Warum mach sich der Mensch zum Objekt?

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Subjekt und Objekt kennen wir aus dem Satzbau: Ein Mensch (=Subjekt) tut etwas mit einem anderen Menschen (= Dativobjekt: mit wem? einem anderen Menschen). Es handelt sich also um jemanden, der etwas mit sich machen lässt. 

Genauso ist es im Leben: der Mensch hat die Wahl: entweder ist er Subjekt, selbstbestimmt, hat die Fäden seines Handelns in der Hand und trifft seine Entscheidungen selbst: Ein Subjekt spricht und verhandelt auf Augenhöhe mit anderen Subjekten.  Oder aber er macht sich zum Objekt, indem er -passiv, willenlos- über sich verfügen lässt. Dies kann freiwillig, unbewusst oder sogar gegen den eigenen Willen geschehen. 

Wenn man Objekt ist, bedeutet das, dass jemand anderer über einen verfügt und entscheidet, was man zu tun hat. 
Das mag in abhängigen Vertragsverhältnissen (im Beruf) in Ordnung sein, wenn man eine entsprechende Stelle bekleidet. Der Vertrag besagt, dass man das freiwillig tut. 

Weniger freiwillig geschieht das z.B. gern mal im Kontakt mit Behörden, die einen gern zum 'Bittsteller' und 'Untertan' machen, was sich schon allein sprachlich ausdrückt.  Da wird man aus Tradition zum Objekt gemacht.

In der Erziehung unserer Eltern und Großeltern war es auch noch gang und gäbe, dass über Kinder verfügt wurde. Wenn Eltern dadurch ihre Kinder einfach zum Objekt machen, verhindern sie, dass sich Selbstbewusstsein aufbauen kann; 
wenn die Kinder dadurch bockig werden und feindselig reagieren, nennen Eltern so etwas 'schwer erziehbar'. 

Prof. Gerald Hüther, der berühmte Hirnforscher, hat festgestellt, dass es im Gehirn die gleichen Reaktionen auslöst, wenn man als Objekt behandelt wird, wie wenn man Schmerz zugefügt bekommt.
 Siehe 'www.wireltern.ch/artikel/oft-ist-das-kind-objekt-elterlicher-bewertungen' und dieses Interview:

https://youtube.com/watch?v=iCDdbPoHQhA

Auch auf der sprachlichen Ebene kann man Menschen zum Objekt degradieren, nämlich, indem man in ihrer Anwesenheit von ihnen in der 3. Pers. Singular spricht (Beispiel: 'Hast du gesehen, was sie heute anhat?'). Das gilt - nicht nur in der deutschen Sprache - als grobe Unhöflichkeit und zeigt, dass es an guter  Erziehung mangelt.

Ein Mensch jedoch, der sich freiwillig in diese Position begibt, also sich zum Objekt macht, zeigt damit, dass er entweder zu bequem oder nicht in der Lage ist, über sich und sein Leben selbst zu entscheiden und diese Entscheidungsgewalt (freiwillig) an andere (Subjekte) abgibt.
Das geschieht häufig, wenn jemand nicht genug Wissen hat und gezwungen ist, jemandem zu vertrauen, der ihm zu etwas rät bzw. Entscheidungen für ihn trifft. Das hat einen Verlust an Selbstbestimmtheit zufolge.

Dieser Schritt wird einem heute oft bequem gemacht, weil viele Entscheidungen einem durch die Werbeaussagen abgenommen werden (sollen).

Der gutgläubige Konsument beispielsweise, der auf die Wahrheit der Aussagen vertraut, riskiert immer mehr, auf falsche Aussagen hereinzufallen - solange er nicht selbst mündig wird und die Hintergründe dessen, was ihm glauben gemacht wird, unter die Lupe nimmt. 

Für viele ist das eigenverantwortliche Handeln wohl zu anstrengend oder zu zeitaufwendig - sie gehen lieber den bequemeren Weg. Ob freiwillig oder nicht, ist schwer zu sagen: wenn die Aufklärung über die Konsequenzen fehlt, geschieht es zumindest ohne Problembewusstsein und ohne über die Gefahren zu wissen, was passieren kann, wenn man alles vorgekaut serviert bekommt - denn es gibt immer jemanden, dem dieses angepasste, kritiklose Verhalten nützt. Es ist daher immer empfehlenswert, sich zu fragen 'Cui bono?' ('Wem nützt es?') und sich zu informiert zu halten.


Der Mensch erlebt sich als Akteur, als der, der in seinem Leben Regie führt. Und genau in dieser Funktion gilt er als "Subjekt", als "Handlungssubjekt".

Im Gegensatz zu fast allen Tieren verfügt der Mensch nun aber auch über die außerordentliche Fähigkeit sich selbst quasi von außerhalb betrachten zu können. Er kann sich als Handelnder beobachten, kann dazu Stellung beziehen, d.h. sein Handeln bewerten, um daraus wiederum Konsequenzen für sein zukünftiges Tun ableiten zu können. Er macht sich damit zum "Objekt" seiner Betrachtung, was man als eine besondere Befähigung betrachten kann, denn allein durch sie kann sich der Mensch kritisch in Frage stellen und aus eigenem Entschluss Änderungen für seine Handlungsweisen zu initiieren. Das wiederum ist ein großer evolutionsbiologischer Anpassungsvorteil, der ein rasches Reagieren auf Veränderungen der Umweltbedingungen ermöglicht. 

Mit dieser Erklärung möchte ich versuchen, die oftmals vorgetragene negative Bewertung einer Betrachtung des Menschen als Objekt doch auch noch eine positive Seite hinzuzufügen.

Menschen machen sich immer mehr zu Objekten, weil ihnen von Beginn an beigebracht wird alles ojektiv statt subjektiv zu betrachten. Des weiteren Leben wir in einer von Konsum geprägten Welt und Objekte gewinnen immer mehr an Aufmerksamkeit, die dann den Menschen, der Menschlichkeit und der Umgebung entzogen wird. Aufgrunddessen versuchen viele Menschen in ihrem Umfeld oder im Allgemeinen wieder wörtlich das "Objekt der Begierde" zu werden und sich mit etwas, wie Gegenständen Identifizieren zu können.

Weil Objekte manchmal viel wertvoller als manche Menschen !