Warum gewann Hitler und die NSDAP so viele Wählerstimmen?

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Deutschland war nach dem 1. WK in ner schlimmen Situation. Wirtschaftlich, Versorgungstechnisch, aber auch vom Nationalstolz her, der bei nem verlorenem Krieg natürlich leidet. Und damals war sowas auch noch grundsätzlich gewollt.

Und Hitler kam natürlich mit der richtigen Message, ohne jetzt parallelen zu Trump ziehen zu wollen, aber: "Make Germany great again". Deutschland war ja vor dem 1.WK ne respektable Stärke in Europa, militärisch, aber auch vom Fortschritt der Industrialisierung her. Und dafür waren natürlich viele zu haben.

Gruselpudel  05.06.2022, 16:08

Korrekt - ich ergänze noch, dass es natürlich ganz andere Zeiten waren und nicht mit heutigem Wissen beurteilt werden darf.

Und dass bereits der "Versailler Vertrag" von 1918, dem Friedensvertrag nach dem 1.WK, ein Nährboden für den aufkeimenden Faschismus war. In dem Vertrag wurde Deutschland und seinen Verbündeten die alleinige Schuld am 1.WK gegeben, an den Verhandlungen durften sie aber nicht teilnehmen, was in Deutschland auf harsche Kritik, ja Empörung bis hin in SPD-Kreise gestoßen ist. Hitler und die Faschisten haben aber den Vertrag und seine wirtschaftlichen Folgen als ein Hauptargument gegen die Demokratie der 1920er Jahre und der regierenden Sozialdemokratie genutzt.

Obwohl die amerikanische Delegation zu den Unterzeichnern gehörte, haben übrigens nur die USA vor den Folgen gewarnt und der US-Kongress hat den Vertrag letztlich auch 1920 nicht ratifiziert und einen Separatfrieden mit Deutschland geschlossen.

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verreisterNutzer  05.06.2022, 16:22
@Gruselpudel

Die wahrgenommene Behandlung durch den Versailler Vertrag ist vermutl. der Wichtigste Punkt in der damaligen Nachkriegszeit. Danke fürs Ergänzen.

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Das kann man nicht auf einen Grund zurückführen. Ich versuche mal, die wichtigsten abzudecken, das werden aber mit Sicherheit nicht alle sein.

1. Hitler war charismatisch bzw. wurde als charismatisch wahrgenommen.

2. Hitler war ein guter Redner und konnte sich gut verkaufen. Er stellte sich zum Beispiel in ein Werk (ich glaube von Porsche) und sagte denen ernsthaft, dass er auch Arbeiter sei. Man muss hier anmerken, dass er nie richtig gearbeitet hat. Es kam trotzdem an.

3. Antisemitismus war nichts Ungewöhnliches.

4. Unmut über den Versailler Vertrag war weit verbreitet. Im Reichstag wurde der zwar fast einstimmig kritisiert oder auch abgelehnt, die NSDAP schaffte es aber, diesen Punkt glaubwürdig zu vertreten.

5. Die Demokratie war bei den meisten kein Wert wie heute, man stand ihr eher skeptisch gegenüber. In der Bevölkerung gab es viel Skepsis gegenüber der Demokratie. Wirklich demokratische Kräfte waren im Reichstag kaum vertreten, siehe z. B. DNVP.

6. Die Weimarer Republik könnte man als einzige Krise bezeichnen. Es gab ständig neue Kanzler und Neuwahlen, Regierungen lösten sich auf usw.

7. Die NSDAP nutze die Weltwirtschaftskrise. Einerseits, um ihr Feindbild gegen Juden zu etablieren und andererseits, um mit populistischen Floskeln Wähler zu gewinnen. Viele hatten die älteren Parteien satt, viele wählten extrem. KPD und NSDAP waren unter den stärksten Kräften. Man wählte also in der Hoffnung auf Besserung die NSDAP.

8. Ausnutzung vieler Zufälle und bereits vorhandene Gegebenheiten. Ohne die Weltwirtschaftskrise, die krisenanfällige Weimarer Republik, das kaum vorhandene Demokratieverständnis, der Hang zum Extremen in der Bevölkerung, die zumindest gefühlte Demütigung nach dem Ersten Weltkrieg und der Reichstagsbrand: Alles nutzten sie in irgendeiner Form aus, um weiter an die Macht zu gelangen.

9. Die NSDAP verstand etwas von Massenpsychologie und nutzte dies aus. Vermutlich passt dieser Punkt in irgendeiner Form zu allen vorherigen Punkten.

10. Bedrohung und Einschüchterung durch Milizen. Das hatte zu der Zeit fast jede Partei, die der NSDAP gilt allerdings als besonders brutal.

Ich glaube, dass ich die wichtigsten Punkte genannt habe. Macht gerne Ergänzungen :).

Woher ich das weiß:Hobby – Interessierter Verfolger aktueller Geschehnisse und Debatten
Albrecht  05.06.2022, 18:29

In der Nationalversammlung 1919 ist die parlamentarische Demokratie vor allem durch die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), die Deutsche Demokratische Partei (DDP) und die Deutsche Zentrumspartei (kurz: Zentrum) begründet worden. Anfangs waren sie noch ziemlich stark im Reichstag vertreten, mit insgesamt abnehmender Tendenz und vor allem großem Schwund bei der DDP. Erst mit der Wahl 1930 ging es steil abwärts.

Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) lag im Gesamtergebnis einer Reichstagswahl niemals an zweiter Stelle. Bei ihrem stärksten Ergebnis am 6. November 1932 lag sie hinter NSDAP und SPD an dritter Stelle.

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Adf234  05.06.2022, 18:37
@Albrecht

Danke für die Korrektur, die Zentrumspartei hatte ich monarchistisch abgespeichert, das muss ich nochmals nachgucken.

Den Rest werde ich sofort korrigieren, danke!

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weil die andren Parteien völlig dabei versagten, die Interessen einer Mehrheit der Deutschen glaubwürdig zu vertreten.

(ich glaub ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass Hitler das dann aber auch nicht getan hat)

Wenn man sich die Wahlergebnisse der 20er und 30er Jahre anschaut wird man feststellen, dass die Nazis nach Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 einen großen Anstieg hatten von ca. 2,6 % im Jahr 1928 bis 37 % im Juli 1932.

Die Hauptparteien der Weimarer Republik hatten keine effektive Wirtschaftspolitik gegen die Folgen der Weltwirtschaftskrise, sondern setzten nur auf Kürzungen, die alles nur noch schlimmer machten.

Zudem: Die Hauptparteien der Weimarer Republik waren untereinander zerstritten und/oder wurden von den anderen Parteien isoliert (wie die SPD).

Woher ich das weiß:Recherche

Weil er einfache Lõsungen für große Probleme hatte. Und die Menschen nicht an die Folgen dachten oder denken wollten.