Verwandtschaft?


14.12.2021, 22:10

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Muffin884  14.12.2021, 22:13

Deine Frage dazu lautet?

Loulou1236 
Fragesteller
 14.12.2021, 22:23

Ich versteh nicht was man aus dem Hypothesen für Schlussfolgerungen herausziehen soll

Muffin884  14.12.2021, 22:25

Bitte in welcher Klasse bist du?

Loulou1236 
Fragesteller
 14.12.2021, 22:25

Q2/12

Muffin884  14.12.2021, 22:26

In der 12?

Loulou1236 
Fragesteller
 14.12.2021, 22:26

Ja😂

2 Antworten

Stellen wir uns am Anfang eine einfache Frage: wie kann ich feststellen, ob zwei Personen miteinander verwandt sind oder nicht? Sind z. B. zwei im Sandkasten spielende Kinder Geschwister oder nur Sandkastenfreunde?

Dafür müssen wir uns die beiden nur einmal genauer ansehen. Gibt es gemeinsame Merkmale? Haben beide vielleicht dieselbe Nase oder ein Muttermal? Gibt es vielleicht in der Form des Mundes Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten in der Art und Weise ihrer Bewegungen? Wenn die Kinder sich ähnlich sehen, kann man mit einiger Gewissheit sagen, dass sie miteinander verwandt sind. Die Überlegung, die dahinter steckt, ist folgende: Merkmale werden vererbt. Wir erben bestimmte Eigenschaften von unseren Vorfahren, z. B. von unseren Eltern. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass zwei Geschwister von ihren Eltern auch einige Merkmale erben, die sie beide gemeinsam haben. Wenn der Vater z. B. ein Muttermal am Hals hat, ist die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass die beiden Geschwister dieses Muttermal ebenfalls haben.

In der biologischen Systematik geht man nach exakt dem gleichen Prinzip vor. Will man wissen, ob zwei Gruppen (Taxa), t. B. zwei Arten oder zwei "Ordnungen", verwandt sind oder nicht, muss man nach charakteristischen gemeinsamen Merkmalen suchen, den so genannten Synapomorphien.

Linné hat bei der Erstellung seines Systems der Pflanzen etwa nach Ähnlichkeiten und Unterschieden im Aufbau der Blüte gesucht, etwa nach Form der Symmetrie (Spiral-, Radiärsymmetrie oder Zygomorphie) oder nach der Anzahl von Kelch- und Kronblättern oder der Griffel und Staubgefäße.

Auch in der Zoologie beruhte die Systematik lange auf der Suche nach übereinstimmenden morphologischen Merkmalen. Mit der Etablierung der Verhaltensbiologie wurden zunehmend auch Verhaltensmerkmale in die Verwandtschaftsanalyse einbezogen. Denn nicht nur morphologische Merkmale, auch Verhaltensweisen werden (teilweise) vererbt.

Etwa ab den 1980ern setzte sich die Ansicht durch, die Cathartidae wären nicht mit den übrigen Greifvögeln (Falconiformes) verwandt, sondern stünden den Störchen, Ibissen und Reihern (Schreitvögel, Ciconiiformes) näher. Begründet wurde dies durch eine Reihe morphologischer Ähnlichkeiten, z. B. der Art und Weise, wie beide beim Fliegen ihre Flügel halten oder dadurch, dass Neuweltgeier mit ihren Füßen nicht zugreifen können, so wie die "echten" Greifvögel. Und auch einige ähnliche Verhaltensweisen sprachen dafür, die Cathartidae aus den Falconiformes auszugliedern und stattdessen zu den Ciconiiformes zu stellen, z. B. dass Neuweltgeier und Störche bei starker Hitze ihre Beine mit Kot bespritzen, um durch die Verdunstung für Abkühlung zu sorgen.

Das Problem mit morphologischen Merkmalen ist, dass sie auch mehrfach voneinander unabhängig in verschiedenen Gruppen entstehen können. Man spricht dann von Parallelentwicklung oder konvergenter Evolution. Die Ähnlichkeit führt uns dann auf die falsche Fährte und es sieht so aus, als ob zwei Taxa miteinander verwandt sind, obwohl sie es in Wirklichkeit nicht sind. Die Schwierigkeit besteht somit darin, herauszufinden, welche gemeinsamen Merkmale wirklich ursprungsgleich (homolog) sind, also von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen und bei welchen Merkmalen es sich nur um analoge Parallelentwicklungen handelt. So nahm man in den 1980ern eben an, dass die ähnliche Lebensweise als Aasfresser dazu führte, dass Altwelt- und Neuweltgeier sich ähnlich entwickelt hätten, aber eben unabhängig voneinander. Ebenso wäre es jedoch auch möglich, dass die Merkmale, die die Neuweltgeier mit den Störchen gemeinsam haben, durch Parallelentwicklung entstanden sind.Um die Frage abschließend zu klären, musste ein neuer Ansatz her.

