Warum ist Sachsen eine Hochburg für Nazis? Bin selber Sachse, und es beschämt mich sehr?

Dynamo Dresden - (Politik, Sport, Deutschland)

12 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Man kann der DDR vieles unterstellen, aber eines nicht, nämlich dass sie nicht antifaschistisch war. Die DDR war ein Staat, deren politische, moralische und historische Grundlage der Antifaschismus war.

Richtig ist, dass die DDR es nicht vermocht hat, in der Erziehung und Bildung der Menschen jeden zu erreichen. Wer die mitunter ziemlich hölzerne und ungeschickte Propaganda kannte wird das auch verstehen. Das aber auf den fehlenden Umgang mit Ausländern zu schieben halte ich für für eine ziemlich schwache Argumentation.

Es hängt mit dem Umbruch zusammen. Das, was gestern noch richtig war, war plötzlich falsch, ja sogar "verbrecherisch". Die Ideale der DDR galten plötzlich nichts mehr. Da wundert es nicht, dass damit auch der Antifaschismus als Wert den Bach runter ging. In dieses Wertevakuum sind die aus dem Westen gekommenen Rattenfänger gestoßen und stießen bei den ungefestigten und zutiefst verunsicherten vornehmlich jungen Leuten auf offene Ohren.

Desweiteren bot und bietet die Neonaziszene in den neuen Ländern die Möglichkeit, sich von den DDR-Eltern und gleichzeitig von den als die neuen Herren empfundenen Westdeutschen abzugrenzen.

Der Rechtsextremismus in den neuen Ländern ist kein Erbe der DDR, sondern Folge des gesellschaftlichen Umbruchs, Folge des Umgangs mit DDR-Biografien, Folge der Deindustrialisierung und Folge der wenig überzeugenden, als verlogen empfundenen, bürgerlichen Scheindemokratie in diesem Land.

Das gilt für Sachsen und auch die anderen neuen Bundesländer.

Randale bei Fußballspielen ist nur der Rahmen, das auszuleben.

Ubrigens sollte man nicht vergessen, dass mittlerweile die meisten rechtsradikalen jungen Leute das Bildungs- und "Erziehungssystem der Bundesrepublik "genossen" haben.

McHorst 
Fragesteller
 28.10.2011, 09:10

Da könnte was dran sein..... Vielen Dank !

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als ob es nur bei dynamo dresden zu den ausschreitungen kommt, schau mal beim hsv wie es dort mit der polizei aussieht oder glaubst du die sind dort nur zur deko? nazi und ausschreitungen beim fußball sind ganz unterschiedliche dinge.
in den neuen bundesländern sind manche menschen frustrierter und wünschen sich was anderes als diese regierung, andere schieben auch einfach alles schlechte auf die ausländer (keine arbeit und sowas) und manche haben bestimmt noch andere gründe

Wiedererstarkender Rechtsradikalismus ist leider in vielen Teilen Osteuropas anzutreffen - überall da, wo es Reisebeschränkungen und das Fehlen einer pluralistischen Gsellschaft gab. Die Bevölkerung hatte und hat praktisch gar keinen Kontakt zu Ausländern. Dadurch dass das Leben im Osten stärker reglementiert war als im Westen, konnten die Bürger keine eigenen Erfahrungen sammeln bzw. ander Kulturen kennenlernen. Zudem ist es bequem, einen Sündenbock für sein eigenes Scheitern zu haben.

Die Arbeits- und damit verbunde Perspektivlosigkeit kamen erst Jahre später (ab 1990) hinzu.

Man darf nicht vergessen, dass die heutigen rechtsradikalen Parteien, deren Anführer sogar teilweise aus dem Westen kommen, ihren Nachwuchs auf perfide Weise ködern und ihm das Gefühl von Kameradschaft, Teamgeist und Sicherheit vermitteln.

Die Frage hatte man übrigens schon Honni gestellt:

http://www.youtube.com/watch?v=Xp9fcg6u0lE

McHorst 
Fragesteller
 26.10.2011, 14:19

Vielen Dank für die Antwort ! Auch für den Clip! Mal sehen, was noch kommt - ansonsten gibts bald den Stern :-)

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Homunculus  26.10.2011, 15:01
@McHorst

Du kannst ja Cherskiy gerne den Stern geben. Es sei ihm gegönnt! Doch eine richtige, geschweige denn die beste Antwort, ist das nicht.

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OlliPeh  27.10.2011, 12:51

So ein Pfeffer. Klar haben wir in der ehemaligen DDR auch andere Völker kennengelernt- nur eben die die selben wie die Bewohner Westdeutschlands.

Sündenbock für eigenes Scheitern? Bist Du noch normal im Kopf? Mit der Treuhandanstalt wurde massiv die Industrie der DDR heruntergefahren, so dass plötzlich 25% der Bevölkerung ohne Arbeit da stand. Es gibt Ecken, wie die Uckermark oder Prignitz, da waren 75% (das war 1994) der Erwerbsfähigen arbeitslos. Gleichzeitig haben bei Bauarbeiten (Strassenbau oder Industrie) massenhaft ausländische Firmen gearbeitet. Das habe ich selbst viele Jahre erlebt während meiner Tätigkeit als Bauleiter.

