Warum können sich so viele nicht in Mobbing Opfer reinversetzten? Warum ist man für viele selbst Schuld?

11 Antworten

Warum ist man für viele selbst Schuld

Schuld ist hier wohl nicht der richtige Begriff. Mobbingopfer haben, so denke ich aber durchaus einen Anteil daran. Eine Anteil, weil sie sich etwas anders verhalten als andere. Einige werten das als Schwäche und schon fühlen sie sich überlegen und nutzen jede Gelegenheit, das auch auszunutzen. Überlegenheit zu demonstrieren ist sicher noch ein Überbleibsel aus der Zeit, als der Mensch noch Affe war, einige sind so geblieben, sie nutzen niedrige Instinkte.

Manche Mobbingopfer machen es solchen Menschen aber auch leicht (darin liegt dann vielleicht doch ein Stück Schuld), sie ducken sich, wo sie nur können, entschuldigen sich für Dinge, die sie nicht gemacht haben, widersprechen nicht. Das gehört einfach zu ihrem Charakter, daran kann man arbeiten aber generell ändern kann man es kaum.

Wer nur solchen niederen Instinkten folgt, wird sich auch nicht in Mobbingopfer hinein versetzen können, vielleicht auch nicht wollen.
Wer dann noch Vorgesetzte hat, die selbst nicht die Reife zum Vorgesetzten haben, hat schon verloren.
Ich selbst war in so einer Situation. Zum Reservistenwehrdienst eingezogen und als Ausbilder (für technische Aufgaben) eingesetzt. Meinem Vorgesetzten passte die Art und Weise meines Herangehens nicht, was sich auch herum spricht. Pausenlos war ich Kritik von allen Seiten ausgesetzt. Nach einer Woche hat es mir gereicht. (Nein ich habe mich nicht an höherer Stelle beschwert) Als er wieder mal meinen Unterricht vor versammelter Mannschaft schlecht machte, habe ich ihn auch vor allen Anwesenden aufgefordert mich ab sofort nicht mehr mit Herr xxxx sondern mit Herr Doktor xxxx anzureden.

Er hatte keine weiteren Fragen, er ging und kam nie wieder zu meinen Lehrveranstaltungen.
Mobber sind auch nur Menschen, manchmal erkennen sie auch ihre Beschränktheit.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
adlersammy 
Fragesteller
 15.09.2019, 14:43

*Das gehört einfach zu ihrem Charakter, daran kann man arbeiten aber generell ändern kann man es kaum.*

Das sehe ich völlig anders. Ich war eigentlich noch nie ein Opfer , aber nachdem ich in der Schule schlecht war, eine Ausbildung abgebrochen habe. Und mein dominanter Alte Herr mir eingetrichtert hat . Mich endlich mal zusammenzureißen und das dieses meine letzte Chance war habe ich sehr vieles über mich ergehen lassen. Als ich nach den 2 Ausbildungsjahr aber auch noch beleidigt wurden bin habe ich mich gewehrt innerlich hat es in mir schon lange gekocht . Rebellieren konnte ich gegen meinen Vater nicht mit Ausbildungsabbruch bzw. das hatte ich mir nicht getraut wer meinen Vater kennt weiß warum. Nur mit Prüfungsversagen. Bis auch mein Vater begriffen hat das es nichts mehr bringt . Heute bin ich Betriebswirt und Unternehmer weil ich meine Lektion gelernt habe mein eigenes Ding zu machen und wieder ich selbst zu sein . Also zu widersprechen und mich zu wehren wenn ich ungerecht behandelt werde. Aber heute als. Her kommt das eh nicht mehr vor .

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adlersammy 
Fragesteller
 15.09.2019, 15:10
@adlersammy

Ich meinte heute als Chef kommt das nicht mehr vor. Da hat die Bearbeitungsfunktion nicht mehr funktioniert

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guenterhalt  16.09.2019, 08:53
@adlersammy

Charakter ist doch nicht so etwas, wie einen falschen Weg "beschritten" oder eine nicht passende Ausbildung angefangen ...
Als Charaktereigenschaften sollte "ängstlich", "hilfsbereit", "egoistisch" .... gehören.
Das ist schwer zu ändern.

