Warum wollen Jugendliche nicht im Handwerk arbeiten?

Das Ergebnis basiert auf 32 Abstimmungen

Andere Branchen zahlen besser 47%
Faulheit 44%
Billige Arbeitskräfte und Lohndumping 9%

20 Antworten

Faulheit

Ganz einfach: Dann müssten sie nämlich "echt was arbeiten" - also so körperlich und schweisstreibend und so.

Tatsächlich ist es doch "viel einfacher" zu studieren und sich den Hintern in einer Uni platt zu sitzen - selbst wenn man die Klausuren nichts schafft. Die kröperlichen Arbeiten sollen gefälligst die "Arbeiter" machen.

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Auch wenn es böse klingt - aber tatsächlich erzählen Eltern ihren Kindern heutzutage viel zu häufig, dass es sich "nicht lohne" einen handwerksberuf zu erlernen und dass die Zukunft für sie (das Kind und die Eltern) eben in einem Universitätsabschluss liegen würde.

Und genau deswegen erlernen immer weniger junge Menschen einen Handwerksberuf - und stehen daher auch immer weniger Handwerker zur Verfügung.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
MihaiBircea 
Fragesteller
 08.08.2023, 19:51

Naja....2500€ brutto für ein Elektriker, Mindestlohn für Friseure, 2600€ brutto für Bauarbeiter, Maurer, Dachdecker oder Zimmermann

2015 hätte ich ja gesagt. Mann kann sich etwas leisten, aber bei jetziger gewaltiger Preisunterschied von vor 7 Jahren....Mieten, Lebensmittel, Autokosten, Freizeit, Versicherungen etc.... Viel Glück mit so viel alles zu finanzieren

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Traveller5712  08.08.2023, 19:53
@MihaiBircea

Dir ist aber schon klar, dass niemand sich soviel leisten muss, dass er mit einem Ausbildungsgehalt schon alles möglich finanzieren muss?

Übrigens: Mein erstes Ausbildungsgehalt als Elektroniker lag bei 756 DM - also rund 350 EUR. Nur mal so am Rande

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Lottgames  12.12.2023, 20:20

Ich glaube einfach dass es keine Interesse mehr gibt weil Studium auch keine Faulheit ist

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Wetterfred79  07.03.2024, 05:21

Es gibt schon noch Bereiche, vor allem im textilen Handwerk, in denen ordentlich bezahlt wird. 3000-4000 Brutto sind hier realistisch.

Teilweise muss man tiefgehend recherchieren um gut bezahlte Jobs zu finden und das ist auch schon echt anstrengend.

Ich habe mich schon mit Firmen unterhalten in denen die Devise ist: Wir nehmen keine Azubis aus der Gen Z auf.

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Traveller5712  07.03.2024, 09:32
@Wetterfred79

Recherche ist das A und O - vor allem in den heutigen Zeiten in denen dies nun wirklich mehr als nur einfach ist. Zu meiner Zeit gabe es nur das berufs-Informations-Zentrum im Arbeitsamt und direkte Nachfragen bei den Firmen.

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Alle sprechen von Handwerkermangel, aber habt ihr euch schonmal die Ausbildung angesehen? Das wundert mich nicht, dass das keiner mehr machen will..

Mein Sohn hat im August eine Ausbildung zum Industriemechaniker angefangen...er ist erst 15 und hat die Schule nach der 9 Klasse mit dem Hauptschulabschluss abgeschlossen.

Aber was dort von den Schülern in der Berufsschule gefordert wird ist echt der Hammer....errechnen von irgendwelchen sin/cos Sachen..muss das sein? Klar gehört das irgendwie dazu, aber bekommt man in der Praxis nicht alles aus der Technik vorgegeben? Sollte das Praktische nicht im Vordergrund stehen....

Ich kann da nur den Kopf schütteln, da muss sich gewaltig was ändern.....

Von Experte Udavu bestätigt

Viele Handwerksberufe sind körperlich belastend. Diese körperliche Belastung schafft man mit 20, 30, 40 sicherlich gut, wenn man grundsätzlich die körperlichen Voraussetzungen dafür mitbringt. Aber dann wird es mit jedem Jahr schwieriger, der Körper verschleißt, die Fitness lässt nach. Gerade das Thema Verschleiß, zum Beispiel an Gelenken, wird durch die körperlichen Belastungen auch noch beschleunigt und verstärkt.

Nun ist es aber so, dass jemand, der heute in die Arbeitswelt einsteigt, mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen muss, dass das Renteneintrittsalter eher steigt als sinkt. Damit zu rechnen, dass man vor dem 70. Lebensjahr in Rente gehen kann, wenn man heute in den Beruf einsteigt, wäre einfach nur naiv.

Und wie kann man junge Menschen dann nicht verstehen, wenn sie sich gegen einen Beruf entscheiden, den sie nahezu sicher nicht bis zum 70. Lebensjahr ausüben können? Wenn sie stattdessen lieber Berufe wählen, wo diese Chance deutlich besser ist, weil es sich eben gerade nicht um körperlich belastende Berufe handelt?

