Wann kann die Polizei eine Blutprobe anordnen?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo,

Urintest und die "Feinmotoriktests" sind freiwillig. Wenn du die nicht machen willst, ist das i.O.

Wenn ich Drogenkonsum einfach verneine (wahrheitsgemäß!) und alle physiopathologischen Tests und den Urintest verweigere, haben sie dann eine rechtliche Handhabe, wenn ich der Erscheinung nach unauffällig bin?

Unter den Voraussetzungen: Nein.

Aber:

Wenn der Polizeibeamte einen Verdacht hat, dass du unter berauschenden Mitteln fährst, kann und wird er eine Blutprobe anordnen.

Verdacht könnte sein: Verspätete Reaktion nach Anhaltesignal, unsicheres Auftreten, wechselnde Stimmung... das ist alles subjektiv, kann also wenn wir ehrlich sind, quasi immer begründet werden...

Lassen Beamte sich davon beeindrucken, wenn man sie mit diesen Vorwürfen kommt, wenn sie einen zur Blutentnahme mitnehmen wollen

Nein.

De facto kommt nämlich in der Praxis nichts dabei raus, wenn du einen Polizisten anzeigst, wenn die Blutentnahme negativ war.

Wieso? Alle von dir aufgeführten Delikte sind nur vorsätzlich begehbar. Du müsstest also nachweisen können, dass der Polizist WUSSTE, dass du nicht unter Drogeneinfluss gefahren bist und dennoch die Blutprobe angeordnet hat. Aber das konnte er ja nicht wissen, weil du die Vortests - was dein Recht ist - verweigert hat.

Damit begeht der Polizist keine strafbare Handlung.

Klar kannst du ihn anzeigen.

Wird aber eingestellt.

Ich dürfte ungefähr bei 30 Anzeigen liegen - alle eingestellt...

Wenn du aber gleich mit der "Ich zeig Sie an"-Keule kommst, darfst du dich darauf gefasst machen, dass die Kontrolle dementsprechend intensiver ausfällt ;-) #logischereihenfolgederautoteile Das dauert gern mal ein oder zwei Stunden - natürlich erst nach der Blutentnahme...

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Nikolai1989 
Fragesteller
 20.02.2021, 23:27

Hat man denn überhaupt eine Chance die physiopathologischen Tests zu bestehen?

Sind die Beamten fair in dieser Sache? Oder steht von vornherein fest, dass dies nur als Begründung für eine blutentnahme eingezogen wird ?

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Nikolai1989 
Fragesteller
 20.02.2021, 23:28
@Nikolai1989

PS: Sind 30 anzeigen in 15 Dienstjahren viel?oder Durchschnittlich?

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Dommie1306  20.02.2021, 23:30
@Nikolai1989
Physiopathologischen Tests 

Ja doch, würde mal schätzen von meinen "Kunden" haben sie ~80% bestanden.

Da gabs halt dann auch richtig krasse Sachen... beispielsweise lass ich die Verkehrsteilnehmer gerne auf einem Fuß stehen und er soll selbstständig nach 30 Sekunden (schätzen) den zweiten Fuß wieder auf den Boden stellen.

Hatte einen, der auf Speed war, der hat den Fuß nach 6 Sekunden wieder hingestellt (von mir gemessen)... und mir dann gesagt, er hat vorsichtshalber bis 35 gezählt.

Und einen vollkommen zugekifften, der sich zwar festgehalten hat, aber nach 2 Minuten immer noch auf einem Bein stand. Ich hab ihn dann gefragt, wie lange er noch stehen bleiben will und er meinte, er wäre erst bei 20... den Test hab ich dann abgebrochen ;-)

Aber wenn jetzt einer 25 Sekunden hat, oder 35... was solls. Ich könnte vermutlich 30 Sekunden auch nicht abschätzen.

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Dommie1306  20.02.2021, 23:31
@Nikolai1989

Denke mal Durchschnitt. Gefühlt kriegst du von jedem, den du wegen Widerstand anzeigst eine Gegenanzeige wegen Körperverletzung...

Hatte auch eine Anzeige in Den Haag (jaaa, Menschengerichtshof bei Kriegsverbrechen... war ein Reichsbürger, der die deutsche Gerichtsbarkeit nicht anerkannt hat...) Das ist aber dann doch eher die Ausnahme :D

Da wäre aber tatsächlich mal eine Statistik interessant.