Erinnerst du dich noch an unser Eingangsbeispiel mit den beiden Kindern? Nehmen wir einmal an, wir wollen wissen, ob der Vater der Kinder auch tatsächlich der biologische Vater ist. Möglicherweise hatte die Mutter auch noch mit einem weiteren Mann ungefähr zur gleichen Zeit Kontakt. Vielleicht sieht auch er den Kindern in gewisser Weise ähnlich. Wie finden wir nun heraus, welcher der beiden Männer der echte Vater ist? Weißt du, wie man diese Frage klären kann? Genau, mit einem DNA-Vaterschaftstest.

Wir wissen heute, dass ja im Kern gar nicht Merkmale oder Verhaltensweisen vererbt werden, sondern die DNA. Sie ist es ja, die unsere Väter und Mütter an uns weitergegeben haben. Also sollte man doch auch auf Ebene der Gene nach Verwandtschaftsmerkmalen suchen und damit z. B. Stammbäume erstellen können, richtig? Richtig! Indem wir nämlich die DNA-Sequenz z. B. eines (oder mehrerer) Gene miteinander vergleichen (man kann sogar ganze Genome vergleichen, das ist aber aufwändig und teuer). Der Vergleich der DNA-Sequenzen hat gegenüber dem Vergleich von morphologischen oder Verhaltensmerkmalen zwei Vorteile: erstens kann man eine hohe Anzahl von Einzelmerkmalen miteinander vergleichen, denn jedes einzelne Nukleotid einer DNA-Sequenz ist ein Merkmal und ein Gen kann aus hunderten oder gar tausenden Nukleotiden bestehen. Zweitens sind die Merkmale einfach und objektiv miteinander vergleichbar, denn jedes Nukleotid kann nur, abhängig davon, welche der vier Basen (Adenin, Guanin, Thymin oder Cytosin) vier Merkmalszustände annehmen, die sich eindeutig zuordnen lassen.

Eine DNA-Sequenz wird von Generation zu Generation weitergegeben. Die Sequenz bleibt aber nicht gleich, sie verändert sich durch zufällige Mutationen. Solange sich die Mutation nicht nachteilig auf das Überleben auswirkt, bleibt sie erhalten (Neutralitätstheorie der molekularen Evolution). Zum Glück für uns sind die allermeisten Mutationen harmlos, d. h. neutral. Unter der Annahme, dass die Mutationswahrscheinlichkeit eines Gens über die Zeit konstant ist, die so genannte Mutationsrate, kann man deshalb durch Vergleich der DNA-Sequenzen auf die Verwandtschaft zweier Taxa zueinander schließen. Je früher sich zwei Taxa voneinander getrennt haben (je entfernter sie verwandt sind), umso mehr Zeit konnte natürlich vergehen, in der die DNA-Sequenzen durch Mutation Unterschiede angesammelt haben. Sind zwei Gruppen hingegen nah miteinander verwandt, ist der Unterschied in den DNA-Sequenzen nur gering. Die nächsten Verwandten des Menschen sind z. B. die Schimpansen. Ihre und unsere DNA stimmt zu fast 99 % überein.

In jüngster Zeit hat die Verwandtschaftsanalyse mittels molekularbiologischer Methoden (DNA-Sequenzierung) immer größere Bedeutung erlangt und ist heute zum Goldstandard geworden (natürlich sind aber auch weiterhin morphologische Merkmale von großer Bedeutung). Die Systematik der Vögel hat sich dadurch in den vergangenen Jahren stark verändert.

Der Vergleich der DNA-Sequenzen hat gezeigt, dass die Cathartidae tatsächlich nicht mit Störchen, sondern doch mit anderen Greifvögeln verwandt sind. Stattdessen hat sich gezeigt, dass dafür die Falken nicht den Greifvögeln, sondern den Papageien (Psittaciformes) und Singvögeln (Passeriformes) nahestehen. Die Falken werden deshalb heute als eigene "Ordnung" Falconiformes in die Nähe der Papageien gestellt. Die übrigen Greifvögel erhielten einen neuen Namen, Accipitriformes und enthalten jetzt wieder die Neuweltgeier, sowie den Sekretär (Sagittariidae), den Fischadler (Pandonidae) und die eigentlichen Greifvögel, die Habichtartigen (Accipitridae).

Die Schreitvögel enthalten heute nur noch die Störche, während Reiher und Ibisse mit den Pelikanen näher verwandt sind und heute in die früher als Ruderfûßer bezeichneten Pelecamiformes gestellt werden. Andere Vertreter, die traditionell in diese Gruppe gestellt wurden, mussten ausgegliedert und in zwei eigene Verwandtschaftsgruppen gestellt werden: Phaethontiformes (Tropikvögel) und Suliformes (Tölpel, Kormorane, Schlangenhalsvögel und Fregattvögel).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Kannst du was mit den Begriffen Geno- und Phänotyp anfangen? = dann ordne die im Artikel aufgeführten Merkmale mal zu...

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Loulou1236 
Fragesteller
 14.12.2021, 23:09

Ich weiß nicht was du damit meinst, ich bin voll verwirrt😭

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myotis  14.12.2021, 23:49
@Loulou1236

Wie unterscheiden sich denn die Argumente der ersten von denen der zweiten?

Wo werden äußerliche/optische und wo tatsächlich genetische Angaben verwendet?

Google mal Konvergenz: sehr ähnliche Arten müssen noch lange nicht näher verwandt sein ...

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