Es hieß 1990 ganz großkotzig von den Politikern, dass kein Ausländer einem Deutschen die Arbeit wegnimmt, das war damals eine Lüge und ist es heute immer noch. Und das ist kein rechtes Geschwafel, ich habe es gesehen und erlebt in Bayern, Brandenburg und auch in Sachsen.

Man sollte mal die Augen aufmachen und sich selber ein Bild von den Umständen machen, bevor man die einseitige öffentliche Meinung wiedergibt.

Mittlerweilen zeichnet sich in Deutschland ab, dass es ähnlich wie in der DDR einen meinungsterror geben wird. Wer das anzweifelt, was als Politisch korrekt angesehen wird, wird in die recjhte Ecke geschoben und als Nazi bezeichnet und somit kriminalisiert. Ich habe es zu DDR-Zeiten erlebt und der gegenwärige Trend geht dahin.

Aufpassen Leute kann ich da nur sagen.

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In Sachsen ist nicht nur der Anteil der Rechtsradikalen hoch, sondern auch von den Linksradikalen. Ich denke das hängt auch sehr mit der Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit zusammen. Oft sind es auch Jugendliche, die garkeine Ahnung davon haben, aber einfach so einer Gruppe angehören möchten (Zugehörigkeitsgefühl,...). Viele Arbeitskollegen von meinem Freund sind auch rechtsradikal, er berichtet auch über Klassenkameraden, die nichtmal wissen, was das eigentlich bedeutet, was damals abging, ...

Was mich auch wundert, wenn ich durch Leipzig gehe, sehe ich kaum(nicht so viele) Ausländer. Wenn ich aber durch Stuttgart gehe ist MINDESTENS jeder 2te ein Ausländer. Warum es in Sachsen dann so hoch ist, verstehe ich einfach nicht. In Stuttgart könnte ich es mir noch eher vorstellen, da die vielen Ausländer ja auch Jobs brauchen (völlig in Ordnung!)

Ich habe auch noch viele Daten (hatte das Theme in LK GK) also wenn du noch mehr Interesse hast!

Fußball ist ja wieder die nächste Frage, also wenn es nichtmehr um den Sport geht, sondern um die 3. Halbzeit, dann ist das echt total besch*****! So siehts (meiner Meinun nach) zumindest bei LoK Leipzig aus. Für diese Polizeieinsätze will ICH doch keine Steuern zahlen!

PeVau  26.10.2011, 15:12

Wenn du in den neuen Ländern weniger Ausländer als meinetwegen in Stuttgart siehst, dann könnte das ja auch mit den Gründen für die Zuwanderung in den Wirtschaftswunderjahren der alten Bundesrepublik und mit der aktuellen Arbeitsmarktlage in den alten und in den neuen Bundesländern zu tun haben. Oder?

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Neben der Arbeitslosigkeit spielen wohl zwei weitere Faktoren eine Rolle.

In vielen Gegenden der neuen Bundesländer gibt es fast keine Ausländer. Wegen der fehlenden realen Erfahrungen schenkt man Vorurteilen leichter Glauben.

Außerdem hat die DDR die Geschichte immer so dargestellt, dass alle alten Nazis im Westen sitzen. Was angesichts der früheren Grenzanlagen objektiv Unsinn war. Im Westen hat man sich in der Schule und den Medien anders mit der Frage auseinandergesetzt.

In vielen westeuropäischen Ländern war das nicht anders als in der DDR. Selbst in Österreich und Italien hat man sich lediglich als Opfer dargestellt. Die Folge waren FPÖ und Lega Nord.

Ich kenne persönlich einen Ex-Dresden-Hooligan. Der lebt jetzt im Westen, hat einen sicheren Job und ausländische Freunde.

OlliPeh  27.10.2011, 12:38

Ist die Getthorisierung von Stadtteilen Berlins, Kölns oder Hamburg und den damit auftretenden Problemen mit Ausländern ein Vorurteil? Glaub nicht

Und der Ex-Hooligan scheint plötzlich ein ganz lieber zu sein- das Doofe ist nur, dass Hooligans normalerweise nichts mit Nazi´s zu tun haben, sondern bloß ein paar Trottel sind, denen es zu gut geht und sich aus lauter Langeweile die Fressen polieren.

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Gregorianer  27.10.2011, 20:34
@OlliPeh

Die Ghettoisierung von bestimmten Türken, Deutschen oder Kasachen ist kein Vorurteil sondern eine Tatsache. Ein Vorurteil wird es erst. wenn man gegenüber eine oder mehrere dieser Gruppen pauschale Vorstellungen hat.

Dass es den meisten Hooligans und/oder Nazis zu gut geht, halte ich aber für ein Vorurteil; dass es sich um Trottel handelt eher nicht.

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