Warum werden Hauptschüler von der Gesellschaft als dumm und faul abgestempelt?

6 Antworten

Das Vorurteil kommt daher, dass viele Leute keine Ahnung haben, welche Leistungen in der Hauptschule erbracht werden müssen - ihnen fehlt durch Besuch einer anderen Schulart schlicht die Eigenerfahrung. Meist folgt die Schlussfolgerung wer angeblich besser sei aus der Bewertung der Noten der 4.Grundschulklasse mit der gedanklichen Aufteilung bzw. Vor(be/ver)urteilung "sehr guter Schüler=Gymnasium" , "guter Schüler=Realschule" und der "Rest, der offenbar nicht genug kann = Hauptschule

Kaum einer weiß z.B., dass die bisherigen Hauptschulen inzwischen Haupt- und Mittelschulen heißen, weil dort in der 10.Klasse ebenfalls die Prüfung zur Mittleren Reife abgelegt wird, wie an den Realschulen auch.

Ich hatte Kinder in allen 3 Schularten, weswegen wir alle Schulbücher zuhause haben und miteinander vergleichen konnten. Ergebnis: Der Schulstoff ist bis zur 10.Klasse inkl. der Schul-u. Stegreifarbeiten identisch. Lediglich die Erläuterungen und die Art und Weise der Vermittlung in den Schulen unterscheidet sich. Kein Grund also für ein erhobenes Näs'chen bei denen, die nur aufgrund guter Grundschulnoten einer "höheren" Schule zugeschlüsselt wurden.

Ich dachte früher auch, wider besseren Wissens, dass der qualifizierende Abschluss der 9.Klasse Hauptschule "QA" "eine" Prüfung sei, die jeder Dödel ohne großartiges Lernen aus dem Ärmel schüttelt.
Sehe ich jedoch heute, dass dafür z.B. in Deutsch, Englisch, Mathe und PCB(Physik+Chemie+Bio) oder GSE (Geschichte+Sozialkunde+Erdkunde) mehrstündige Prüfungen geschrieben werden, ergänzt durch aufwändige Praxisprüfungen in den Zweigfächern + z.B. Musik (= z.B.Vortrag von 2 Musikstücken auf dem eigenen Instrument mit hohem Schwierigkeitsgrad, Notendiktat, A4-Blatt an wechselnden Rhytmen mit Händen+Füßen ohne Taktfehler vorstellen , schriftliche Prüfung über detaillierte Notenlehre .... sowie Vortrag über Musikgeschichte in Verbindung mit Literatur- u. Kunstepochen)
... dann habe ich aller höchsten Respekt vor der Leistung dieser Schüler!

Zudem ist in den Mittelschulen die Zusammenlegung von Fächergruppen, also z.B. PCB / GSE / AWT (Arbeit, Wirtschaft, Technik) äußerst sinnvoll. Es werden so Inhalte die zusammen passen in Doppel/Dreifachstunden unterrichtet, statt alles unabhängig voneinander in verschiedene Stunden mit verschiedenen Lehrern zu packen, denen es völlig egal ist, was der Kollege gerade durchnimmt oder an Hausaufgabe aufgetragen hat, wie es beispielsweise an Realschulen und Gymnasien der Fall ist.

Einem Gymnasiasten wird mit Bestehen der 10.Klasse quasi die "Mittlere Reife" geschenkt, ohne dass er irgendwelchen Sonderprüfungsstress dafür hat. Selbst wenn er seit der 5.Klasse mit miesen Noten herumdümpelt. Es reicht, das Vorrücken in die Oberstufe erlangt zu haben. Kein Wunder, dass Praktikanten aus dieser Schulart bei einer Aufforderung etwas zu tun erstmal fragen "Warum?" während andere Schüler sich bereits in Gang setzen :-)

Habe ich daher nun bei einer Bewerbung für eine Ausbildungsstelle die Auswahl, dann hat der Gymnasiast mit wenigen Ausnahmen grundsätzlich die schlechteren Karten, gegenüber jemandem, der sein Durchhalte-u. Lernvermögen, wie auch Stressresistenz bereits mehrfach bewiesen hat, der also einen guten QA geschafft hat, sich nur durch gute Noten für die Teilnahme am sog. "M-Zug" der Mittelschule qualifizieren konnte und zum Abschluss eine aufwändige Prüfung zum Erhalt der Mittleren Reife absolviert hat.

Naja, solche Aussagen kommen eben von Leuten, die nicht über den eigenen Tellerrand hinaussehen.

Das Bildungsniveau an der Hauptschule ist natürlich sehr niedrig, aber das ist nicht das Problem der Hauptschule im Allgemeinen. Oft geht es überhaupt nicht um Faulheit oder Intelligenz, sondern auch einfach nur um Milieu, Integration, Herkunft und Weltwahrnehmung.

