was bedeutet nietzsche zitat?

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Der Ausdruck „zugrunde gehen“ bedeutet „untergehen“, „umkommen“, „vernichtet werden“, „zerstört werden“, „verelenden“, „ins Verderben geraten“, „sterben“.

Das Zitat steht in einem Abschnitt, in dem es um die Verkündigung des »Übermenschen« geht, und „zugrunde gehen“ bedeutet „untergehen“ (mehrfach Aussage über „Untergang“).

Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen. Teil 1 (1883). Zarathustra's Vorrede. 4.

„Zarathustra aber sahe das Volk an und wunderte sich. Dann sprach er also:

Der Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Thier und Übermensch, — ein Seil über einem Abgrunde.

Ein gefährliches Hinüber, ein gefährliches Auf-dem-Wege, ein gefährliches Zurückblicken, ein gefährliches Schaudern und Stehenbleiben.

Was gross ist am Menschen, das ist, dass er eine Brücke und kein Zweck ist: was geliebt werden kann am Menschen, das ist, dass er ein Übergang und ein Untergang ist.

Ich liebe Die, welche nicht zu leben wissen, es sei denn als Untergehende, denn es sind die Hinübergehenden.

Ich liebe die grossen Verachtenden, weil sie die grossen Verehrenden sind und Pfeile der Sehnsucht nach dem andern Ufer.

Ich liebe Die, welche nicht erst hinter den Sternen einen Grund suchen, unterzugehen und Opfer zu sein: sondern die sich der Erde opfern, dass die Erde einst des Übermenschen werde.

Ich liebe Den, welcher lebt, damit er erkenne, und welcher erkennen will, damit einst der Übermensch lebe. Und so will er seinen Untergang.

Ich liebe Den, welcher arbeitet und erfindet, dass er dem Übermenschen das Haus baue und zu ihm Erde, Thier und Pflanze vorbereite: denn so will er seinen Untergang.

Ich liebe Den, welcher seine Tugend liebt: denn Tugend ist Wille zum Untergang und ein Pfeil der Sehnsucht.

Ich liebe Den, welcher nicht einen Tropfen Geist für sich zurückbehält, sondern ganz der Geist seiner Tugend sein will: so schreitet er als Geist über die Brücke.

Ich liebe Den, welcher aus seiner Tugend seinen Hang und sein Verhängniss macht: so will er um seiner Tugend willen noch leben und nicht mehr leben.

Ich liebe Den, welcher nicht zu viele Tugenden haben will. Eine Tugend ist mehr Tugend, als zwei, weil sie mehr Knoten ist, an den sich das Verhängniss hängt.

Ich liebe Den, dessen Seele sich verschwendet, der nicht Dank haben will und nicht zurückgiebt: denn er schenkt immer und will sich nicht bewahren.

Ich liebe Den, welcher sich schämt, wenn der Würfel zu seinem Glücke fällt und der dann fragt: bin ich denn ein falscher Spieler? — denn er will zu Grunde gehen.

Ich liebe Den, welcher goldne Worte seinen Thaten voraus wirft und immer noch mehr hält, als er verspricht: denn er will seinen Untergang.

Ich liebe Den, welcher die Zukünftigen rechtfertigt und die Vergangenen erlöst: denn er will an den Gegenwärtigen zu Grunde gehen.

Ich liebe Den, welcher seinen Gott züchtigt, weil er seinen Gott liebt: denn er muss am Zorne seines Gottes zu Grunde gehen.

Ich liebe Den, dessen Seele tief ist auch in der Verwundung, und der an einem kleinen Erlebnisse zu Grunde gehen kann: so geht er gerne über die Brücke.

Ich liebe Den, dessen Seele übervoll ist, so dass er sich selber vergisst, und alle Dinge in ihm sind: so werden alle Dinge sein Untergang.

Ich liebe Den, der freien Geistes und freien Herzens ist: so ist sein Kopf nur das Eingeweide seines Herzens, sein Herz aber treibt ihn zum Untergang.

Ich liebe alle Die, welche wie schwere Tropfen sind, einzeln fallend aus der dunklen Wolke, die über den Menschen hängt: sie verkündigen, dass der Blitz kommt, und gehn als Verkündiger zu Grunde.

