Was passiert bei einem Herz-Krampf?

2 Antworten

9. Herzkrampf ist ein äußerst schmerzhaftes,
periodisch auftretendes Leiden, welches entweder eine Neuralgie der
Herznerven darstellt oder auf organischen Veränderungen der Muskeln oder
der Gefäße des Herzens beruht. Die Krampfanfälle kommen besonders bei
rheumatischen, neurastenischen und hysterischen Personen vor und können
durch übermäßigen Tabakgenuß, große Kälte, heftige Gemütsbewegungen und
übermäßige Körperanstrengungen verursacht werden.

Beim Anfall enstehen plötzlich heftige
Schmerzen in der Herzgegend, welche in den linken Arm ausstrahlen und
von großem Angstgefühl, Atemnot, Blässe des Gesichtes und Kälte der
Hände und Füße begleitet sind. Der Kranke hat die Empfindung, als ob das
Herz von einer unsichtbaren Hand mit eisernem Griff umklammert oder
zerrissen wird. Der Atem geht schneller, der Puls ist bald beschleunigt,
bald verlangsamt, zuweilen unregelmäßig. Der Anfall hat eine Dauer von
einigen Minuten bis zu Stunden und kann sich öfters wiederholen und auch
jahrelang wegbleiben.

Behandlung. Beim Anfall selbst ist es uns meistens gelungen mit oft wiederholten Gaben von Arsen. alb. 4—6,
alle zwei Minuten drei Tropfen, heißen Hand- und Fußbädern, deren
Wirkung, wenn nötig, noch mit Senfmehl erhöht werden kann, schnelle
Linderung zu verschaffen; auch Bellad. 3 und Glonoin. 5
sind manchmal angezeigt. Von großer Wichtigkeit zur Verhütung der
Anfälle ist eine ärztliche Untersuchung, um die mutmaßliche Ursache des
Leidens zu entdecken, fernerhin eine vernünftige Lebensweise und Diät,
wie wir dieselbe schon wiederholt als die für Herzleidende geeignetste
erwähnt haben; Männer müssen sich auch vom Tabakgenuß gänzlich
enthalten. Als Heilmittel der ursächlichen Krankheit kommen in Betracht:
Aurum-Präparate (s. Herzverfettung) bei organischen Herzveränderungen; Asa foet. 3, Zinc. valer. III bei hysterischen und neurastenischen Personen; Cimicif. 3, Kalmia 3, Ledum 3, Spigel. 3 bei Rheumatismus- und Gichtleidenden; Nux vom. 4 und Tabacum 6 bei vorangegangenem Tabakmißbrauch. Schließlich erwähnen wir noch, daß kohlensäurehaltige Bäder manchmal gute Wirkung haben.

garfield262  16.03.2016, 20:08

Wie kommst du denn bitte auf den Bolzen, dass das Myokard krampft bzw. einen Krampfanfall erleidet?! Und um auf Alternativen wie das Kammerflimmern einzugehen (was streng betrachtet kein Krampf, sondern eine unkoordinierte Herzaktion darstellt) denke ich nicht, dass ein Patient da noch von irgendwelchen homöopathischen Therapieansätzen profitieren könnte. 

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Moin,

zunächst ist das Herz, wie die Skelettmuskulatur ein sogenannter quergestreifter Muskel. Diese Bezeichnung rührt von dem Aussehen des Gewebes unter mikroskopischer Betrachtung her. Es gibt jedoch einige Unterschiede zur Skelettmuskulatur, welche bedingen, dass der Herzmuskel (fachsprachlich "Myokard") nicht verkrampfen bzw. sogar einen Krampfanfall erleiden kann.

