Warum dauert der Beschleunigungsvorgang in der Praxis länger?

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Gibt 2 Möglichkeiten:

  • Weil man sich verrechnet hat
  • Weil man einen relevanten Effekt (Beladung des Fahrzeugs, Luftwiderstand, Rollwiderstand, Drehzahl-Drehmomentverlauf des Antriebs) vergessen hat zu berücksichtigen

Rechnungen basieren auf Modellen und Modelle arbeiten mit Vereinfachungen, um Rechnungen einfacher zu ermöglichen. Das ist in einem gewissen Rahmen praktisch. Dann ist es aber auch unbefriedigend. Am Beispiel eines Fadenpendels mag das kurz erläutert sein:

Wir kennen alle in der Schulphysik die Motivation und die Ableitung und dann kommt so etwas heraus:

Alles schön "harmonisch". Und wenn ich das erst Mal nachmesse, passt das auch prima. Dann gehe ich hin und lenke das Pendel fast bis in die Waagerechte aus (der Faden bleibt noch gespannt) und es stimmt nicht mehr. Obige Gleichung ist die Lösung einer Differenzialgleichung unter Berücksichtigung von Termen 0.ten Grades. Und diese setzen bspw. den Faden masselos und kennen keinen Luftwiderstand.

Will ich das Pendel richtig beschreiben, muss ich es als Rotation eines ausgedehnten Körpers beschreiben, was schon eine etwas umfangreichere Mathematik benötigt. Und ich muss die Dämpfung des Luftwiderstandes einrechnen, irgendwann kommt das Pendel ja zur Ruhe. Und überhaupt: Die Gleichung ist eindimensional, sie kennt nur den Auslenkungswinkel in eine Richtung! Mein Pendel kann aber auch kreiseln (Anregung von zwei Ausrenkungen). Und – im Münchner Deutschen Museum eindrucksvoll im Treppenhaus aufgebaut – wirkt auf mein Pendel die Erdrotation, die Pendelebene dreht sich!

Ist deshalb obige Gleichung fürs Pendel falsch? Nein, sie verwendet ein vereinfachtes Model und in diesem Rahmen (!) kann ich sie verwenden. Damit habe ich eine grundlegende Eigenschaft erkannt. Und: Bei der Beschreibung des Pendels im Deutschen Museum würde ich die Schwingungsfrequenz ganz außer Acht lassen und nur die Wirkung der Coriolis-Kraft beschreiben. Wieder ein anderes, vereinfachtes Modell. So können sich Modelle auf Aspekte, die betrachtet (und verstanden) werden sollen konzentrieren, ohne gleich "das ganze Universum" abbilden zu müssen. (Und da wäre die Lösung ohnehin immer 42 ...😎)

Ergo: Lass uns Modelle nutzen, um Sachverhalte für uns einfacher darzustellen. Wir werden Modelle darüber hinaus erweitern, so wir mehr Einflüsse berücksichtigen müssen – vorher nicht, sonst wird's unhandlich.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Weil man einen relevanten Effekt (Beladung des Fahrzeugs, Luftwiderstand, Rollwiderstand, Drehzahl-Drehmomentverlauf des Antriebs) nicht berücksichtigt

Weil Theorie ( Rechnung) und Praxis (Test) meist abweichen