Was ist der Unterschied zwischen evangelikal und evangelisch?

6 Antworten

Im Optimalfall haben Evangelikale eine bibeltreuere Ausrichtung und distanzieren sich von der historisch-kritischen Bibelexegese und dem Liberalismus der universitären Theologie der evangelischen Kirche.

Die Frage ist, ob der Begriff "Evangelikale" noch sinnvoll ist, weil so viele verschiedene Gruppierungen dazugerechnet werden und durch die USA dieses Wort für einige recht negativ belegt ist.

Wenn ein Mensch in die katholische Kirche eintritt, dann wird er Teil der einen katholischen Weltkirche. Tritt hingegen ein Mensch in eine evangelische Kirche ein, dann tritt er in eine bestimmte Landeskirche ein, und zwar in die Kirche, auf deren Territorium er wohnt. Jede Landeskirche hat dabei ihr eigenes Profil.
Diese Struktur hängt mit der Reformation zusammen. Während im Süden des damaligen Deutschen Reiches der Einfluss von Reformatoren wie Ulrich Zwingli und Johannes Calvin besonders prägend war, empfing der Norden und Osten des heutigen Deutschlands seine wesentlichen Impulse von Martin Luther und Philipp Melanchthon. Man kann deshalb zwei wesentliche Linien unterscheiden, die von der Reformation ausgehen und das Profil heutiger Landeskirche bestimmen: die reformierte (Zwingli, Calvin) und die lutherische (Luther, Melanchthon) Prägung.

https://www.evangelisch.de/inhalte/113460/19-09-2013/lutherisch-reformiert-uniert-alles-evangelisch

Beides sind evangelische Kirchen.

Evangelikale finden sich vor allem in den Freikirchen (Baptisten, Methodisten, Heilsarmee..." . Es gibt auch solche in den obgenannten Kirchen. Sie bilden dort einfach eine Minderheit an Gläubigen.

Evangelikale machen eine persönliche Beziehung zu  Jesus Christus zur Grundlage ihres  Christentums; persönliche Willensentscheidungen wie auch individuelle Erweckungs- und  Bekehrungserlebnisse sind für eine solche Beziehung von Bedeutung. Zentral ist ebenso die Berufung auf die (zumeist als irrtumsfrei und unumstößlich angesehene) Autorität der  Bibel.
https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelikalismus

Als evangelisch wird ein ganz großer Teil der christlichen Kirchen bezeichnet, im weiteren Sinne sind es alle Kirchen der Reformation. Im engeren Sinne sind es in Deutschland vor allem die Landeskirchen der EKD. Diese sind entweder evangelisch-lutherisch, evangelisch-reformiert oder, eine historische Mischform daraus: uniert.

Aber auch andere, kleinere (Frei-)Kirchen tragen das im Namen, so zum Beispiel die Evangelisch-Methodistische Kirche und der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten).

Ursprünglich stammt der Begriff aus der Reformationszeit und wies auf die wieder neu betonte Bedeutung der Bibel in diesen Kirchen hin (die katholische Kirche hat neben der Bibel auch die Tradition, wie die Lehren der sogenannten Kirchenväter, und die päpstliche Lehre als wichtig Quellen des Glaubens).

Evangelikal ist ein Begriff, der ursprünglich aus den USA stammt, und einen Teilbereich der evangelischen Christenheit meint. Heute bezeichnet man in Deutschland vor allem pietistische oder pfingstlerische Gruppen damit. Bei allen Unterschieden, ist ihnen oft eine sehr wörtliche (enge?) Auslegung der Bibel gemeinsam. Dies ist vielfach – nach meinem Eindruck – mit einem sehr konservativen Familien- und Gesellschaftsbild verbunden. Eher selten findet man Offenheit zur ökumenischen Zusammenarbeit mit anderen Konfessionen.

Evangelikalismus ist eine Unterströmung des Protestantismus:

Ihm geht es vor allem um ein besonders intensives Verhältnis zu Gott, das lässt sich bei vielen großen (trumpfreundlichen) Gemeinden in den USA, aber auch hier in der BRD erkennen.

Zumeist wird hier der Gottesdienst zu einem sensationellen Erlebnis mit Teufelsaustreibung, Erfahrung des Heiligen Geistes etc. Gleichzeitig hat die Bibel absolute Autorität, was dieser religiösen Strömung einen nicht ungefährlichen Dogmatismus verleiht.

LG

RStroh  22.02.2022, 14:49

Du hast Charismatisch mit Evangelikal durcheinandergebracht.

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bobby68  22.02.2022, 15:14
@Rocker73

Die Charismatische Bewegung ist eine Untergruppe der Evangelikalen. "Offiziell" anerkennt man sich, hinter vorgehaltener Hand denken viele Charismatiker, dass die Evangelikalen keine "richtigen" Christen seien, weil ihnen die Geistesgaben fehlen. Die Evangelikalen wiederum haben oft Mühe mit der Charismatik, weil sie ihre Doktrin anders auslegen (Geistesgaben sind heute vorbei oder manifestieren sich anders als bei den Charismatikern etc). Das Verhältnis ist teilweise angespannt, andernorts funktioniert es tatsächlich.

https://de.wikipedia.org/wiki/Charismatische_Bewegung

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UW1969  22.02.2022, 15:42
@bobby68
  • "Offiziell" anerkennt man sich, hinter vorgehaltener Hand denken viele Charismatiker, dass die Evangelikalen keine "richtigen" Christen seien, weil ihnen die Geistesgaben fehlen.

