Warum fehlen immer noch Pflegekräfte in Deutschland?

14 Antworten

  1. Es ist - ohne jede Frage - ein körperlich und psychisch anstrengender Job. Das muss man erstmal machen mögen.
  2. Es ist häufig Bereitschaft zur Schichtarbeit und zur Arbeit am Wochenende und an Feiertagen notwendig. Das möchte nicht jeder in Kauf nehmen.
  3. Der Beruf kommt mit einem (statistisch betrachtet) hohem Risiko, im Zusammenhang mit dem Beruf zu erkranken. Dazu zählt beispielsweise auch ein Burnout.
  4. Es gibt kaum Aufstiegschancen. Wer mehr als nur Pflegepersonal sein möchte, hat nur wenige Möglichkeiten.
  5. Die Bezahlung ist miserabel. Der Beruf erfordert zwar kein Studium und darf deshalb auch schlechter bezahlt werden. So schlecht, wie Pflegepersonal aber teilweise bezahlt wird, ist es dann doch verständlich, dass das Gehalt als zu gering empfunden wird.

Ein Faktor, der für den Fachkräftemangel grundsätzlich eine Rolle spielt, nicht nur in der Pflege, nicht nur im Gesundheitswesen (Ärztemangel), nicht nur im Erziehungswesen (Lehrermangel, Mangel an qualifizierten pädagogischen Kräften etc), dürften die sich verändernden demographischen Verhältnisse sein. Die Impfpflicht hat mit dem Mangel hingegen nichts zu tun, der Anteil an Kündigungen ist nicht signifikant, ebenso ist kein Anstieg an vermehrtem Interesse beobachtbar. Manch einer beklagt zu schlechte Bezahlung. Wenngleich alle sozialen Berufe unterbezahlt sind und dies immSinne sozialer Gerechtigkeit und sozialen Friedens und Funktionierens korrigiert werden sollte, belegt die Studienlage recht eindeutig, dass langfristig weder das Interesse noch die Arbeitszufriedenheit durch eine höhere Bezahlung steigt, hingegen sind Arbeitsbedingungen wie Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten, Arbeitsklima, Anerkennung sehr ausschlaggebend - und die Arbeitsbedingungen sind in der Pflege vielerorts wirklich schlecht, ein besserer Personalschlüssel wäre wahrscheinlich fPt alle Beteiligten ein sinnvoller Ansatz zur Lösung dieses Problems.

Diese Debatte ist so umfassend, dass es unmöglich sein dürfte, alles hier erschöpfend darzulegen, aber ich versuche mal einen Überblick zu geben.

Als erstes Mal: Die Impfpflicht ist keineswegs gut gewesen für die Pflege, Tatsächlich gibt es einen Teil der Pflegekräfte, die aus persönlichen Erwägungen sich nicht impfen lassen wollten und stattdessen lieber den Dienst beendet haben oder auf patientenferne Arbeitsplätze bei ihrem Arbeitgeber (also ins Büro o.ä.) gewechselt sind. Für geimpfte Pflegekräfte ist der Job vielleicht wieder etwas sicherer geworden, das mag sein, aber das ganze ist eben zweischneidig.

Nun gibt es zig weitere Gründe, warum es zu wenig Pflegende gibt:

