Warum wird beim genetischen Fingerabdruck nur die Nicht-codierende DNA benutzt?

2 Antworten

Weil die Mutationsrate der nichtcodierenden Bereiche sehr viel höher ist als bei den Genen. Wenn ein Gen mutiert, kann das auf den Phänotyp schlimme Auswirkungen haben, nämlich dann, wenn die Mutation zum Funktionsverlust des durch das Gen codierten Proteins führt. Im schlimmsten Fall wirkt sich die Mutation letal aus. Mutationen werden im Bereich der Gene deshalb sehr schnell wieder aus dem Genpool getilgt. Das ist insbesondere bei Genen der Fall, deren Genprodukt eine wichtige Schlüsselrolle im Stoffwechsel einnimmt. Solche Gene dürfen von der Ursprungssequenz kaum abweichen, selbst bei ganz weit entfernt verwandten Arten weichen diese Sequenzen dann so gut wie nicht oder nur ganz geringfügig ab. Solche Genregionen nennt man daher auch hochkonserviert.

Mutationen im Bereich der nichtcodierenden DNA wirken sich auf den Phänotyp hingegen nicht aus. Sie bleiben deshalb erhalten und können sich daher ansammeln.

Zur Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks werden heute meist die sog. Mikrosatelliten (auch STR für short tandem repeat) genutzt. Das sind kurze DNA-Sequenzmotive in der nichtcodierenden DNA aus 3 bis 6 Basenpaaren, die sich in einer variablen Anzahl wiederholen können, z. B. TGCG. Weil ein STR nicht für eine Information codiert, macht es keinen Unterschied, ob das Motiv z. B. ein Mal oder hundert Mal wiederholt wird. Weil Mutationen (d. h. unterschiedliche Wiederholungen) sich auf den Überlebenserfolg nicht auswirken, werden sie von der Selektion nicht erfasst und bleiben daher erhalten.

Will man die DNA nutzen, um Überlegungen über Verwandtschaftsverhältnisse anzustellen, hängt die Wahl der verwendeten Marker deshalb stark davon ab, auf welcher Ebene man die Verwandtschaft untersuchen will. Für Verwandtschaftsuntersuchungen zwischen verschiedenen Arten sind DNA-Sequenzen von Genen besser geeignet. Auf populationsgenetischer Ebene oder zur Identifizierung eines bestimmten Individuums, sind nichtcodierende Bereiche wie STRs oder SNPs besser geeignet. Auch die Frage, ob es sich um nucleäre Marker (Kern-Gene) oder z. B. um mitochondriale Gene handelt, spielen eine Rolle. Da der mitochondrialen Polymerase die proofreading-Funktion (eine Art "Rechtschreib- und Korrekturprogramm") fehlt, häufen sich hier Mutationen schneller an, mitochondriale Gene sind deshalb bei kürzlich erfolgten Evolutionsprozessen (auf Populationsebene) meist aussagekräftiger als Kern-Gene.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Biene910 
Fragesteller
 08.10.2022, 20:39

Aber wenn der nicht-codierende Bereich bei allen Menschen gleich ist, wie können diese DNA Sequenzen dann unterschiedlich sein? Sorry, ich muss dazu ein Referat halten :(

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Schachpapa  08.10.2022, 21:10
@Biene910
Aber wenn der nicht-codierende Bereich bei allen Menschen gleich ist

Genau das ist nicht der Fall! Da dieser Bereich nicht codiert, ist er quasi egal für das Individuum. Er unterliegt keinem Selektionsdruck und kann wunderbar diversifizieren.

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Biene910 
Fragesteller
 08.10.2022, 21:19
@Schachpapa

Ist der nicht-codierende Bereich dann bei jedem Menschn unterschiedlich?

Danach lasse ich dich in Ruhe :)

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Schachpapa  08.10.2022, 21:23
@Biene910

So unterschiedlich, dass man ihn als genetischen Fingerabdruck benutzen kann. Also ja.

Eineiige Zwillinge werden allerdings als identisch identifiziert. Also dann doch wieder nein. Also in der Regel ja, außer bei eineiigen Zwillingen.

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Darwinist  09.10.2022, 09:08
@Biene910
Aber wenn der nicht-codierende Bereich bei allen Menschen gleich ist,

Das ist ja nicht der Fall. Der nichtcodierende Bereich ist gerade wegen der hohen Mutationsrate hochvariabel. Im Gegensatz zum codierenden Bereich, der innerhalb einer Art nahezu gleich ist.

Ist der nicht-codierende Bereich dann bei jedem Menschn unterschiedlich?

Genau. Schau dir noch mal den Abschnitt zu den Mikrosatelliten an. Ein solcher STR-Locus kann wie gesagt hochvariabel sein, er könnte bei dir aus 15 Wiederholungen bestehen, bei mir aus nur drei und bei wieder einem anderen aus 100. Genau wie bei den Genen werden die verschieden langen STR-Varianten Allele genannt. Und genau wie bei Genen, werden die STR-Allele von deinen Eltern vererbt. Deshalb kann der genetische Fingerabdruck ja auch z. B. für Vaterschaftstests genutzt werden.

Nun ist es natürlich möglich, dass zwei nicht verwandte Individuen zufällig an einem STR-Locus das gleiche Allel besitzen. Nehmen wir als Beispiel mal eine Population aus 1000 Individuen an und einen STR mit 10 verschiedenen Allelen, von denen jedes gleich häufig vertreten sein soll. Dann hätten 100 Individuen allein aus Zufall das gleiche Allel gemeinsam.

Zur Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks reicht ein einzelner STR-Locus deshalb nicht aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei eigentlich unterschiedliche Individuen nicht als solche erkannt werden, wäre zu hoch. Wenn ich nun aber statt einem zehn oder zwanzig verschiedene STRs miteinander vergleiche, nimmt die Wahrscheinlichkeit, dass beide Individuen zufällig die gleichen Allele haben, mit jedem weiteren Locus immer weiter ab. Dass ein oder zwei Loci übereinstimmen, kann passieren. Dass aber alle zwanzig Loci gleich sind, ist fast unmöglich.

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Die kann sich ändern, ohne dass es Folgen für den Organismus hat. Da ist die Diversität größer.

Änderungen im codierenden Teil haben (meist negative) Folgen, die ggf. repariert werden müssen oder zum Aussterben der jeweiligen Variante führen.