Wärst Du beispielsweise in einer Familie mit türkischen Eltern groß geworden, die selbst kaum Deutsch sprechen, und in einer Grundschule ausgebildet worden, wo die Rauffereien und Kleidung auf dem Schulhof mehr ausmachen als die Noten, während sich Deine Eltern nicht um Deine Ausbildung kümmern, sondern eher darauf achten, dass Du zuhause viel im Haushalt arbeitest und alle Regeln einhältst..

.. bist Du dann faul und dumm, wenn Du es danach nur auf die Hauptschule schaffst?

Natürlich nicht, und das hast Du ja auch selbst beantwortet. Es sind Vorurteile!

Woher kommen Vorurteile? Von Menschen, die nie den Kontext betrachten, sich nicht die Mühe machen, Lebenshintergründe und Umstände zu betrachten. Von Menschen, die nur von sich auf andere schließen und sich dabei gerne selbst in das bessere Licht stellen.

Also letztendlich von sozial dummen und faulen Leuten :D

Die meisten dieser Dumpfbacken vergessen, daß es sich die Schüler selten selbst aussuchen, auf welcher Schule sie landen.

Und das "bessere" Schulen Geld kosten, was viele Eltern einfach nicht haben da sie von ihren Arbeitgebern (die keine Hauptschüler waren!!!) nicht vernünftig bezahlt werden... Daher schicken sie ihre Sprößlinge auf die vom Staat finanzierten Billiglohnschulen.

Der Unterricht an diesen Schulen ist entsprechend langweilig.

Und mal ehrlich: wenn der Unterricht eher narkotisierend ist kann man doch kaum erwarten, daß die Schüler begeistert lernen. Sofern es überhaupt was zum lernen gibt (Lehrpläne sind öfter eher Leerpläne)... Wieviele Jahre in Folge kann man wißbegierige Kinder mit den Grundrechenarten vom Hocker reißen?

Woher kommen also die Vorurteile? 

Na, von erlebbaren Einzelschicksalen, die niemand ernsthaft hinterfragt, weil es ja so einfach ist, dem Schüler die Schuld für das Versagen seiner Erziehungsberechtigten in die Schuhe zu schieben.

Und der Staat macht selbstverständlich nie was falsch. Immerhin wird er nicht von Hauptschülern geleitet. -.-

Hauptschüler gelten als faul und dumm, aber kaum jemand hinterfragt die Ursachen dafür, daß es sich oft als wahr herausstellt.

Und wer fühlt sich schon zu Höchstleistungen motiviert, wenn er von vornherein als faul und dumm abgestempelt wird?

Es ist ein Teufelskreis, den wir nur mit angewandter Intelligenz überwinden können.

warehouse14

Ich denke, das liegt daran, dass Eltern heutzutage alles dran setzen, dass die Kinder auf das Gymnasium oder schlimmstenfalls auf die Realschule kommen. Da es dadurch jede Menge Absolventen dieser Schulformen gibt, ist es für Hauptschüler inzwischen sehr schwierig geworden, sich am Arbeitsmarkt zu etablieren. In meiner Schulzeit war es noch so, dass alle drei Schulformen so ziemlich ausgeglichen nach der Grundschule gewählt wurden. In der Klasse meiner Tochter ist gerade mal ein Schüler nach der Grundschule zur Hauptschule gegangen, obwohl von der Lehrerin etwas anderes empfohlen wurde. Meine Tochter ist im Gymnasium ( auch auf Empfehlung der Lehrerin, sie lernt gern und bekommt entspannt gute Noten ) und mit ihr ist dort eine Klassenkameradin eingeschult worden, die in der Grundschule schon in jedem Fach Nachhilfe hatte. Die Kinder quälen sich heute mit wahnsinnig viel Hilfe durch Schulformen, die sie kaum schaffen können. Das ist der gesellschaftliche Wind, der hier diesbezüglich weht. Und darum geht die Gesellschaft vermutlich davon aus, dass sich auf der Hauptschule der intellektuelle Bodensatz befindet. Das finde ich sehr schade, denn viele Kinder wären dort besser aufgehoben und hätten eine schöne Kindheit ohne Leistungsdruck, aber das liegt, meines Erachtens, an den ehrgeizigen Eltern die die Überforderung der Kinder nicht sehen ( wollen). 

Leider habe ich keine Ahnung was heutzutage in den Schulen abgeht, aber wenn ich als ehemaliger Hauptschüler mir so anhören muß, was unsere angeblichen Eliteschüler so von sich geben, dann wird mir Angst und Bange für die Zukunft von Deutschland.

* Und man sagt ja nicht umsonst: "Einer ist immer der Looser". Ob du dir den Schuh anziehst liegt dann an dir.