Was ist ein Hauptschulabschluss heute in Deutschland noch wert?

8 Antworten

Das kann man mit dem Wachstum der Wirtschaftsblase vergleichen.

Schüler wollen sich vor anderen Schülern behaupten, wollen größere Chancen haben, melden sich bei höheren Schulformen an. Die Lehrer unterstützen dass, weil sie ihren Schülern nicht den Weg verbauen wollen. Das Niveau auf höheren Schulformen muss zwangsläufig sinken, weil viele Schüler dort sind, die früher da nicht gewesen wären. Unter den vielen Schülern wollen sich wieder viele von der Masse absetzen, also wechseln sie wieder zur nächsthöheren Schulform.

Dieser Prozess geht schleichend inflationär von Jahr zu Jahr und von Generation zu Generation.

Irgendwann einmal wird es keine Hauptschule mehr geben. Die Realschule ist die neue Hauptschule und das Gymnasium wird zur Gesamtschule mit ehemaligen Realschülern und ehemaligen Gymnasiasten. Oder es wird nur Gesamtschulen geben und während der Jahre findet eine Sortierung anhand der Leistungen statt.

Die Menschen ändern sich nicht. Es findet nur eine Verschiebung in den Schulformen statt.

Ich sehe allerdings auch keinen Nachteil. 
Gäbe es keine Hauptschulen mehr, müsste sich ein Betrieb, der sonst einen Hauptschüler eingestellt hätte, eben einen Realschüler auswählen, der früher Hauptschüler gewesen wäre. Das kann er an den Noten erahnen.

Brieftasche1982  30.10.2017, 15:47

Die Sortierung innerhalb der Gymnasien existiert ja bereits. In den Innenstädten finden sich dann die Topgymnasien. Ich kenne Gymnasien, die mittlerweile auch Hauptschüler angenommen haben in NRW.

Der Schulleiter hat hier die Wahl: Hauptschüler aufnehmen oder weniger Schüler an der Schule haben. letzteres hat zur Konsequenz, dass Kollegen versetzt werden.

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Ich halte nichts davon die Intelligenz eines Menschen anhand seines Abschlusses zu messen. Dazu habe ich in der Hinsicht genug erschreckende und abschreckende Beispiele kennengelernt. Der Sohn der Freundin meiner Mutter hat "nur" einen Hauptschulabschluss war mal 2 Jahre auf einer Förderschule, der hat mittlerweile eine eigene Firma und mehr Haus- und Sachverstand als mancher Akademiker.

Ich habe an der Uni eine Psychologiestudentin kennengelernt die im 5. Semester, kurz vorm Abschluss nicht mal die relevanten Studieninhalte wiedergeben konnte. Im Büro meines Mannes sitzt eine Frau, Ende 20 mit einer abgeschlossenen kaufmännischen Lehre und einer abgeschlossenen! Buchhalterprüfung, die nicht in der Lage ist zb. von einem 35 Euro Warenwert 10% auszurechnen ohne nach dem Taschenrechner zu greifen und kompliziert auf 4 falsche Ergebnisse zu kommen. Das ist kein Witz, das sind reale Geschehnisse.

Da ist nicht davon auszugehen, dass die Menschen immer intelligenter werden, im Gegenteil, die Leute verblöden immer mehr. Wir hatten früher Grundrechenarten bis zum erbrechen gelernt. Was nützt es wenn man in der Pubertät Exponentialfunktionen berechnen kann aber bei 36 : 12 den Taschenrechner in die Hand nimmt? Das ist nur noch Bulimielernen. Wiedergeben was gefordert wird, was man nie mehr im Arbeitsleben braucht und Grundlegendes wird völlig außer Acht gelassen.

Ich würde immer Qualität vor Quantität bevorzugen und lieber einem Hauptschüler einen Lehrplatz vergeben der logisch denken kann als einem Einser-Abiturienten wo man das Gefühl hat der findet ohne fremde Hilfe den Weg in die eigene Hose nicht.

Allem Anschein zum Trotz: Der Hauptschulabschluss ist, gerade auf dem Land, ein angesehener Bildungsabschluss, mit dem einen viele Türen offen stehen. Gerade im Handwerk wird händeringend nach neuen Arbeitskräften gesucht. Hier sind Bewerber mit einem guten Hauptschulabschluss gern gesehen. 

Hat man eine Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen und zusätzlich noch mindestens eine dreijährige Berufspraxis erlangt, kann man sogar ein fachgebundenes Studium beginnen. Mit einem Meisterabschluss erwirbt man gar die allgemeine Hochschulzugangsberechtigung, die dem Abitur gleichgestellt ist – früher undenkbar.  

Man muss also nicht mehr zwingend das Abitur machen, um ein Studium zu beginnen. In der Hinsicht gibt es für Menschen mit Hauptschulabschluss heute deutlich mehr Möglichkeiten als damals. Daran sieht man auch, dass das ganze Gemeckere, die Schulabschlüsse würden immer mehr an Wert verlieren, im Endeffekt nur eine Farce ist, mit der Realität aber wenig zu tun hat. 

Ich denke das hat in erster Linie mit dem verändertem Image der Schulformen zu tun. Meine ältere Schwester hat ihren Hauptschulabschluss noch gemacht, ohne dass irgendwer das hinterfragt hat. "Mädchen sind später ja eh Hausfrau" und so. Damals hieß das eigentlich auch nur, dass man eben aus einer Arbeiterfamilie kommt und den häufigsten Abschluss macht. 

Heutzutage suchen viele Arbeitgeber nach Abiturienten, weil das Leistungsnivo auf niedrigeren Stufen angeblich zu gering ist, oder weil man der Überzeugung ist dass Hauptschüler zu unkultiviert für den Beruf sind. Ein weiterer Faktor sind sicherlich die Entwicklungen in der Technik, die seinerzeit dummdreist ignoriert wurden.

Allem Alarmismus und aller reflexhaften Miesmacherei zum Trotz: Mit einem guten Hauptschulabschluss stehen einem hierzulande viele Ausbildungsberufe mit guten Berufschancen offen, insbesondere im Handwerk. 

Man muss allerdings regional differenzieren: In Bayern auf dem Land sieht die Situation gut aus, in Berlin oder Hamburg ist ein Hauptschulabschluss tatsächlich nicht besonders angesehen.