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Erst mal haben sie es evtl. nie selbst erlebt und bagatellisieren es dadurch. Zweitens kann es sein, dass man auch als Erwachsener beeinflusst wird durch vorgeschobene Gründe, bei denen das Opfer mehr oder weniger entmenschlicht wird. Ich habe das selbst einmal erlebt, wir hatten einen Schüler-Elternabend in der Mittelstufe und die Mutter des jahrelangen Klassenmobbingopfers ging neben mir. Der betreffende Junge war sehr dünn, hatte ggf. leicht abstehende Ohren oder das wurde durch seine extreme Kurzhaarfrisur hervorgehoben. Er wurde seit Jahren mit einem beleidigenden Wort statt mit Namen in der Klasse angesprochen, ihm wurden die Sachen versteckt, er wurde ausgelacht, auf einem leichten Aussprachefehler wurden immer wieder von Schülern und später sogar Lehrern herumgeritten, sein Zweitnamen wurde lächerlich gemacht und zu einer Beleidigung verändert.

Der Junge war in der Schule mindestens mittelmäßig, trotz der ganzen Vorfälle und nun hörte ich, wie seine Mutter zu einer anderen Mutter sagte, ihr Sohn wäre ja auch "ich will nicht sagen zurückgeblieben". Also genau das, was ihm die Mitschüler auch immer mehr oder weniger vorwarfen!

Mobber finden einen Grund, heben den hervor, betonen den immer wieder und erklären damit, dass das Opfer nicht wirklich Gefühle und seine Behandlung mehr oder weniger verdient hat. Wer das als Außenstehender lange hört, fängt oft an, entweder immer weniger daran zu zweifeln oder es selbst zu glauben. Daher ist Mobbing bei einem Opfer "nicht so schlimm". Wären diese Menschen aber selbst in der Mobbingsituation, würden sie sie als schlimm erleben!

Von außen hören sich viele Mobbingaktionen tatsächlich nicht "schlimm" an, man könnte darüber hinwegsehen - wenn man ein gutes Selbstwertgefühl, Freunde und Unterstützer hat und die Situation selten oder einmal vorkommt. Jemand stellt dir mal ein Bein - geschenkt, war ein Versehen oder das ist ein Idiot. Mobbingopfer können aber in der Schule keinen vollbesetzten Gang mehr entlang gehen, ohne damit rechnen zu müssen, dass JEDER ihnen eine Bein stellt - dadurch haben sie Dauerstress und oft führt das zu komischem, verkrampften, unnatürlich wirkenden Verhalten, das auf Außenstehende wieder erklärend wird - "der verhält sich ja auch komisch". Diese Außenstehenden haben aber nie erlebt, dass sie über jede Verhaltensweise nachdenken müssen, alles im Blick haben müssen, immer überlegen müssen, was man jetzt tun könnte, um sie dumm dastehen zu lassen, worauf sie achten müssen, ob gerade da drüben über sie gelacht wird, ob die Jacke nach der Stunde noch sauber oder überhaupt draußen hängt, ob man gleich angespuckt wird, ob überhaupt jemand mit einem redet. Diese ständige Unsicherheit kann man vielleicht nur nachempfinden, wenn man selbst betroffen war oder wenn man ausführliche Berichte von Mobbingopfern liest!

Du sagst selbst schon einen Grund:

-Genauso wie Depressionen sind Mobbingvorfälle heute leider ein bisschen Trend geworden. Es gehört nahezu zum guten Ton gemobbt zu werden und Depressionen zu haben. Das macht es schon etwas schwer Glaubwürdigkeit zu schenken wenn dann mal ein echtes Opfer kommt.

Ich selbst z.B hatte an meiner vorherigen Arbeitsstelle gleich 3 Leute, die sich nonstop wegen angeblichen Mobbingvorfällen auf Facebook beschweren. Ich war in den Situationen teilweise dabei und kann bestätigen dass der Vorfall nicht so beschrieben war und das (zumindest in meinen Augen) nichts mit Mobbing zu tun hatte. Die Geschichten wurden ausgeschmückt um sie schlimmer zu machen. Und darunter leiden echte Mobbingopfer leider.

Oder in meiner jetzigen Arbeitsstelle fühlte sich eine Kollegin von mir gemobbt weil ich sie schlichtweg ignoriert habe (ich rede hier von einem Arbeitstag, nicht von 1 Woche) .Wir haben nicht in demselben Team gearbeitet und sie hat mich mit privaten Blabla die ganze Zeit genervt und ich habe sie davor mehrfach darauf hingewiesen dass ich mich konzentrieren muss. Sie ist weiterhin ins Büro gekommen um mir Stories von ihrem Exmann zu erzählen. Für so etwas habe ich dann kein Verständnis. Das Wort Mobben fällt schnell ohne das viele begreifen was das heißt.

