Welchen inhaltlichen Wert bietet der ausdruck ,,ist"?

Das Ergebnis basiert auf 13 Abstimmungen

Hat einen inhaltlichen Wert, nämlich... 92%
Keinen Wert. Klingt halt nur schöner 8%

9 Antworten

Hat einen inhaltlichen Wert, nämlich...

Die Sprache verfolgt doch in der Regel zwei Grundprinzipien, die sich partiell widersprechen. Zum einen soll Information so genau wie möglich den zu beschreibenden Sachverhalt wiedergeben. Dazu sind dann weit mehr Worte und ihre grammatikalischen Verknüpfungen erforderlich, die die logischen Bezüge bestimmen.

Zum anderen soll Sprache so effektiv wie möglich verwendet werden, um quasi "minimalistisch" genau gerade das verbal zu formulieren, was als Botschaft übermittelt werden soll. Dieses Prinzip führt zur Reduktion sowohl von Ausdrücken als auch von grammatikalischen Besonderheiten.

Interessant ist, wie man an der Entwicklung der Sprache bei Kindern erleben kann, dass sie durch ihr gelegentliches Scheitern bei minimalistischer Wortwahl die Notwendigkeit erleben, durch Ausgestaltung der Sprachstrukturen höhere Effektivität ihrer Absichtserklärungen zu erzielen.

Als mein Sohn mit einem Jahr "Bär" sagte (also der bekannte Einwortsatz am Beginn der Sprachentwicklung), konnte das vieles heißen: Ich möchte meinen Bär haben. Ich mag meinen Bär. Wo ist der Bär? Der Bär soll mit mir schlafen gehen, und sicher noch weit mehr Absichten. Wenn die Eltern dann auf diese Botschaft mit der "falschen Handlung" reagierten, kam bei ihm sichtbar Unwillen auf. Mit "Bär haba!" konnte er dann schon mehr präzisieren, und daran anschließend kamen immer mehr Worte ins Spiel, die ständig größere Genauigkeit in die Botschaften einbrachten.

Genauso glaube ich, dass der Mensch zur erfolgreichen und effektiven Kommunikation die ganze Fülle von Begriffen (mit ihrem Reichtum an feinen Abstufungen und Nuancierungen) und dem komplexen grammatikalischen Regelsystem ein Werkzeug etabliert hat, dass seinen Lebenserfolg entscheidend mitbegründet hat. Man könnte sagen: Je komplexer die Sprache einer Kulturgemeinschaft ist, desto erfolgreicher ist sie bei der Bewältigung überlebenssichernder Strategien.

Das Wort "ist" ist ein Verb. Dementsprechend braucht man es in einem Satz, sonst hat dieser einen oder mehrere Grammatikfehler. Auch in der Juristerei ist das Wort "ist" wichtig; es hat wirklich einen inhaltlichen Wert. Denn es kann eine "ist" Bestimmung kennzeichnen: "Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Bildung. Dieses Recht wird durch ein Schulwesen gewährleistet, das nach Maßgabe dieses Gesetzes einzurichten und zu unterhalten ist. " (§ 1 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Hessischen Schulgesetzes).

Als Hilfsverb bezeichnet man in der Sprachwissenschaft ein Verb, dessen Funktion darin liegt, in Kombination mit einem Vollverb bestimmte grammatische Merkmale auszudrücken, z. B. Tempus oder Modus, während die Beschreibung der Situation allein vom Vollverb ausgeht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Hilfsverb

https://www.duden.de/konjugation/sein_Hilfsverb

Woher ich das weiß:Recherche

Ghostwriter2  05.04.2023, 14:09

Im gegebenen Beispiel ist das Verb sein kein Hilfs-, sondern ein Vollverb.

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HugeGameArtGD  08.04.2023, 02:04
@Ghostwriter2

Stimmt, da "blau" hier ein Adverb ist. Für "haben" wäre es beispielsweise "Der Himmel hat eine Farbe" und beschreibt statt eines Zustands eine Sache.

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Hat einen inhaltlichen Wert, nämlich...

Ja, Himmel blau. Aber gestern Himmel blau oder heute? :)
Das Verb "ist" transportiert immerhin die Information "Präsens".
Wer sagt "der Himmel ist blau" redet anscheinend nicht von gestern oder von morgen.

Aber es stimmt schon, dass es Sprachen gibt, die ohne das Hilfsverb auskommen:

nebo goluboj (russ. "Himmel blau")

Im Russischen ist so ein Satz zulässig. Auch Ungarisch kennt solche Sätze (kennt aber auch einen bestimmten Artikel). Im Russischen wird das Präsens sozusagen "mitgedacht", aber (in diesem Falle) nicht ausgesprochen, weil es sozusagen eine "Defaulteinstellung" ist.

Im Finnischen sagt man aber "taivas on sininen", das "on" entspricht unserem "ist" (dafür kennt Finnisch keinen Artikel, taivas = der Himmel oder ein Himmel).

Es hängt also von der Sprache ab, ob so ein Hilfsverb dort stehen muss oder eben nicht. Es ist also auch eine grammatische Frage.

Auch ob man einen Artikel benutzen muss oder nicht, hängt von der Sprache ab
(Deutsch kennt einen bestimmten und einen unbestimmten Artikel, Finnisch nicht, manche Sprachen haben nur einen bestimmten, aber keinen unbestimmten Artikel).

Im Russischen funktioniert es auch. Die Regeln in der jeweiligen Sprache müssen nur klar sein. Im Deutschen braucht man hier das "ist", ich könnte mir aber auch andere Regeln vorstellen, dass man kein "ist" verwendet für den gleichen Aussagegehalt.

Die Bedeutung kommt auch auf den Tonfall, die Betonung und den Kontext an. In der Schriftsprache kann man an einem Punkt sehen, dass der Satz fertig sein soll. Beim Sprechen geht man mit der Stimme runter. Bei einer Frage verwendet man das Fragezeichen und geht mit der Stimme hoch. Das Wort "himmelblau" würde man etwas anders aussprechen.

Allerdings müsste man dann mehr auf Zeichensetzung und Zusammenschreibung achten.