Ich bin evangelikal-charismatischer Christ und habe in den letzten Jahren viele charismatische Christen aus den unterschiedlichsten Konfessionen kennengelernt. Das hat mir "hinter vorgehaltener Hand" noch keiner gesagt, kann aber nicht ausschließen, dass es das nicht gibt. Das ist durchaus möglich, ist aber bestimmt nicht die Regel.

Ich sehe das so: Bekehrung/Wiedergeburt ist der Beginn des Christseins.Hier findet dann auch der erstmalige Geistempfang statt und das ist die Voraussetzung, um Geistesgaben zu empfangen (nicht die "Geistestaufe"!). Jeder Christ empfängt Geistesgaben, unabhängig davon, ob er den pfingstlich-charismatischen Bewegungen angehört. Insofern ist dann auch jeder Christ ein Charismatiker, nicht nur Christen, welche der charismatischen Bewegung (entstanden in den 1950er/1960er Jahren) angehören. Umstritten ist allerdings unter Christen im evangelikalen Spektrum, ob es bestimmte Charismen (z. B. Sprachenrede) in der nachapostolischen Zeit noch gibt.

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bobby68  22.02.2022, 16:11
@UW1969

Schön, dass Du bisher nur gute Erfahrungen machen durftest. Wenn Du nicht an die Geistestaufe glaubst, bist Du auch kein "Pfingstler" und gehörst somit auch nicht zur Charismatischen Bewegung. Nach traditioneller Auslegung würde man Dich somit zu den Evangelikalen zählen.. Ist aber egal, Du kannst Dich nennen wie Du willst und es ist auch egal wie andere Dich nennen.

Die Charismatische Bewegung (siehe Link oben) setzt die sogenannte Geistestaufe voraus, sonst gehört man nicht dazu. Ich habe meinen Kommentar deshalb abgegeben weil ich darauf hinweisen wollte, dass auch Mitglieder dieser Charismatischen Bewegung sich als Teil der grossen evangelikalen Bewegung sehen - was umgekehrt von einem Teil der Evangelikalen abgelehnt wird.

Sei's drum, ich bin weder evangelikal noch Charismatiker und das ist auch gut so. Mit geht es hier nicht um Werbung sondern einzig und allein um Aufklärung :)

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UW1969  22.02.2022, 17:36
@bobby68
  • Die Charismatische Bewegung (siehe Link oben) setzt die sogenannte Geistestaufe voraus, sonst gehört man nicht dazu

In der Charismatischen Bewegung unterscheidet man zwei Hauptströmungen: Die innerkirchlichen charismatischen Erneuerungsbewegungen und die neocharismatische Bewegung.

Von den innerkirchlich charismatischen Erneuerungsbewegungen wird die Geistestaufe, so wie es oft von den klassischen Pfingstkirchen vertreten wird, nicht gelehrt.

In der neocharismatischen Bewegung ist die Geistestaufe umstritten. Manche neocharismatische Christen glauben an die "Zwei-Stufen-Lehre" wie viele Pfingstler, z. B. in den unabhängigen charismatischen Gemeinden, welche der Pfingstbewegung nahe stehen. Eine Ausnahme bildet beispielsweise die "Vineyard-Bewegung", welche die Position der konservativen Evangelikalen lehrt: Die Geistestaufe findet bei der Wiedergeburt statt.

Lukanischer Ansatz: Die Geistestaufe folgt in der Regel nach der Bekehrung/Wiedergeburt.

Paulinischer Ansatz: Die Geistestaufe findet bei der Bekehrung/Wiedergeburt statt.

  • Wenn Du nicht an die Geistestaufe glaubst, bist Du auch kein "Pfingstler" und gehörst somit auch nicht zur Charismatischen Bewegung.

Der Begriff "Pfingstbewegung" kann eng oder weit definiert werden. Im engeren Sinn ist damit die klassische Pfingstbewegung gemeint, die um 1900 in den USA entstanden ist.

Ich gehöre der "Geistlichen-Gemeindeerneuerung in der evangelischen Kirche" (GGE) an, einer innerkirchlichen charismatischen Bewegung, bin also kein Pfingstler (im engeren Sinn).

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Ist eng miteinander verwandt.

Evangelikal heißt, Lehre im Sinn des Evangeliums, also bibeltreu.

Evangelisch sind Menschen, die der protestantischen Kirchen angehören. Leitet sich langfristig von Martin Luther ab, der die Bibel wieder zurück ins Zentrum des Glaubens stellte.

RStroh  22.02.2022, 14:53

Ergänzung: Auch die Reformierten werden gern als 'evangelisch' betrachtet (z.B hier in Österreich).

Es gibt auch den Begriff 'Protestanten', der gern für Evangelische' verwendet wird.

Der Begriff 'Freikirchen' wird allgemeiner verwendet. Er umfasst neben den Evangelikalen auch Baptisten, Pfingstler, Mennnoniten.

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bobby68  22.02.2022, 15:18
@RStroh

Der Begriff "evangelisch" soll mitteilen, dass das Evangelium im Mittelpunkt steht, anders als beispielsweise bei der röm.-kath. Kirche mit der Tradition und dem Lehramt. Der Begriff "Protestant" ist etwas älter und meint, dass diese Menschen gegen etwas protestieren, nämlich gegen die röm.-kath. Kirche. Beide Begriffe bezeichnen die Kirchen, die mit oder nach der Reformation entstanden sind, nicht aber die Sondergruppen.

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UW1969  22.02.2022, 15:28
@RStroh
  • Der Begriff 'Freikirchen' wird allgemeiner verwendet. Er umfasst neben den Evangelikalen auch Baptisten, Pfingstler, Mennnoniten.

Nicht alle Evangelikale sind in den Freikirchen. Viele evangelikale Christen sind in den evangelischen Landeskirchen.

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