Warum lässt man bei Autos die Abgasreinigung nicht einfach immer an?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Warum lässt man bei Autos die Abgasreinigung nicht einfach immer an?

Die Abgasreinigungsanlage ist immer "an", d.h. das Abgas muss immer durch sie hindurchströmen. Die Anmerkungen der Presse von wegen, dass die Anlage "deaktiviert" würde, sind purer Blödsinn. Sobald eine gewisse Mindesttemperatur erreicht ist, und die Parameter passen, wird das Abgas umgewandelt und / oder gefiltert, je nach Anlage.

Jetzt gibt es aber ein paar Punkte, die man wissen muss, um zu verstehen, was es mit dem Dieselskandal auf sich hat: Bei Dieselmotoren gibt es eine sogenannte "NOx / Ruß" - Schere. Das heißt: Emittiere ich von dem einen Stoff viel, dann wird gleichzeitig vom anderen Stoff wenig emittiert, und umgekehrt. Bis zur Abgasnorm Euro 5 haben sich fast alle Hersteller bei Dieselmotoren alleine auf die Abgasrückführung, einen Oxidationskatalysator, sowie einen Partikelfilter verlassen. Der Partikelfilter hat mit Sauerstoff Ruß verarbeitet, der Oxikat ebenfalls mit Sauerstoff CO und HC, und die AGR hat dafür gesorgt, dass nicht zuviel Luft zugegen ist. Viel Luft = viel Stickstoff, welcher sich mit Druck und Hitze in Stickoxide (NOx) umwandelt. Problem: Zu wenig Luft, dann entstehen mehr CO, HC und mehr Ruß, welcher den Rußfilter zu stark belädt, und beim Dieselmotor kann der Katalysator kein NOx emittieren, weil immer Sauerstoffüberschuss vorhanden ist. Klassische Kompromißsituation also.

Als dann die Dieselmotoren mit SCR - System ("Ad Blue") kamen, stellte man rasch fest, dass man relativ viel Harnstoff benötigte. Idee: Man nutzt das System nur, wenn eine Prüfstandsfahrt erkannt wird. Der Kunde freut sich, denn er muss nur selten Ad Blue nachfüllen, bzw. die Arbeit wird ihm abgenommen, indem bei der Wartung aufgefüllt wird. So entstand der "Skandal". Man meinte, dass auf der Straße niemand nachmessen würde. Falsch gemeint, wie man heute weiß. :D

Beim Benziner gibt es noch eine andere Problematik, welche die Reinigungsanlage unzureichend funktionieren lässt: Luftmangel, bedingt durch eine Volllastanreicherung. Die macht man, damit Bauteile wie Auslassventile und Katalysator nicht zu heiß werden (Kühlung durch Sauerstoffmangel). Das Abgas strömt dann zwar durch den Katalysator, wird aber deutlich schlechter entgiftet. Für die Nachverbennung von CO und HC fehlt es an Sauerstoff, man hat dann die gleiche Situation, die man auch nach einem Kaltstart hat: Es bleiben teilverkokte Kohlenwasserstoffreste (Kohlenstoffmonooxid, CO) oder gar völlig unverbrannte Kohlenwasserstoffe (HC) übrig, welche giftig sind.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Cruxcrax 
Fragesteller
 30.04.2020, 20:40

Könnte man dann nicht ein extra System bauen, das dem Katalysator mehr Sauerstoff zuführt?

Und ja gut sollen die Leute halt öfter AdBlue nachfüllen, der kleine Aufwand rechtfertigt so einen Skandal auch nicht. Tanken muss man ja schließlich auch.

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checkpointarea  30.04.2020, 20:46
@Cruxcrax
Könnte man dann nicht ein extra System bauen, das dem Katalysator mehr Sauerstoff zuführt?

Ein solches System gibt es, nennt sich "Sekundärlufteinblasung". Motorroller haben sowas für gewöhnlich, dort permanent laufend, und ältere Benzin - Pkw, dort nur beim Kaltstart, damit der Kat schneller heiß wird. Problem: Man müsste die Luft schon sehr genau dosieren, denn gibt man zuviel dazu, entstehen Stickoxide - auch beim Ottomotor! Gegen die hohe Rußemission, die bei "fettem" Gemisch auch beim Benziner entsteht, hilft es auch nicht. Man löst bzw. entschärft diese Problematik bei manchen neueren Ottomotoren inzwischen mit motorinternen Kühlmöglichkeiten, beispielsweise wassergekühlten Abgaskrümmern. Eine weitere, bisher nicht genutzte Idee: Wassereinspritzung, das Wasser entstammt dem Abgas (Kondensat). Elegante Lösung, denn Kraftstoff ist zum Kühlen echt zu schade (und zu umweltschädlich).

Und ja gut sollen die Leute halt öfter AdBlue nachfüllen, der kleine Aufwand rechtfertigt so einen Skandal auch nicht. Tanken muss man ja schließlich auch.

Sehe ich auch so. Das war eine echte Schnapsidee von VW. Sündhaft teures SCR - System einbauen, und dann funzt das Teil nur manchmal.

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Du meinst die Abschaltautomatik der Abgasnachbehandlung bei Dieselfahrzeugen?

Einerseits hatte bei funktionierender Abgasnachbehandlung auch die Motorsteuerung etwas verändert agiert und das Auto wäre so schlechter fahrbar gewesen.

