht einem Bevollmächtigten hierüber die alleinige Entscheidungsbefugnis übertragen hat. Selbst wenn in der Vollmacht ausdrücklich geregelt ist, dass der Bevollmächtigte die Entscheidung über das Hochziehen eines Bettgitters ohne eine gerichtliche Genehmigung treffen darf, muss diese eingeholt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit einer Grundsatzentscheidung vom 27. Juni 2012 (Aktenzeichen: XII ZB 24/12) klargestellt. Einer gerichtlichen Genehmigung bedarf es immer nur dann nicht, wenn der Betroffene noch in der Lage ist, die Entscheidung selbst zu treffen und dem Hochziehen des Bettgitters zugestimmt hat oder in einer Patientenverfügung eine klare Regelung hierzu festgehalten ist.

https://seniorenheim-magazin.de/branchennews/neuere-tendenzen-in-der-rechtsprechung-zum-bettgitter/?cn-reloaded=1

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annie80  21.08.2021, 20:50
@iwaniwanowitsch

Habe ich fast vermutet, aber da können sich die beiden ja darum kümmern. Es wird wohl dauerhaft besser sein als wenn die Oma ständig rausfällt. Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht auch mal rechtliche Konsequenzen hat...

Die Frage lässt vermuten, dass die beiden noch nicht auf diese Idee gekommen sind. In einem Heim würde sie wohl auch ein Bettgitter bekommen.

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iwaniwanowitsch  21.08.2021, 20:58
@annie80
Es wird wohl dauerhaft besser sein als wenn die Oma ständig rausfällt.

Selbstverständlich. Aber eben einfach so kaufen und anbringen geht nicht, das hatte ich aus deiner Aussage heraus interpretiert.

In einem Heim würde sie wohl auch ein Bettgitter bekommen.

Aber auch erst nach der gerichtlichen Anordnung. Stürze aus dem Bett sind im Seniorenheim aus diesem Grunde an der Tagesordnung, weil oft keine Bettgitter angebracht werden dürfen.

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annie80  21.08.2021, 21:01
@iwaniwanowitsch

Ja, das hatte ich zu wenig deutlich formuliert.

Stürze aus dem Bett sind im Seniorenheim aus diesem Grunde an der Tagesordnung, weil oft keine Bettgitter angebracht werden dürfen.

Ganz toll. Nicht. (Und ja, ich bin mir bewusst dass man der unnötigen Fixierung / Freiheitseinschränkung entgegenwirken will. Ich kenne das Thema aus dem Behindertenbereich.)

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iwaniwanowitsch  21.08.2021, 21:05
@annie80

Alles gut :D

Völlig meine Meinung. Es passiert viel zu viel, bis man bei gefährdeten Senioren eingreifen darf (was ja nur zu deren Schutz geschieht).

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Es ist nicht der Job von NA oder NotSan Irgendjemandem die Schuld zu geben. Sie werden in erster Linie den Patienten versorgen.

Allerdings werden sie auch Ratschläge geben wie der Betreffende besser versorgt werden kann. Das hat nix mit Schuldzuweisung zu tun, das wäre auch Unsinn es sei den ihr seid examinierte Pflegekräfte. Von denen kann ich das erwarten, von euch als Laien nicht.

Also die Ratschläge zu herzen nehmen und nicht denken die wollen Euch an die Karre.

Gegebenenfalls macht man sich aber schon mal in Vorgang beim Hausarzt oder der Hauskrankenpflege schlau was man unternehmen kann damit die Situation nicht eintritt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung