Was macht das Schulsystem in Finnland so besonders?

8 Antworten

Das weiß eigentlich keiner so genau. Die linke Reichshälfte pickt sich dann immer gerne Details wie einen höheren Bildungsetat und die Einheitsschule heraus, die jedoch – wie der internationale Vergleich zeigt – in keinem relevanten kausalen Zusammenhang mit dem Leistungsniveau etwa bei PISA stehen.

Es wäre auch naiv anzunehmen, dass Probleme dadurch gelöst werden, Problemfelder mit mehr Geld zu übergießen und wieder einmal alles einzuebnen.

Ich kann nur mutmaßen, denke aber, dass es damit zu tun hat, wie die Selbständigkeit der Schulen und Lehrer und deren Ausbildung und Methodik beschaffen ist.

Soweit ich weiß gibt es da keine Hausaufgaben, kürzere Schultage, Lehrer werden besser bezahlt, die Schulgebäude sind so eingerichtet, dass man sich wohl fühlt und modern ausgestattet und ab 2020 soll für Schüler ab der 10. Klasse nicht mehr in Fächern, sondern in fachübergreifenden Phänomenen gelernt werden. Man sucht sich also ein Thema aus, für das man sich interessiert, und lernt dann alle relevanten Dinge darüber. Grundgedanke dahinter ist, denke ich, dass man nicht mehr für die Schule lernt, sondern um das Thema, für das man sich interessiert, zu verstehen.

Woher ich das weiß:Hobby

https://de.wikipedia.org/wiki/Bildungssystem_in_Finnland#PISA-Ergebnisse

Als Gründe für diesen Erfolg wurden im Besonderen die Homogenität der finnischen Gesellschaft, eine Lesetradition, nicht synchronisierte Fernsehfilme mit Untertiteln, die hervorragende Personal- und Finanzausstattung der Schulen, individuelle Förderungsmaßnahmen, die Autonomie der Schulen und die wirkungsvollen Qualitätskontrollen genannt.

Kritiker wiesen darauf hin, dass sich der finnische Erfolg zu einem guten Teil allein dadurch erklärt, dass es in Finnland im Vergleich zu den meisten europäischen Ländern nur wenig Einwanderung gibt. Schwedischsprachige Finnen schneiden im Übrigen systematisch etwas schlechter ab als finnischsprachige, zum Teil sogar schlechter als schwedische Schüler, was darauf hindeuten könnte, dass sich auch die sprachliche Gestalt der finnischen Testaufgaben günstig auswirken könnte.

Meines Erachtens nach kann man einige Punkte nicht übertragen, die deutsche Gesellschaft ist nicht so homogen (daran wird man auch nichts so leicht ändern können), die Lesetradition ist aber etwas, was man auch hierzulande fördern könnte. Finnen können fast alle Englisch, sie werden früh damit konfrontiert (ähnlich wie die Schweden auch).

Lesen hat im Norden einen hohen Stellenwert, das betrifft auch Erwachsene. Auch in Island ist das ähnlich (die haben mehr Bücher pro Kopf als z.B. in Deutschland).

Neben den von Kiekschapp zusammengestellten Gründen gibt es noch einen großen Unterschied.

Die Schulen in Finnland sind zwar staatlich, aber nicht durch eine Kultusbürokratie überwacht.

Deutsche Lehrer werden als Didaktiker ausgebildet. Sie sollen die bürokratischen Vorgaben möglichst exakt umsetzen. Dies wird genaustens von Kultusbürokraten überwacht.

Finnische Lehrer werden dagegen pädagogisch und psychologisch ausgebildet. Sie und die einzelnen Schulen sind in ihrer Unterrichtsgestaltung viel freier und weniger bürokratisch orientiert.

grubenschmalz  03.11.2018, 13:36

Was ein Schwachsinn. Zumal didaktische Ausbildung nix mit „bürokratische Vorgaben exakt umsetzen“ zu tun hat

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Geraldianer  03.11.2018, 14:09
@grubenschmalz

In Finnland gibt es auch Didaktik. Aber es ist ein Teilgebiet der Pädagogik, die überwiegend empirisch vorgeht. Wobei die Pädagogik dort auch sehr psychologisch ausgerichtet ist.

Unsere Lehrer haben in ihrer Ausbildung praktisch keine Pädagogik und Psychologie. An den Lehrstühle für die einzelnen Fachdidaktiken wird die Didaktik formal entwickelt. Dort lehren bei uns überwiegend ehemalige Fachlehrer ohne sozialwissenschaftliche Grundkenntnisse.

