Was sind Beispiele bei denen der Begriff ökologische Nische nicht räumlich zu verstehen ist?

2 Antworten

Moin,

wenn du das so (eindimensional) beschreibst, hast du genau die falsche Vorstellung, die der Begriff „Nische” immer wieder hervorruft.

Der Stickstoffgehalt ist nur ein Faktor der ökologischen Nische von Brennnessel oder Mauerpfeffer. Versuch mal eine Brennnessel in optimal-stickstoffhaltigem Boden, aber in totaler Finsternis zu ziehen. Das wird dir nicht gelingen.

Ein Lebewesen hat stets eine gewisse Summe von Ansprüchen. Und die Umwelt macht Angebote. Immer dann, wenn die Ansprüche eines Lebewesens von den Angeboten der Umwelt vollkommen abgedeckt werden, kommt es zur Ausbildung einer ökologischen Nische. Wenn aber nur ein Anspruch von der Umwelt nicht abgedeckt wird, kann das Lebewesen dort nicht existieren, ganz egal, wie viele Angebote die Umwelt sonst noch macht oder wie toll die übrigen Ansprüche des Lebewesens durch die Angebote der Umwelt abgedeckt würden.

Nun gibt es Ansprüche, die ausschlaggebender sind als andere. Das bedeutet, dass ein Lebewesen bei gewissen Ansprüchen kaum tolerant ist (stenök), während es bei anderen Ansprüchen weniger eingeschränkt ist (euryök). Wenn deine Ansprüche total erfüllt werden, aber kein Sauerstoff in der Atmosphäre wäre, könntest du da nicht (ohne technische Hilfsmittel) überleben. Aber wenn du nur noch Wasser zu trinken bekämst, wäre das vielleicht langweilig, aber kein Grund, dass du in einer sonst optimalen Umgebung nicht leben können solltest.

Insofern kannst du jeden Anspruch, den ein Lebewesen haben könnte und der nichts mit einem konkreten Areal zu tun hat, hier nennen. Zum Beispiel den Anspruch, dass es nur mäßig viele Fressfeinde gibt. Oder dass es nicht übermäßig viele Parasiten, Krankheitserreger etc. gibt. Oder dass es ausreichend Nahrung oder Wasser gibt...

Eine ökologische Nische ist eben nicht irgendein konkreter Ort im wahrsten Sinne des Wortes, sondern sie wird gebildet, wenn alle Ansprüche einer Art durch die Angebote der Umwelt abgedeckt werden.

Das ist auch der Grund, dass keine zwei Arten nebeneinander die gleiche ökologische Nische ausbilden können (totale Konkurrenz). Weil dann keine der beiden Arten ihre gleichen Ansprüche völlig erfüllt finden würde. Wenn dann eine der beiden Arten einen Selektionsvorteil hat, wird sie die andere Art vollkommen verdrängen (es sei denn, diese konkurrenzschwächere Art hätte die Möglichkeit, ihre Ansprüche hinreichend zu verändern). Hier kommen dann das Konkurrenzausschlussprinzip oder die Konkurrenzvermeidung ins Spiel. Aber das ist eine andere Frage...

LG von der Waterkant

Hallo,

Der Begriff 'Nische' legt zwar einen räumlichen Bezug nahe. Er ist aber umfassender zu verstehen. Die ökologische Nische ist für mich die Art, wie eine Spezies die Möglichkeiten nutzt, die ihr der Lebensraum bietet.

Eine nette Umschreibung, mit der man es gut erklären kann ist, die Ökologische Nische sei der Beruf einer Art. Ich stelle mir dabei das Ökosystem wie eine kleine, autarke Stadt vor. Jeder Bewohner geht einem anderen Handwerk nach, und so finden alle ihr Auskommen. Und wenn es zwei Bäcker gibt, dann macht der eine vielleicht das bessere Schwarzbrot, der andere den leckereren Kuchen, die Leute gehen aus verschiedenen Gründen zu ihnen.

Und nun ein Beispiel, in dem sich ökologische Nischen nicht örtlich unterscheiden: in einem Lebensraum kann es die Möglichkeit geben, dass man als Tierart davon leben kann, Insekten im Flug zu erbeuten. Und es kann sein, dass das verschiedene Arten in sehr ähnlicher Weise an genau denselben Platz tun. Aber, sie gehen sich trotzdem aus dem Weg, besetzen unterschiedliche ökologische Nischen: Schwalben tun dies am Tag, während Fledermäuse nachts unterwegs sind und die Arten jagen, die dann fliegen.