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Nikolai1989 
Fragesteller
 20.02.2021, 23:33
@Dommie1306

Menschengerichtshof, Ach du sch—😅

Aber was du schriebst klingt versöhnlich. Dann habe ich ja als Unberauschter die faire Chance, den Test zu bestehen. Ich dachte immer er dient einzig der Rechtfertigung zur blutabnahme

:-)

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Dommie1306  20.02.2021, 23:41
@Nikolai1989
Menschengerichtshof, Ach du sch—

Ja, ließt sich komisch im Lebenslauf :D:D:D:D:D

Ich bin ehrlich: Ich brauch keine Rechtfertigung für eine Blutentnahme. Die kann ich mir immer konstruieren. (Könnte, Konjunktiv, ich mach das nicht und ja, ich gebe sofort freiweg von der Leber zu, dass es Kollegen gibt, die das machen).

Wie gesagt: Verspätete Anhaltung und Stimmungsschwankungen. Da war ich sogar mal vor Gericht, weil ein Kollege (ein Arsc'loch vor dem Herren), unbedingt einen Unschuldigen ans Messer liefern wollte. Folgende Situation:

Auf einer Bundesstraße haut er "Bitte Anhalten" rein. Der Fahrzeugführer sieht das. Blinkt einmal (zum Anzeigen "Habs kapiert"), hält aber nicht sofort (was ja auf der Bundesstraße Sinn ergibt), sondern fährt bei der nächsten Abfahrt raus und auf den Pendlerparkplatz. Meiner Meinung nach: Perfekt reagiert. Lässt die Scheibe runter und wünscht mir als sichernder Beamter einen schönen Abend. Hab ich natürlich erwidert. Anschließend grüßt er meinen Kollegen. Mein Kollege "Wollten Sie wegfahren oder was? Ich wollte Sie schon vor 5 Minuten anhalten!" Er, ganz verdutzt, erklärt, dass er nur eine sichere Örtlichkeit für die Kontrolle gesucht hat. Kollege: "Dass lassen Sie mal schön meine Sorge sein und erklären mir nicht wann ich wo meinen Job zu machen habe!" Der Verkehrsteilnehmer nun leicht gereizt: "Sorry, ich habs nur gut gemeint."

Was macht mein ***** Kollege? Weil der Fahrer zu mir nett ist und ihn anschnauzt (ZU RECHT!) unterstellt er ihm STIMMUNGSSCHWANKUNGEN! Zusammen mit der "verspäteten" Anhaltung zwei Ausfallerscheinungen. Ab zur Blutentnahme.

Dann kommt auch noch raus, dass er wirklich Medikamente genommen hatte (weiß nicht mehr was, irgendwas gegen Schmerzen im Rücken?), bei denen in der Packungsbeilage stand "Kann bei übermäßigem Verzehr zu verlangsamten Reaktionszeiten im Straßenverkehr führen". Zack, Anzeige nach §315c StGB. Bei Verurteilung mindestens 9 Monate keinen Führerschein mehr.

Ich danke Gott auf Knien, dass ich von der Verhandlung mitbekommen habe und beim Richter angerufen habe, dass ich unbedingt geladen werden will. Hab dann erzählt wies WIRKLICH ablief. Naja, Freispruch dann halt, was auch sonst.

Boah, war ich sauer.

Und dann hat dieser Kollege (ich mag ihn nicht, kann man das aus den Zeilen rauslesen^^) wirklich noch die Frechheit zu sagen: "Hätte er einen Urintest gemacht, wäre der negativ gewesen und dann hätten wir keine Blutentnahme angeordnet." Ja stimmt schon du Honk, aber das ist freiwillig! Da kannst du keinem einen Strick draus drehen! ARGH.

In solchen Situationen hasse ich meinen Job -.-

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Nikolai1989 
Fragesteller
 20.02.2021, 23:45
@Dommie1306

Oh je. Kann man denn gegen den Kollegen aussagen? Ich höre in den Medien immer, dass man dann von der gesamten Dienststelle als Nestbeschmutzer gesehen wird und Beförderungen ausbleiben, Bewertungen schlecht sind und man nicht mehr auf private Feiern eingeladen wird...

Ist das so extrem? Würdest du einen Kollegen, der zb ungerechtfertigt jemanden boxt, anzeigen?

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Dommie1306  20.02.2021, 23:50
@Nikolai1989

Du meinst diesen falsch verstandenen Korpsgeist? Ja den gibts, aber zum Glück nicht so extrem, wie er immer dargestellt wird. In dem Fall wars ja einfach zu umschiffen: ICH hab das so und so wahrgenommen, mein Kollege anders. Deswegen handelt er ja (wie ganz oben in meiner Antwort) nicht vorsätzlich, er hat sich halt "gerirrt". Damit muss ich nicht gegen ihn aussagen, aber der Beschuldigte wird freigesprochen. Alle sind glücklich und zufrieden.

zb ungerechtfertigt jemanden boxt, anzeigen?