  • Das Problem ist nicht neu. Pflegemangel gab es vor 10 Jahren schon relativ gesehen, weil da schon klar war, dass die Zahl der zu pflegenden Menschen schnell steigen würde. Man hat bereits seit langem versäumt, den Beruf für Neueinstieger interessant zu machen.
  • Geld ist ein relatives Thema. Viele Pflegende die ich kenne sind mit ihrem Gehalt gar nicht mal unzufrieden. Sie sagen aber, dass das, was sie dafür tun müssen, eben nicht mehr stimmt. Immer weniger Pflegende müssen sich um immer mehr Kranke kümmern, haben damit immer weniger Zeit für den einzelnen Kranken und sind somit oft nicht mehr in der Lage, den eigentlich gebotenen Standard einzuhalten. Dazu kommen immer weiter ausufernde administrative und dokumentatorische Pflichten, die einen so erheblichen Teil der Berufs einnehmen, dass noch viel mehr Zeit am Patienten verschwindet. All das verursacht erheblichen Stress und Unzufriedenheit. Die Antwort wäre, dass man mehr Pflegende braucht - aber woher nehmen?
  • Den Anfang machte vermutlich, dass das Gesundheitssystem privatisiert wurde. Konzerne übernahmen die Kliniken und Altenheime, um mit ihnen Gewinn zu machen. Was bis zu einem gewissen Grad ja sogar sinnvoll sein mag: Konzerne sind in der Regel besser darin, ihre Abläufe effektiver zu gestalten, als das die öffentliche Hand ist. Dummerweise wollen die Konzerne auch Geld verdienen und Gewinne machen. In der Wirtschaft kann man an einer Stelle besonders gut sparen: dem Personal. So wurde im Rahmen der Privatisierung des Gesundheitssystems Personal in großem Umfang reduziert. Hierbei ging es gar nciht nur um Pflegekräfte, sondern auch Schreibkräfte, Reinigungspersonal etc, deren Aufgaben dann auf die Zurückbleibenden aufgeteilt wurden - so machen Ärzte mittlerweile oft Tätigkeiten, die früher eine Sekretärin übernommen hätte und Pflegekräfte erledigen einen erheblichen Teil der Reinigungsarbeiten einfach selbst. Das führte im Laufe der Zeit zu einer erheblichen Arbeitsverdichtung. Hinter diesem Problem steckt übrigens das für die freie Wirtschaft meiner Meinung nach ungeeignete System der Fallpauschalen, mit denen die Konzerne alles finanzieren müssen, aber das führt nun wirklich zu weit, Teilweise wird das jetzt alles korrigiert, aber nun ist es eben ein wenig zu spät...
  • Berufseinsteiger werden durch die oben genannten Probleme abgeschreckt, denn mehr als früher achten junge Menschen bei der Wahl des Jobs auf eine gute Work-Life-Balance, die aktuell in der Pflege nicht mehr herrscht - insbesondere Arbeitsverdichtung und Schichtarbeit seien hier als besonders belastend angeführt.
  • eine sehr geringe gezeigte Wertschätzung setzt dem ganzen die Krone auf: Für Pflegende wird ein paar Minuten geklatscht in der Pandemie, während irgendwelche Konzerne Milliarden zugeschmissen kriegen? Ungerecht. Ein Pflegebonus wird versprochen, aber nciht allen ausgezahlt... auch sehr schlechtes Zeichen, oder? Und so geht es weiter.

Zusammenfassend ist die aktuelle Situation das Ergebnis eines bereits seit längerem gärenden Prozesses, den man eigentlich hätte kommen sehen müssen. Vielleicht hat man auch, aber es war egal, Ich weiß es nicht. Fakt ist, dass, wenn nicht wirklich was passiert an dem Berufsbild der Kranken- und Altenpflege, dann wird man keinen Nachwuchs finden und dann wird sich das System nciht erholen können. Es muss dabei schnell gehandelt werden - aber leider ist das nciht in Sicht.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Mann hat doch gesagt das die Impfpflicht den job interessanter macht ?

Wo hast du das gehört? Ich habe das in den letzten 2 Jahren von niemandem mitbekommen.

Wieso sollte die Impfpflicht den Beruf interessanter machen? Tatsache ist eher, dass dadurch noch mehr Personal geflüchtet ist.

Abgesehen davon wird der der Personalmangel immer schlimmer statt besser. Es gibt immer mehr alte, pflegebedürftige Menschen und immer weniger junge Menschen, die den Beruf ergreifen wollen. Das Problem ist allerdings nicht von heute auf morgen entstanden. Die Fehler wurden über Jahrzehnte gemacht und immer ignoriert.

Fehler, die über so einen langen Zeitraum gemacht wurden, lassen sich nicht in wenigen Monaten oder Jahren korrigieren. Fakt ist einfach, dass man den Personalmangel nicht aufhalten kann. Andere Wege müssen gefunden werden.