Was ist das Gegenteil des Konstruktivismus? (Philosophie)

5 Antworten

Ich weiß nciht genau wieviel Vorwissen du mitbringst und welches Erkenntnisinteresse dahinter steht, frag ggf. nochmal nach, aber hier eine grobe Einteilung für philosophisch Fortgeschrittene:

Heutzutage würde man dem Konstruktivismus den (ontologischen) Realismus entgegensetzen. Die zwei entgegengesetzten Positionen treten überwiegend beim Universalienstreit zutage in dem es (grob vereinfacht) darum geht, ob die Welt so ist wie wir sie wahrnehmen und damit (bspw.) den Naturgesetzen objektive Realität zukommt oder ob wir durch den Prozess des Wahrnehmens und Verarbeitens die Realität in Kategorien und Begriffen verarbeiten, die lediglich ein Abbild der tatsächlichenWelt darstellen, das weitgehend subjektiv bleibt.

Aufs Ganze der philosophischen Diskussion gesehen ist der dahinterliegende Streit so alt wie die Abendländische Philosophie - die Geschichte ist allerdings etwas trickreich, vor allem weil der Begriff des Realismus geschichtlich doppelt besetzt und in gewissem Sinne beide Seiten zugesprochen werden kann. Der semantische Realismus entspricht dem platonischen Idealismus und geht damit von einer, durch die Vernunft begreifbare, Realität hinter den beobachtbaren Dingen aus, von dem alles was wir wahrnehmen können nur Abbilder sind. Der Mensch wird als Teil dieser "Ideenwelt" gesehen und ist damit strukturierender (als Seele) und struktureller (als Körper) Teil der "Realität". "Die Existenz von Gegenständen außerhalb des menschlichen Bewusstseins ist weitgehend unbestritten. Ontologischer Realismus bedeutet, dass es diese Gegenstände und Sachverhalte auch ohne den Menschen geben würde. Der Mensch hat keinen Einfluss auf das Dasein und die Struktur der Realität (Wikipedia, ontologischer Realismus)"

Der Konstruktivismus steht damit (in der Philosophie) in einer gewissen idealistischen Tradition, die (platonischen) Ideen (auch von Naturgesetzen etc.) werden aber nichtmehr aus dem Urgrund des Seienden deduziert, sondern als Abstraktionen des Geistes im Bewusstsein konstruiert.

Dem entgegengesetzt ist vor allem wissenschaftliche Positivismus, der als Prinzip der Möglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnis garnicht umhin kommt, anzunehmen dass die Realität unabhängig von unserer Beobachtung existiert. Dies wird aber z.B. von dem Doppelspaltexperiment Heisenbergs in Zweifel gezogen...

Naja, ist auf jeden Fall eine riesen Debatte aber ich hoffe ich konnte ungefähr deutlich machen wo der Unterschied liegt.

In der Moderne wird diese Diskussion unter etwas veränderten Vorzeichen geführt, hier stehen sich (wie shcon von anderen erwähnt) Realismus und Nominalismus (Konstruktivismus ist nominalistisch

Anhang Universalienstreit (Auszug aus Wikipedia):

"Ausgangspunkt der Debatte über die Universalien ist die Ideenlehre Platons, der z. B. im Phaidon die These vertrat, dass Ideen eine eigenständige Existenz haben. Als Universalien wurden im Lauf der Auseinandersetzungen sehr unterschiedliche gedankliche Prinzipien gekennzeichnet. Neben den angesprochenen Ideen Platons waren dies vor allem Regeln, Tugenden, Transzendentalien, Kategorien oder Werte. Die Position, die von der Existenz solcher abstrakter Entitäten ausgeht, wird Realismus genannt. Es handelt sich dabei wohlverstanden um den sogenannten semantischen Realismus, dessen Bedeutung in einem gewissen Sinn demjenigen des ontologischen Realismus entgegengesetzt ist (vgl. Realismus).