Gehen wir zunächst auf den einfacher zu erklärenden Umstand ein, nämlich dass das Myokard sich von cerebralen Krampfanfällen wie bei einer Grand-Mal-Epilepsie vollkommen unbeeindruckt zeigt. Dazu zunächst der Mechanismus, über welchen die Skelettmuskeln kontrahieren (sich zusammenziehen): Sobald in spezialisierten Arealen des Gehirns (auf die ich nicht näher eingehen werde) der Entschluss zu einer Bewegung gefasst wurde, wird ein Impuls über motorische Leitungsbahnen des Rückenmarks in den Nerv geleitet, welcher den Muskel motorisch beeinflusst (man sagt, der Muskel wird "innerviert"). Dieser Impuls, eine sich fortbewegende elektrische Spannungsdifferenz, erreicht in letzter Instanz die Stelle, an der besagter Nerv am Muskel endet. Die kleine Kontaktstelle, welche diese beiden Strukturen verbindet, nennt man Synapse, oder genauer "motorische Endplatte" (Synapsen sind nervliche Kontaktstellen im Allgemeinen, motorische Endplatten sind Synapsen zwischen einem motorischen Nerv und dem von ihm angesteuerten Muskel). Die elektrische Aktivität im motorischen Nerv veranlasst kleine Behältnisse (Vesikel), gefüllt mit speziellen chemischen Stoffen (Neurotransmitter, in diesem Fall das sogenannte Acetylcholin), sich in den synaptischen Spalt zu entleeren. Das Acetylcholin (ACh) aktiviert daraufhin spezielle Rezeptoren an der Muskelwand, welche wiederum eine elektrische Spannungsdifferenz verursachen und den Muskel über weitere Mechanismen kontrahieren lassen. So wird z.B. der Bizeps in deinem Oberarm zum kontrahieren gebracht.

Das Herz funktioniert anders. Zwar wird es von verschiedenen Nerven beeinflusst, seine Erregung jedoch bildet der Herzmuskel selbst, daran sind die Nerven vollkommen unbeteiligt. Dadurch schlägt das Herz weiterhin in seinem Rhythmus, während Skelettmuskeln, z.B. bei einer Grand-Mal-Epilepsie, unkoodiniert tonisch und klonisch krampfen.

Nun bleibt die zweite Frage, nämlich weshalb das Herz nicht in Situationen gerät, welche z.B. bei einem Wadenkrampf (was kein Krampfanfall ist) vorliegt. Diese Erklärung ist nicht so einfach zu erbringen, da sie ein profundes Wissen über die Funktionsweise von Muskeln voraussetzt, insbesondere über die sogenannte "elektromechanische Kopplung", also jenen Prozess, welcher aus einer elektrischen Erregung eine Muskelkontraktion macht. Um es verständlich zu erklären: Wenn der Herzmuskel erregt wird, strömen diverse Ionen, darunter Kaliumionen, Natriumionen und Calciumionen durch die Zellmembranen in unterschiedliche Richtungen. Nachdem dies geschehen ist, ist die Zelle vorerst nicht erregbar; diese Zeit wird als Refraktärzeit bezeichnet. Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten) haben eine relativ lange Refraktärzeit, in welcher besagte Calciumionen als Teil der elektromechanischen Kopplung durch Kanäle strömen. Der Clou ist, dass diese Refraktärzeit länger als eine singuläre Kardiomyozyten-Kontraktion andauert. Dadurch besteht nicht die Möglichkeit, dass der Muskel starr und fest verkrampft (man nennt einen solchen Krampf "Tetanie"). Diese Erklärung lässt einige Zwischenschritte auf, die jetzt allerdings nicht in ein oder zwei Sätzen erklärt werden können; ich denke aber, dass das Grundprinzip soweit verständlich ist.

Es gibt jedoch Situationen, in denen das Herz in unkoordinierte Rhythmen verfällt, diese nennt man "Arrhythmien". Eine der schwerwiegendsten Arrhythmien ist das Kammerflimmern, bei dem, insbesondere durch Narben im Myokard, z.T. kleinste kreisende Erregungen entstehen, welche in der Folge in absolut chaotische Erregungen der übrigen Kardiomyozyten degenerieren können. Dieser Fall ist ein lebensbedrohlicher Notfall, da der Blutkreislauf durch den Wegfall der koordinierten Herztätigkeit sofort zum Erliegen kommt und der Patient in dem Moment klinisch tot ist. Wenn diese Situationen nicht unmittelbar erkannt und innerhalb kürzester Zeit entsprechende Maßnahmen, vorwiegend eine Reanimation eingeleitet werden, wird der Patient innerhalb kürzester Zeit versterben. Diese Situation ist z.B. eine der schwerwiegenden Komplikationen eines Herzinfarkts.

Konnte ich dir soweit helfen oder hast du noch weitere Fragen? In dem Fall frag natürlich gern weiter.

Lieben Gruß ;)