Was passierte, wenn man als Ostbürger in den Westen telefonieren wollte?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Um die Aussagen von soisses und Nomex64 zu ergänzen:

Wenn man nicht gerade besondere Anschlüsse wie im Palast der Republik hatte, dann konnte man zwar die Ziffernfolge mit internationaler Auslandsvorwahl wählen, aber es ertönte nur ein Besetztzeichen - eben weil es meist keine Verbindungen für "Selbstwählferngespräche" gab. Man hat sein Telefonatwunsch beim "Internationalen Fernamt Berlin" anmelden müssen, je nach Staat auf der Welt mit der Nummer 00112 bis 00115. Das galt unabhängig davon, ob West oder Ost.

Eine Ausnahme bildeten Ferngespräche in die Bundesrepublik und nach Westberlin und merkwürdigerweise auch für Gespräche nach Polen in die damaligen Wojewodschaften Gdansk, Koszalin, Slupsk und Szczecin. Diese Gespräche mussten im regional zuständigen Fernamt angemeldet werden.

Die Wartezeit war oft so lange, dass Anrufer nachfragten, wann sie dran sind. Für diese Nachfragen gab es sogar beim Fernamt Berlin einen "Nachfragedienst", zu erreichen über die 00117.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Das ging ueber den Weg der Vermittlung. Das diese Gespraeche natuerlich kontrolliert wurden, liegt in der Natur der Sache, wir waren im Kalten Krieg.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Klar ging das. Einfach in den Palast der Republik gehen und mit der Durchwahl konntest du dort von jedem öffentlichen Telefon in West-Berlin anrufen. Jedes mal wenn ich in Berlin war hab ich von dort meine Tante in Zehlendorf angerufen. Das letzte Mal muss 1987 als ich zum Studentensommer in Bln. war gewesen sein.

Ins Visier der Stasi? Ich denke eher nicht, nach dem Jux den wir da gemacht haben hätte ich im Sommer 1989 sonst sicher keine Zusage für eine Jugendtouristreise nach Saarbrücken bekommen. Und in meiner Stasi-Akte stand davon auch nichts.

Von privaten Anschlüssen war es sonst ziemlich kompliziert, noch problematischer wenn man wie meine Eltern einen Werksanschluss hatte. Aber selbst das hat funktioniert. Haben wir aber nur einmal genutzt als es wirklich dringend war. Das hat aber soisses schon richtig beschrieben.

Passiert ist überhaupt nichts, wenn zwischen West und Ost telefoniert wurde, außer natürlich dass das Telefongespräch abgehört wurde, aber das war ja normal, auch im Westen, wenn auch dort in viel geringerem Maße. Ich habe mit meinen Verwandten in der DDR oft sehr lange (bis zu einer Stunde) telefoniert. In meinen Stasi-Akten steht, dass die Gespräche "aus Kapazitätsgründen" nicht ausgewertet werden konnten. Die Mühe hätte man sich ohnehin sparen könne. Da ich wusste, dass mitgehört wird, habe ich natürlich nichts Verdächtiges gesagt. Das Problem der Telefonabhörungen gab es auch noch in den 80er-Jahren in Europa. Ich hatte längere Zeit Probleme mit der Übermittlung von Daten nach Italien, bis mir ein Techniker erklärte, dass dies an den veralteten Methoden der Telefonabhörung in Italien lag. Jedes Mal, wenn sich das Tonband einschaltetet, gab es einen Impuls, der bei den damaligen Akustikkopplern zu einer Unterbrechung der Datenübertragung führte. Inzwischen sind diese technischen Probleme längst überwunden und wir werden abgehört, ohne dass wir es merken. Ich habe inzwischen meine frühere Gewohnheit, ab und zu einen Gruß an die Abhörer in das Gespräch einzuflechten, aufgegeben, da heute ja keine Menschen mehr mithören, sondern nur sogenannte Algorithmen. Mir waren die Menschen sympathischer.

Mit Voranmeldung, wie hier schon beschrieben, ging es.

Eine Kollegin hat mir einmal erzählt, dass ihre Mutter mal in einem Gespräch mit Verwandten im Westen auf die Wirtschaftslage in der DDR geschimpft hatte. Plötzlich war eine Stimme in der Leitung: "Beenden Sie das Gespräch!" Und dann war die Verbindung unterbrochen. Das war ein Zeichen, dass die Stasi immer mithörte.