Jein. Ich ihn anzeigen? Eher nicht. Mich als Zeuge zur Verfügung stellen, wenn der Geschädigte ihn anzeigen möchte? Unbedingt! Wir brauchen keine dämlichen Rambos bei uns. Ist doch so: Ich behaupte mal, 95% aller Kollegen machen einen vorbildlichen, bürgernahen Job. Und werden die in den Medien oder in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Nein, die Spaken, die widerrechtlich irgend jemanden schikanieren, schlagen, rechte Parolen rumposaunen oder sonst was prägen das aktuelle Polizeibild.

Wobei man ehrlicherweise auch sagen muss: "ungerechtfertigt jemanden boxen"... kam mir so noch nicht vor. Wie bereits erwähnt wurde ich ja bereits X-mal angezeigt, weil ich angeblich "ungerechtfertig geboxt" hätte. War aber immer rechtmäßig... so wars bei den Kollegen, mit denen ich Dienst geleistet hatte bis jetzt auch...

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Nikolai1989 
Fragesteller
 20.02.2021, 23:54
@Dommie1306

Ich kenne einen, der prahlt immer damit, jemandem der ihn idiot genannt zu haben das Funkgerät ins Gesicht geschlagen zu haben.
Ist es nicht auch Standard, dass wenn ich einen Polizisten wegen KV i.A Anzeige, dieser reflexartig einen Widerstand anzeigt, auch wenn dem nicht so ist?

stell dir vor jemand möchte gegen untechtmäßige Gewalt gegen ihn vorgehen und ist dann auch noch vorbestraft wegen Widerstandes...

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Dommie1306  20.02.2021, 23:58
@Nikolai1989

Widerstand muss ich halt schon irgendwie begründen können.

Wenn ich dir heute auf die Fresse gebe, weil Nikolai ein scheiß Name ist, dann ist das KV im Amt... aber mit Widerstand wirds schwierig zum beweisen^^

Wenn du heute dem Kollegen das Funkgerät drüber ziehst und ich dich deswegen umhaue, ist der Widerstand offensichtlich... und die KV Anzeige wird ziemlich sicher auch kommen... (KV liegt ja erstmal auch vor, nur mit Rechtfertigungsgrund...)

stell dir vor jemand möchte gegen untechtmäßige Gewalt gegen ihn vorgehen und ist dann auch noch vorbestraft wegen Widerstandes...

Ja, endet vermutlich nicht so geil für denjenigen.

Ich bin jetzt raus, muss morgen früh raus. Gute Nacht und wenn noch was ist, einfach nochmal nachfragen.

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Wenn der Beamte einen entsprechenden Verdacht hat, kann er von einem Richter eine Blutentnahme anordnen lassen. U.U. reicht auch ein Staatsanwalt bzw. kann der Beamte es selbst anordnen. Alles was du da aufgeführt hast, wird dir nicht helfen, selbst wenn die Blutuntersuchung negativ ist.

Keiner muss irgendwelche Kunststücke aufführen bei einer verkehrskontrolle, auch muss man keine Urinprobe machen. (Es gibt auch noch Wisch-schnelltests)

Bei begründetem Verdacht kommt man aber nicht um eine Blutprobe herum. Aber wenn man nichts genommen hat ist doch gut.

Polizisten sind keine Anwälte und Richter, aber wenn man meint besonders schlau zu sein und irgendwelche gesetzestexte aufzählt, trägt das nicht zur besseren Situation bei. Oder davon lassen die sich nicht beeindrucken. Wenn man nichts getan hat, braucht man die Konversation ja auch nicht zu übertreiben.

Auf Youtube sind ein paar Anwälte unterwegs die solche Sachen zu erklären auch in ihren videos haben...

Die brauchen immer einen begründeten verdacht. Wenn du sagst du kommst gerade von einer Party. Dann reicht das als verdacht um dich Pusten zu lassen.

Im übrigen ist es auch verdächtig wenn jemand diese ganzen tollen Paragraphen kennt die du da aufgezählt hast. Warum sollte die jemand auswendig kenne? -> Verdacht.

Bleib einfach normal. Wenn die einen haben der erstmal rumgröhlt das er rechte hat und man dies und das nicht darf, glaub mal, den schauen die sich ganz genau an.

Zusammengefasst:

Nein, wird nichts helfen!

Sieh es Positiv - haben Sie sich geirrt, dann bezahlt der Staat die Blutprobe