Faulheit

Ich denke es liegt sehr viel an Faulheit und an falscher Erziehung. Die Faulheit betrifft aber nicht nur die Jugendlichen, sondern auch die Eltern. Ich habe oft Aussagen von anderen Eltern in meinem Umfeld gehört, da blieb mir die Spucke weg.

Ein paar Beispiele:

1.) Junge Familie, 1 Kind, besucht die Kita, sie zu Hause, er Schichtdienst. Sie ziehen um, die neue Wohnung muss gestrichen werden. Es wird von der Hausverwaltung gefordert, dies zu übernehmen. Begründung: Mit einem kleinen Kind kann man nicht streichen, das geht absolut nicht.

Blödsinn, natürlich geht das!

2. Auch Familie, 2 Kinder, eins davon ausgezogen, eins in Ausbildung. Beide Eltern arbeiten, aber entspannte Berufe, wenig Stress, viel Freizeit. 2 Wochen vor Ostern. Ich: Ich muss heute noch schnell die Fenster putzen, damit ich dekorieren kann. Sie: Nee, den Stress mach ich mir jetzt nicht.

Fensterputzen ist Stress? Seit wann??

3. Habe im Haus ein Päckchen angenommen. Sage per WhatsApp Bescheid, da der Bote nie eine Benachrichtigung hinterlässt. Antwort: Ich kann es jetzt nicht abholen, Kind wird in ca. 30 Minuten ins Bett gebracht, ist mir jetzt zu stressig.

Ähm...zwischen uns liegen nur ein paar Stufen...

4. Bekannte möchte/ muss mehr sparen. Da sie weiß, dass ich das sehr gut kann und sich schon öfter gefragt hat, wie ich das immer mache, möchte sie, dass ich ihr helfe, sie weiß nicht wo und wie sie anfangen soll. Sie muss dringend sparen, hat finanzielle Probleme. Okay, mache ich gerne, kein Problem. Wir wohnen hier einkaufstechnisch super. Edeka, Lidl, Netto, Rewe, Aldi quasi um die Ecke. Edeka und Rewe sind am nächsten dran. Sie geht immer zu Rewe und kauft nur teure Markenprodukte. Ich rate ihr, zu Aldi und Lidl zu gehen. Einsparpotential bei ihrem Einkaufsverhalten locker 150-200€ im Monat. Nur bei den Lebensmitteln. Ich nenne ihr ein paar Preise zum Vergleich.

Sie: Wow, da kann man ja echt richtig viel sparen, ist ja wahnsinnig. Aber Rewe ist näher dran, das ist mir zu stressig bis zu Aldi und Lidl zu laufen, das geht nicht.

Aldi: Bus hält vor unserer Tür und vor Aldi. Laufen geht auch. 5 Minuten weiter als Edeka oder Rewe.

Lidl: Bus hält vor unserer Tür und höchstens 200m von Lidl. Laufen auch 5 Minuten weiter als zu Rewe und Edeka.

Sorry, aber über diese 5 Minuten mehr Weg, würde ich gar nicht nachdenken, wenn ich dadurch verhindern kann, dass der Gerichtsvollzieher mir die Wohnung mit Vögelchen dekoriert...

Ich hätte noch etliche solcher Beispiele, ich könnte ein ganzes Buch damit füllen. Und wenn die Erwachsenen den Jugendlichen das so vorleben und dann noch die ganzen Influencer den Kids die Ohren mit diesem Lifestyle-Gequatsche vollstopfen, ist es doch klar, daß keiner mehr richtig anpacken will.

Unsere Kinder sind dazu erzogen, stets unabhängig zu sein. Und unabhängig wird man, wenn man sich immer oder zumindest meistens selbst helfen kann. Das geht selten vom Sofa aus. Und das sollten wir allen Kindern wieder näherbringen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Andere Branchen zahlen besser

Oder auch nicht, aber eine neutralere Abstimmungsoption ist leider nicht vorgesehen.

Rechnen wir einfach mal, wir würden mit 16 Elektriker:in werden, dann haben wir nach 45 Berufsjahren vermutlich mehr Lohn erhalten, als ein:e Akademiker:in, der_die mit 28 J. eindlich mal in ein richtiges Gehalt einsteigt und gerade mal 39 Berufsjahre zusammenkriegt. (Nebenbei kann die_der Elektriker auch mit 61 J. ohne Abzüge in die Rente gehen.)

Was hält Jugendliche also vom Handwerk ab?

Ich vermute, dass es als erstes das mangelnde Wissen um die handwerklichen Tätigkeiten sein mag. Die Jugendlichen wachsen in virtuellen Welten am Smartphone auf, alles ist geschriebenes oder gesprochenes Wort, Bilder oder Pläne. Hier den Transfer zurück in die reale Welt zu schaffen und zu sagen, "hey geil, ich will Holz sägen und werde Zimmerfrau_mann!" ist ein langer, manchmal zu langer Weg.

Abhilfe könnten offensivere Angebot des Handwerks zu Schulpraktika, die ja gerade einen Einblick in die Arbeitswelt der verschiedenen Berufe liefern soll, bringen. Oder Ferienjobs für Schüler:innen.

Ich befürchte, hier ist u. a. auch das Handwerk am Zug! Go ahead!