Warum rosten Mercedes aus den 90ern so extrem?

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Mir hat jemand folgendes gesagt.

Mercedes hat damals noch, im Gegensatz zu einigen anderen Herstellern, sehr einfach lackiert mit normalem Lack.

Normaler Lack beim normalen Lackieren legt sich schlecht auf die Kanten ab. Dadurch ist die Kante miserabel geschützt durch eine nur ultra dünne Lackschicht. Da ist natürlich klar was passiert.

Andere Hersteller nutzten bereits andere Verfahren wodurch dies nicht passiert und auch die Kanten der Bleche gut beschichtet sind.

Angaben ohne Gewähr.

Ich hab mal gelesen, dass bei Mercedes damals die Bleche schlecht entgratet wurden und qualitativ minderwertige Grundierungen benutzt wurde.

also ich kenne das problem, dass mercedesse aus den 70ern noch weit mehr rosten...

Rosten tun die alle, schon W123 und Strichacht waren schlecht, nur waren andere Autos damals noch schlechter gegen Rost geschützt. Die 190er, 124er usw. waren etwas besser, aber auch hier ging es nach sieben Jahren meistens schon los.

Zum Hintergrund: Wir hatten einen 230E W123 von 1984 und einen 230E W124 von 1989 - beides relativ rostfreudige Fahrzeuge. Diverse andere 124er und 190er waren mittelmäßig, je nach Alter - die 202er C-Klasse war besser (fahre ich heute noch). Ich habe viel mit diesen Autos gemacht.

Die Rostprobleme an W202, W210 usw. wurden teilweise auch hochstilisiert. Klar war das alles unangenehm, aber die VW-freundliche und wenig seriöse Auto-Bild hat ca. 2001 die Chance gewittert, Mercedes schlecht dastehen zu lassen, so wie man zehn Jahre eher Opel in die Grütze geschrieben hat. Die Berichte waren durchweg reißerisch und unsachlich, ich habe sie teilweise noch. Auch andere Hersteller haben Rostprobleme, aber denen sieht man das eher nach wie Mercedes, wo die Autos und Werkstätten eben auch teurer sind und einen anderen Anspruch haben als zum Beispiel Renault, Mazda oder Ford - da sind die Kunden deutlich schneller verärgert. Ich kann mich dennoch gut dran erinnern, als mein Großonkel und ich im Sommer 2001 die ersten Rostprobleme am Kofferdeckel seines fünfjährigen BMW 523i (E39) ausbesserten und uns wunderten, wieso niemand BMW für solche Probleme rügt, man Mercedes dafür aber der Lächerlichkeit preisgibt.

Auf der anderen Seite fiel es auf, dass die meisten Hersteller ihre Karossen inzwischen verzinkten, ein Mercedes aber trotz seiner hohen Preise weiterhin nach wenigen Jahren rostete. Hier haben die einfach geschlafen.

Noch zu deiner Frage: Bei Mercedes waren die Ursachen zwischen stumpfen Presswerkzeugen, schlechtem Blech und teilweise auch Wasserbasislacken zu fnden. Es gibt aber speziell beim W202, den ich sehr gut kenne, Unterschiede: In den Sommermonaten hergestellte Fahrzeuge sind meistens deutlich besser, da die Werkzeuge zum Wechsel ins neue Modelljahr (Ende Mai/Anfang Juni) gewartet wurden - die schlimmsten Roster kommen aus den Wintermonaten. Auch der Produktionsort sollte beachtet werden: Die Fahrzeuge aus den Werken Sindelfingen und Rastatt sind in der Verarbeitungsqualität weniger routiniert und haben eine schlechtere Lackqualität als die im Werk Bremen-Sebaldsbrück gebauten Modelle. Ich habe damals Wert auf einen "Bremer C180" aus den Sommermonaten gelegt und habe auch nach 24 Jahren kein nennenswertes Rostproblem, das Auto hat übrigens schon über 260.000 Kilometer hinter sich.

Die letzten 190er und W124 Modelle ab ca. Mitte 1992 hatten übrigens wegen Wasserbasislacken vor allem mit Metallic-Farben ähnliche Kantenrostprobleme wie W202 und W210 - nur sieht man das da wegen der dicken Saccobretter erst sehr spät. Zerfressene Türen wirken oft augenscheinlich rostfrei, bis man den braunen Rost ganz sachte über den Brettern sieht. Dann ist die Tür durch und kann entsorgt werden, W202 und W210 haben eben keine Bretter und gammeln ehrlicher.

Ansonsten leiden die Baureihen der 90er-Jahre darunter, dass ihre Vorgänger von selbsternannten "Kennern" heiliggesprochen und verklärt werden ohne Ende, obwohl die Rostprobleme beim 190er und vor allem diesem unsäglichen W124 noch schlimmer gewesen sind. Es sei nur an die Wagenheberaufnahmen, einfach abrostende Hinterachsen und durchlöcherte Kotflügel erinnert. Hier sind nur mal zwei Fotos...

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...und wer noch immer die Mär pflegt, dass alte Mercedes der 80er viel besser seien, der soll sich das hier mal geben. Das sind nur zwei Fotos, aber ich habe noch mehr von der Sorte - und unser eigener 230E von 1989 musste trotz normaler Pflege nach 15 Jahren erstmals geschweißt werden, als mein damaliger Audi 100 (C3) auch von 1989 noch vollkommen rostfrei gewesen ist. Man kann W202 und W210 vieles nachsagen, aber die Vorgänger waren nicht besser.

Ab Ende der 90er gab es dann noch Probleme mit Kostendruck durch DaimlerChrysler und Jürgen Schrempp - da konnten dann auch SLK und Co. auf einmal ordentlich rosten. Da lag das Problem dann nicht nur an den bekannten Ursachen die ich schon aufzählte, sondern auch an Kostendruck und daran, dass alles kaputtgespart und ausgequetscht wurde auf Gedeih und Verderb. Erst als bereits zweijährige W203 von 2000/2001 gegammelt haben, merkte DaimlerChrysler, dass Sparen nicht alles ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
 - (Auto, Auto und Motorrad, Mercedes Benz)  - (Auto, Auto und Motorrad, Mercedes Benz)

Kostendruck: Minderwertige , dünne Bleche, schnelle Verarbeitung, minderwertiger Rostschutz:

Tatsache ist dass ein MB 220 (a/b) der Baujahre 1959-68 wesentlich höherwertig verarbeitet war als jüngere Modelle.

Ein derartiges Modell (möglichst noch Coupe oder Cabrio) ist heute noch problemlos zu restaurieren, oft sind wesentliche Bereiche der Karosserie noch im Originalzustand!

Ein MB der heutigen Zeit wird in 50 Jahren in eine große Plastiktüte passen: Ein Haufen brauner Krümel & eine Menge Plastikteile dazu!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung