Was meint Novalis mit "Die Welt muss romantisiert werden"?

3 Antworten

Man sollte den Text von Novalis nicht auf eine falsche Art und Weise ernst nehmen. Als Romantiker liefert er keine rationalen Definitionen, sondern er produziert im Sinne seiner progressiven UniversalPoesie den Versuch, das zentrale Ziel der Romantiker zwischen Kunst und Wirklichkeit zu fassen. Am besten kürzt man den Text auf die wesentlichen Aussagen:

Die Welt muß romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder. (...) Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“

Am besten zieht man hier noch Eichendorffs Gedicht „Wünschelrute“ hinzu. Das passt nämlich dazu, auch wenn es nicht ganz soweit geht wie der Text von Novalis.

gutifragerno  22.03.2019, 20:42

Safranski schreibt übrigens auf Seite 63/64 seines Romantik Buches: „ Schlegel hatte, als Leser sich über die Unverständlichkeit insbesondere seiner Fragmente beklagten, einen Essay genau zu diesem Thema verfasst: ‚Über die Unverständlichkeit‘. Darin heißt es: ‚ Aber ist denn die Unverständlichkeit etwas so durchaus Verwerfliches und Schlechtes? Mich dünkt, das Heil der Familien und der Nationen beruht auf ihr‘ und so weiter. Das mag Ihnen ein Trost sein ;-)

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Ich finde Novalis gibt in seinem bekannten Gedicht:

„Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren sind Schlüssel aller Kreaturen, ....usw.“

eine sehr gute Erklärung darüber ab, wie er dies meint.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich schreibe seit etwa 6 Jahren selber Bücher.
DieterWeber1968 
Fragesteller
 22.03.2019, 14:55

Danke für den Hinweis, das Gedicht hilft tatsächlich ein wenig. Allerdings reicht mir das bei Weitem nicht aus, um den obigen Text vollständig zu durchblicken.

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Patrickson  22.03.2019, 15:03
@DieterWeber1968

Indem du dein Selbst mit dem höheren Selbst, z.b. Gott, idendifizierst erweiterst du dein Selbst um dieses höhere Sein, und um die Sicht und die Möglichkeiten dieses Seins. Dadurch wiederum kommst du zu einer realistischen Einschätzung, zu einer wahren Erkenntnis deines Selbst: Wechselerhöhung und Erniedrigung.

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"romantisieren" ist ein Schlüsselwort der Novalisschen Poetik und wird hier genau definiert : "dem Endlichen (= Wirklichen) einen unendlichen Schein geben".

Zu den mathematischen Begriffen: lies Novalis' Monolog, da wird schon klarer, warum er hier mit mathematischen Begriffen umgeht.

"Potenzierung" hat vor allem mit dem Verhältnis von Natur und Kunst zu tun: die Natur war eins mit sich selbst (absolutum) und konnte sich deshalb nicht fühlen. Um sich fühlen zu können, hat sie die Menschen erschaffen (= hat die Möglichkeit einer Selbstbeziehung geschaffen). Alles, was Menschen dann schaffen, ist eine Potenzierung dieser ursprünglichen Beziehung. Das führt zu dem Paradoxon: "je künstlicher, desto natürlicher". Deshalb ist auch die "qualitative Potenzierung" durch die Kunst potenziell unendlich.