"Wein rollt am Boden" - ist das ein Stilmittel?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Nicht der Wein rollt am Boden, sondern der Becher, dessen Inhalt "dunkler Wein" ist.

Das ist hier also eine Form der Synekdoche (συνεκδοχή / synekdoché = Mitverstehen).

Mitverstanden wird hier, dass der Wein dann auf den Boden fließt. "rollen" gverleiht ihm aber etwas Dingliches.

"Dunkler Wein" steht hier für die geballte Leidenschaft, die beide übermannt hat (und ist damit, wenn man vom Rollen absieht, eine Metapher).

Rollen hat eine vielfältige Bedeutung :

 der bach, der flusz, das meer rollt seine wellen

Vielleicht hat Hugo eine der alten Bedeutungen verwendet

http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GR06988#XGR06988

chiller462 
Fragesteller
 26.09.2019, 11:50

Oh, das kann natürlich auch sein, dankeschön!

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Halbrecht  26.09.2019, 11:51
@chiller462

ich meine, nur ein lyrischerer Ausdruck für die Bewegung des Weins am Boden, der vewendet werden konnte, weil er zu ::: sollte ::: passt.

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Jedoch, wenn er aus ihrer Hand

Den leichten Becher nehmen sollte,

So war es beiden allzu schwer:---

Denn beide bebten sie so sehr,

Daß keine Hand die andre fand

Und dunkler Wein am Boden rollte.

Sie bebten und zitterten so sehr, dass sie den Becher nicht halten konnten oder umkippten und nun der Wein, ich nehme an: Rotwein, nun auf dem Boden lag.

chiller462 
Fragesteller
 26.09.2019, 11:51

Dankeschön! Das wusste ich allerdings schon, dass sie den Becher fallen ließen und der Inhalt, also Wein, somit raus auf dem Boden floss. Mir geht es aber speziell um das "rollen", aber dies ist vermutlich ein veralteter Begriff, wie es der User Halbrecht oben beschrieben hat :)

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Lorimara  26.09.2019, 13:09
@chiller462

Ach sorry, die Zeile fehlt: nennt sich Symbolismus!

Seine ersten Werke zählt man zum Jugendstil oder Impressionismusk.

https://de.wikipedia.org/wiki/Symbolismus_(Literatur)

Das ist der "Zeit" geschuldet, in der Hoffnungsthal lebte. Minnesänger allgemein haben nicht mit "einfachem Deutsch" ihre Lieder vertextet, sondern stets blumig drum herum geschrieben, Hauptsache das reimte sich einigermaßen..

Oder hier - der schreibt nicht realistisch:

Frage

Merkst du denn nicht, wie meine Lippen beben?

Kannst du nicht lesen diese bleichen Züge,

Nicht fühlen, daß mein Lächeln Qual und Lüge,

Wenn meine Blicke forschend dich umschweben?

Sehnst du dich nicht nach einem Hauch von Leben,

Nach einem heißen Arm, dich fortzutragen

Aus diesem Sumpf von öden, leeren Tagen,

Um den die bleichen, irren Lichter weben?

So las ich falsch in deinem Aug, dem tiefen?

Kein heimlich‘ Sehnen sah ich heiß dort funkeln?

Es birgt zu deiner Seele keine Pforte

Dein feuchter Blick? Die Wünsche, die dort schliefen,

Wie stille Rosen in der Flut, der dunkeln,

Sind, wie dein Plaudern: seellos ... Worte, Worte?

Hugo von Hofmannsthal

Aus der Sammlung Die Gedichte 1891-1898

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die letzten Worte sind entscheidend: Hand-Rand / Gang/sprang ....Hand-Pferde / Gebärde-stand. Dann nur 3 Zeilen: Hand-sollte-schwer .... sehr-fand-rollte.

Das ist dichterische Freiheit....

chiller462 
Fragesteller
 26.09.2019, 11:43

Danke, jedoch geht es mir ja um Stilmittel und nicht um die Reime

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