Zusätzlich denke ich, dass es auch schwierig ist sich in die Person reinzuversetzen wenn man selbst ein Mensch ist, der sich gut in solchen Situationen wehren kann.

Manche sind schon so empfindlich, dass ein harmloser Büroscherz (nicht unter der Gürtellinie) dafür sorgt, dass sie sich im Klo einsperren und weinen. Und für die betroffenen Personen ist das wirklich schlimm! (Mit Empfindlich meine ich nicht unbedingt sowas wie sie stellen sich an, sondern eher dass alles gleich negativ bei Ihnen ankommt obwohl das gar nicht die Intention der anderen Person war)

Weil man selbst aber nie so reagieren würde fällt es schwer für eine solche Situation Verständnis aufzubringen.

Ich war auch Mobbing Opfer aber nein, schäme mich nicht deswegen. Ich finde das auch schlimm, das dieses Thema zu wenig Beachtung geschenkt wird. Aber auch die Schulen selbst thematisieren sich zu wenig mit diesem Thema bzw. Problem.

Als würde es Ihnen schaden vielleicht einmal im Jahr ein ganzen Vormittag darüber zu reden mit den Schülern und aufzuzeigen was Mobbing ist und was es mit den Opfern tun kann und was für Schäden Sie davon mitnehmen psychisch.

Viele verstehen die Mobbing Opfer nicht weil die meisten zum Teil erwachsen sind oder auch extrovertiert aber wenn man ein Kind ist? Wie kann man das in dem Alter verstehen? Das ist traurig.

Viele schicken auch die Opfer bei Psychologen oder Pädagogen dabei sollte man die Mobber dahin schicken (warum) Sie so etwas überhaupt tun und nicht die Opfer in erster Linie.

Viele können sagen ja du musst stark sein und dich wehren, das weiß ich jetzt auch in diesem Alter aber das können Kinder oder Opfer in dieser Situation nicht wissen oder es umsetzen.

Ich wünsche mir auch sehr das Mobbing nicht geduldet wird überall auf Schulen und das es ernst genommen wird.

LG💐Ella

adlersammy 
Fragesteller
 15.09.2019, 14:34

Genau man ist in manchen Lebenssituationen einfach noch zu jung und unerfahren. In der Schule kommt man eh schlecht raus. Und auf Arbeit weil man vielleicht Angst hat seine Ausbildung zu verlieren

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Da gab es mal eine Studie, die wahrscheinlich Ursache und Wirkung verwechselt hat. Die Studie stellte fest, dass Mobbingopfer in der Regel sehr unsicher sind.

Dass man jedoch nur tatsächliche Mobbingopfer in der Studie hatte, nachdem sie gemobbt worden waren, wurde gekonnt ignoriert und es wurde so getan, als wären Mobbingopfer von vornherein sehr unsicher gewesen sein und es wird verkannt, dass es sich hierbei wahrscheinlich um die Wirkung des Mobbing handelte.

Das hat die Wahrnehmung vieler in Punkt auf Mobbing geändert.

Dem hinzu kommt, dass die Vorgänge beim Mobbing sehr komplex sind. Außerdem handelt es sich dabei um oftmals rein psychische Vorgänge, die man nicht sehen kann. Wie die Psyche auf etwas reagiert, ist für viele nicht nachvollziehbar.

Zudem wird der sprachliche Diskurs stark von Tätern bestimmt. Dass die nicht positiv über Opfer reden, sollte klar sein.

Außerdem ist Victimblaming relativ weit verbreitet. Das betrifft nicht nur den Bereich Mobbing, sondern auch andere Bereiche.

Es dient auch zum anderen den Zweck sich selbst belügen zu können und sich vorzugaukeln, dass, wenn man nur dieses oder jenes tut, kann man so etwas verhindern. Wenn doch Handlungen in dieser Richtung passiert, dann ist das Opfer stets selbst Schuld, denn sonst würde das Kartenhaus in sich zusammenfallen, dass man mit seinem eigenen Handeln es verhindern kann (es ist Kartenhaus, es ist nur ein Trugschluss, um sich selbst in Sicherheit zu fühlen).

Vermutlich gibt es noch mehr Gründe, denn das Thema ist eben sehr komplex.