Die Vertreter der Gegenposition, des Nominalismus (lateinisch nomen = Name), sind der grundsätzlichen Auffassung, dass alle Allgemeinbegriffe gedankliche Abstraktionen sind, die als Bezeichnungen von Menschen gebildet werden. Sie würden demnach nicht von der Idee eines Tellers reden, sondern den Begriff „Teller“ als Namen für eine Gruppe von Gegenständen auffassen. Realität kommt nach Auffassung von Nominalisten nur den Einzeldingen zu."

Von welcher Form des Konstruktivismus sprechen wir denn? konstruktivismus ist ja nicht gleich konstruktivismus...gibt da ja schon einige Unterschiede, auch wenn alle Formen der Erkenntnistheorie zuzuordnen sind..

JudSues 
Fragesteller
 30.04.2014, 18:48

Konstruktivismus allgemein, such dir eins aus ;)

Es muss ja irgendein Begriff geben, von dem sich der Konstruktivismus absetzt.

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In der Erkenntnistheorie: Realismus.

Lernpsychologie: Kognitivismus.

Oberfrosch  01.05.2014, 17:13

Definitiv falsch. Letzteres ist sogar grottenfalsch.

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DeutscherIdiot  02.05.2014, 16:01
@Oberfrosch

Das zweite könnte tatsächlich falsch sein. Das erste ist aber absolut richtig; siehe hierzu einfach mal die Definitionen von Realismus und von radikalem Konstruktivismus(der ja Konstruktivismus in der Erkenntnistheorie ist).

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Destruktivimus. Die gegenteilige Wortbedeutung von construere ist destruere. Paraphrasiert heißt construere erbauen und destruere zerstören.

Aber vielleicht wurde das auch wie so vieles umdefiniert. Für mich als Logiker ist das verwendete Deutsch heute eine Abänderung der ursprünglichen Sprache.

JudSues 
Fragesteller
 30.04.2014, 23:03

naja, ich habe noch nie von einem Destruktivisten in der Philosophie gehört...

Ich frage ja nicht nach dem Gegenteil vom konstruieren, sondern nach dem Gegenteil vom Konstruktivismus als philosophische Strömung.

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ScioNihilScire  01.05.2014, 12:14
@JudSues

Terminologisch gesehen, habe ich Recht, "Aber vielleicht wurde das auch wie so vieles umdefiniert. Für mich als Logiker ist das verwendete Deutsch heute eine Abänderung der ursprünglichen Sprache."

Schade: Die Verwendung einer korrekten Sprache würde Vieles vereinfachen.

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Ich werfe mal "Realismus" in die Runde.

JudSues 
Fragesteller
 30.04.2014, 17:56

Ist das nicht die Gegenposition zum Idealismus?

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Suboptimierer  30.04.2014, 18:03
@JudSues

Ich habe um ehrlich zu sein nur den ersten Satz von Wiki genommen:

Wird die Existenz einer denkunabhängigen Realität angenommen, spricht man von metaphysischem oder ontologischem Realismus.

Konstruktivismus verbinde ich immer mit einer denkabhängigen Realität, also mit einem Konstrukteur.


Ich war mir auch nicht sicher, dachte nur, ich könnte ja mal etwas einbringen und selber was lernen.

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JudSues 
Fragesteller
 30.04.2014, 18:07
@Suboptimierer

Hab auch den Artikel gelesen und da steht

Die klassische Gegenposition zum erkenntnistheoretischen Realismus ist der Idealismus.

Aber vielleicht ist das ja nur für den erkenntnistheoretischen Realismus?

Mal sehen, was noch für Antworten kommen :)

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Suboptimierer  30.04.2014, 18:18
@JudSues

Wenn du die Antwort hast, dann mache mal ein Schaubild und stelle das hier rein. Da steigt doch bald niemand mehr durch ;)

Es gibt ja bald schon pro Mensch auf der Welt ein -ismus, dem er angehört. Ich bin Anhänger des Suboptimismus ^^

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