Seht, ich bin ein Verkündiger des Blitzes und ein schwerer Tropfen aus der Wolke: dieser Blitz aber heisst Übermensch.“

Die goldenen Worte sind glanzvolle und wertvolle Worte. Der die Worte seinen Taten Vorauswerfende ist hier inhaltlich anscheinend jemand, der eine Lehre vom Übermenschen verkündet. Bisher hat nach Nietzsches Auffassung noch kein Übermensch in vollem Sinn gelebt. Daher kommen zuerst Worte über ihn, dann Taten. Ein Übermensch unternimmt Selbstüberwindung, was mit einem Untergehen seines alten Zustandes verbunden ist.

Ein Verkünder des Übermenschen ist jemand, der Zukünftige rechtfertigt, die versuchen, ein Leben nach dem Entwurf des Übermenschen zu leben. Das Leben eines Übermenschen ist besser als ein alter Zustand voller Mängel, der überwunden werden sollte. Die Überwindung wird als Befreiung bewertet, gefühlsbetont ausgedrückt als Erlösung. Wer die Lehre vom Übermenschen verkündet und danach zu leben versucht, begibt sich nach Nietzsches Überzeugung in Gefahr. Er wird bei vielen Menschen der Gegenwart auf Unverständnis und Abnlehung stoßen und kann daran schweitern/erfolglos sein. Nietzsche äußert sein Zuneigung zu Menschen, die trotzdem zu dem Versuch bereit sind.

Der Übermensch ist in Nietzsches Werk ein von Zarathustra verkündeter Entwurf eines zukünftigen Menschentypus.

Der gewöhnliche Mensch soll nach Nietzsche überwunden werden, weil er Mängel aufweist, weit entfernt von echter Größe ist und es ein erstrebenswertes Ziel der persönlichen Entwicklung darstellt, immer wieder neu schöpferisch tätig zu sein und damit über sich hinauszugehen (werde, der du bist), über sich hinaus schaffen zu wollen. Der Übermensch ist durch ein ständiges Überwinden im Sinne eines Schaffens ohne einen bestimmten, abschließenden Endzweck gekennzeichnet.

Der Übermensch liegt auf der Linie des Willens zur Macht. Er weist Kraft und Größe auf. Nicht die bloße Selbsterhaltung der eigenen Existenz ist nach Nietzsches Auffassung das, was angestrebt wird und den höchsten Sinn darstellt, sondern ein gesteigertes und intensiv erlebtes Leben, Mehrung der Macht, ihr Wachstum und ihre Ausbreitung.

Nietzsche hat eine geistesaristokratische Einstellung. Verkündet wird, der Übermensch sei der Sinn der Erde. Die Masse hält Nietzsche für unfähig zu eigener Produktivität/schöpferischer Tätigkeit, mittelmäßig, Fremdbestimmung unterliegend, manipulierbar, durch Anpassung und Konformismus mit einer Herdenmoral, durch Abflachung und Oberflächlichkeit gekennzeichnet. Das Ziel der Menschheit liegt nach Nietzsches Auffassung in ihren höchsten Exemplaren (großen Individuen, schöpferischen Genies).

Einzelne Individuen sind nach Nietzsche fähig zum Schaffen und zum Setzen von Werten. Sie sind Schöpfer auf dem Gebiet der Kultur, Philosophen, Künstler, Genies. Der Übermensch ist eine Art Genie, ein schöpferischer Ausnahmemensch, das Werte setzende, Werte schaffende große Individuum. Für einen höchsten Typus der Wohlgeratenheit, ein erstrebenswertes Ziel der eigenen Entwicklung in Selbstüberwindung wird an einigen Stellen die Bezeichnung »Übermensch« verwendet. Er ist das aus eigener Kraftvollkommenheit jasagende Wesen, mit dem eine Umwertung aller Werte einsetzen und der Nihilismus überwunden werden könnte.

Dem Übermenschen gelingt nach Nietzsches Standpunkt anders als dem gewöhnlichem Menschen, „jenseits von gut und böse“ zu leben, das heißt sich von Vorschriften einer herrschenden Moral mit nicht objektiv gültigen Urteilen zu befreien und so selbstbestimmt zu sein.

Nietzsche mahnt an je nach Gelegenheit in Sachen Gesellschaft und Natur etwas für künftige Generationen zu tun und vergangene sind nicht schuld, sondern immer die jeweiligen Imperative, die in die Zustände der Gegenwart geführt haben. Solche Zitate zu deuten ist oft eine Herausforderung. Und wie man sieht ist dieses Zitat immer aktuell.