Der wirkliche Skandal hängt aber meines Erachtens damit zusammen, dass die Fahrzeuge einen Harnsäure-Tank bekamen, der nicht nachfüllbar war, ausgewechselt werden musste und auch im System resettet werden musste. Dies sollte wieder etwas Aufschwung in die Vertragswerkstätten bringen. Damit aber eine einigermassen akzeptable Reichweite des Fahrzeugs mit einer Tankfüllug AdBlue erreicht werden konnte, wurde es eben nur auf dem Prüfstand verbraucht.

Woher ich das weiß:Hobby
checkpointarea  30.04.2020, 22:34
Der wirkliche Skandal hängt aber meines Erachtens damit zusammen, dass die Fahrzeuge einen Harnsäure-Tank bekamen, der nicht nachfüllbar war, ausgewechselt werden musste

Ich glaube, das hast Du Dir gerade ausgedacht, oder völlig falsch interpretiert, jedenfalls habe ich noch nie davon gehört, dass es quasi "Einwegtanks" gegeben haben soll. Hast Du eine Quelle?

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machhehniker  01.05.2020, 13:06
@checkpointarea

Naja, andauernde Klagen über Leute, die nicht verstehen warum die wenigen Liter AdBlue auffüllen in der Werkstatt so unglaublich teuer ist und da statt nachfüllen der ganze Tank gewechselt wird. Gab auch hier einige Fragen spezifisch deshalb.

Mittlerweile allerdings haben die betr Fahrzeuge ihre Zulassung verloren wenn sie nicht ein Update erhielten und dabei wurden wahrscheinlich auch nachfüllbare Tanks nachgerüstet.

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checkpointarea  01.05.2020, 13:26
@machhehniker

Damit ich es klar verstehe: Es hat versiegelte Ad Blue Tanks gegeben, welche man komplett austauschen musste, um wieder Ad Blue zu haben?

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machhehniker  01.05.2020, 14:03
@checkpointarea

Es gab einfach keine Einfüllöffnung und dem Steuergerät musste auch ein gewechselter Tank beigebracht werden (also resettet werden).

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machhehniker  01.05.2020, 19:27
@checkpointarea

Soweit ich weiss gingen die Tanks ins Werk zurück und wurden "überarbeitet", also neu befüllt.

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Der Skandal ist eine völlig logische Folge der immer strenger werdenden Abgasnormen. Hier wird einfach von den Regierungen falsch gedacht.

Der globale Treibhausgasausstoß wird durch Viehhaltung, Heizen, Energie, etc viel mehr verursacht wie von PKWs. Diese Regelungen sind sinnlos.

Elektroautos sind da kein bisschen besser, die verlagern die Probleme nur, aber lösen sie nicht.

Aus der Arbeitsweise der modernen PKW (Direkteinspritzung mit hohen Drücken) ergibt sich wieder eine höhere Feinstaubbelastung. Und wie jeder weis: Feinstaub erhöht das Krebsrisiko. Daher : Strengere Euro-Normen sind sogar eher kontraproduktiv.

Durch diese lächerlichen Maßnahmen, die kaum Wirkung auf die globale Luftqualität haben, sind Hersteller dazu gezwungen, etwas zu tricksen.

Diese Antwort wurde einfach formuliert damit es leicht verständlich für alle ist. Falls jemand anderer Meinung ist kann er es sachlich und ohne Beleidigungen in die Kommentare schreiben. Zu mir: Maschinen- und Fahrzeugbau (Ing.)

checkpointarea  30.04.2020, 22:36
Der Skandal ist eine völlig logische Folge der immer strenger werdenden Abgasnormen.

Es ist natürlich einfach, immer alles auf die "bösen" Politiker zu schieben, da kommt selten Widerspruch von den Zuhörern. Ich muss als Techniker aber trotzdem widersprechen, denn es ist einfach grundfalsch, was Du da schreibst. Der VW Skandal ist passiert, weil man den Kunden nicht zumuten wollte, soviel Harnstoff nachzufüllen, wie für eine vollständige NOx- Reduktion notwendig gewesen wäre (5 % des Kraftstoffverbrauchs). Das ist in entsprechender Fachliteratur, z.B. an Fachhochschulen kostenlos einsehbar, zig - fach belegt.

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ab einem gewissen punkt ist es schlicht so, dass das auto für das säubern des abgases mehr sprit braucht. man will einfach durch den kunstgriff des abschaltens der abgasreinigung den effektiven kraftstoffverbrauch reduzieren, um dem kunden ein verbrauchsärmeres fahrzeug zu sugerieren.

lg, Anna

Cruxcrax 
Fragesteller
 30.04.2020, 20:38

Ja, aber dann lieber mehr Verbrauch anstatt illegale Technik. Verbraucht das Auto nach dem Update halt mehr. Trotzdem einfacher, als das hin und her was die abgezogen haben.

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checkpointarea  30.04.2020, 22:32
ab einem gewissen punkt ist es schlicht so, dass das auto für das säubern des abgases mehr sprit braucht.

Ganz klar: Nein! Beispiel Benzinmotor: Würde man bei dem auf eine Vollastanreicherung verzichten, wäre das Fahrzeug nicht nur deutlich schadstoffärmer, sondern auch sparsamer. Ganz ähnlich beim Dieselmotor: Dosiert man dort mehr Ad Blue zu, kann der Motor sparsamer laufen (weil er weniger Abgas zurückführen muss), während er gleichzeitig weniger Schadstoffe emittiert.

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weil das schlecht für Motor und Verbrauch ist