Außerdem gibt es in Finnland nur landesweite Programme zur Qualitätsmessung von Schulen. Eine staatliche Schulaufsicht wurde dort vor Jahrzehnten abgeschafft.

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Finnland

Der Begriff PISA wird oftmals in einem Atemzug mit dem überragenden Abschneiden von Finnland genannt, das eines der Länder ist, das in allen Bereichen dieses Vergleichstests bei allen Testdurchführungen unter die ersten vier gekommen ist. Dies wird regelmäßig mit dem Hinweis auf das Schulsystem begründet. Doch wie sieht die Realität aus? Die Bildungsausgaben liefern einen ersten Hinweis, denn Finnland gab im Jahr 2008rund 5,6 % seines Bruttoinlandprodukts für Bildung aus. Im Vergleich dazu sind es in Deutschland nur 4,7 % (der OECD-Durchschnitt liegt bei 5,7 %). Mit diesem Geld wird eine kostenlose Bildung für alle Bevölkerungsschichten ermöglicht. Dabei sind auch die Kosten für Bücher, Lehrmaterial oder das Schulessen mit abgedeckt. Anders als in Deutschland werden die Kinder nicht nach der vierten Klasse je nach Leistung auf die Haupt-, Realschulen und Gymnasien verteilt, sondern die Einheitsschule gilt für alle Schüler von der ersten bis zur zehnten Klasse. Wer im Anschluss daran sein Abitur machen möchte, muss eine Aufnahmeprüfung absolvieren und hat dann zwei bis vier Jahre Zeit dafür. Und das ist nicht die Ausnahme, denn in Finnland liegt die Quote der Schüler, die das Abitur machen, bei 90 % (in Deutschland bei 43,1 %). Kritiker des Schulsystems in Deutschland führen das immer als Beweis dafür an, dass in Deutschland die Schüler viel zu früh getrennt werden und sie viel länger gemeinsam lernen sollten. Nach dem Schulabschluss ist je nach Zugangsvoraussetzungen eine Berufsausbildung / Lehre oder ein Studium möglich. Hier gibt es im Vergleich zu Deutschland keine größeren Unterschiede. Gebühren für ein Studium werden in der Regel nicht erhoben, es findet jedoch ein strenges Auswahlverfahren statt.

https://www.immonet.de/schulen/schulsystem-in-deutschland-vs-international.html

Woher ich das weiß:Recherche
Deponentiavogel  03.11.2018, 13:58

Alle genannten Punkte stehen in keinem relevanten kausalen Zusammenhang mit dem hervorragenden Abschneiden Finnlands bei PISA. Wenn man den internationalen Vergleich anstellt, sieht man, dass das Leistungsniveau weder mit dem Bildungsetat noch der Einheitsschule zusammenhängt.

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Kiekschapp  03.11.2018, 14:14
@Deponentiavogel

entscheidend ist ja u.a. auch , wie es ( das Geld ) eingesetzt wird

Aber als ich dann in Helsinki eine zweijährige Arbeitsperiode als Grundschullehrer in Angriff nahm, war ich von dem, was ich vorfand, überrascht. Ich entwickelte ein 6-Buchstaben-Akronym, das die wichtigsten Merkmale der finnischen Bildung beschreibt. Es heißt SIMPLE (SIMPEL): Sensible (Vernünftig), Independent (Eigenständig), Modest (Maßvoll), Playful (Verspielt), Low-stress (Stressarm) und Equitable (Gerecht).

https://finland.fi/de/leben-amp-gesellschaft/die-simple-starke-der-finnischen-bildung/

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Deponentiavogel  03.11.2018, 17:57
@Kiekschapp

Das glaube ich dir schon. Nur hat es eben nur bedingt oder überhaupt nichts mit der Höhe der Finanzierung oder der Schulform zu tun.

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Kiekschapp  03.11.2018, 18:06
@Deponentiavogel

für kostenlose Schulspeisung, Lehrbücher und qualifiziertes Personal braucht man

schon ein gewisses Budget , Investitionen für Gebäude und Inventar kommen noch dazu

In D sehe ich Lehrermangel, Quereinsteiger mit Zeitverträgen,Schulen die viele Jahre nicht saniert wurden....

Die Ursache für den Sanierungsstau im Bereich der kommunalen Infrastrutur ist die Unterfinanzierung der Kommunen. Der Bund stellt nun den Kommunen Geld zur Sanierung von Schulen in Aussicht, mit der Empfehlung, auf die ÖPPs zurückzugreifen

https://www.hintergrund.de/politik/inland/grundgesetzaenderungen-koennten-schulen-systematisch-fuer-private-investoren-oeffnen/

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