Unterschied Schulmathematik und "höhere" Mathematik?

3 Antworten

Die Schulmathematik befasst sich gerade mal mit linearen und wenigen nichtlinearen Funktionen (sin, sqrt, e^x)

und nur für ganze oder reelle Zahlen.

Etwas Statistik & Wahrscheinlichkeitstheorie...

Dabei geht es da erst richtig los! Alles andere ist der REST:

Bücher, die im Regal "höhere Mathematik" liegen, befassen sich meist mit Integral- & Differentialrechnung bis in den komplexen Zahlenbereich.

Es sind über 300 Funktionen bekannt -> die meisten sind Integral-Funktionen, die auch als unendliche Reihe und im komplexen Zahlenbereich berechnet werden können:

z.B. http://www.lamprechts.de/gerd/php/RechnerMitUmkehrfunktion.php

Etwa 80 % können mit hypergeometrischen Funktionen (auch nur Reihen) berechnet werden.

So können per http://www.lamprechts.de/gerd/LambertW-Beispiele.html

Formeln berechnet werden, die in der Schule nur näherungsweise im reellen Zahlenbereich betrachtet wurden.

In der Schule gibt es nur für Polynome bis Grad 2 explizite Lösungen (pq-Formel), dabei gibt es für Grad 3 die PQRST und Grad 4 die PQRSTUVW:

http://www.lamprechts.de/gerd/php/gleichung-6-grades.php

Aber das ist noch lange nicht alles! Allein unter
http://mathworld.wolfram.com/

gibt es über 800 Seiten mit zig Schubfächern! Da können sich selbst Mathe-Professoren nur auf bestimmte Bereiche spezialisieren.

Pro Bereich kann man ganze Bücher schreiben...

Die theoretische Mathematik kann sogar die Grenzen der Physik überwinden und einige rechnen mit über 11 Dimensionalen Räumen!

Oder Beweise mit übergroßen Zahlen wie

https://de.wikipedia.org/wiki/Grahams_Zahl

(die kann nicht mal als Potenzturm geschrieben werden -> dafür mussten https://de.wikipedia.org/wiki/Hyper-Operator

erfunden werden)

Selbst solche scheinbar einfache Berechnung der "Multiplikation" kann für extrem große Zahlen (so ab 1 Mio. Stellen) per FFT-Algorithmus enorm beschleunigt werden...

Aber bedenke: der Mensch allein definiert die "Schubfächer", also was in den Lehrplan der Schule & des Studiums aufgenommen wird!

veeQuZ 
Fragesteller
 01.01.2017, 18:43

Wow, Vielen Dank!
Ich kann Sie leider nicht als hilfsreichste Antwort auszeichnen...

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hypergerd  01.01.2017, 18:52
@veeQuZ

Geduld. Außerdem geht es mir auch nicht immer um "Punktesysteme", sondern um interessanten Wissensaustausch.

Der höchste Gewinn liegt darin, wenn beide (Fragesteller & Beantworter) was davon haben. So fragte mal jemand nach der Zerlegung einer 400stelligen Zahl in ihre 3 Faktoren-> ich befasste mich damit

und fand neben der Lösung per kubischer Gleichung (die auf über 200 Stellen nach dem Komma genau berechnet werden musste) auch noch einen Carmichael-Zahl-Algorithmus

http://www.lamprechts.de/gerd/php/Carmichael-Zahl-Faktorisierer.php

der auch Nicht-Carmichael-Zahlen in 2 Primzahlen zerlegen konnte...

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Nickinator300  01.01.2017, 19:16
@hypergerd

1. Warum sind sie noch kein "Community-Experte" für Mathematik? :D

2. Ich muss sagen, in dieser Antwort hat man tatsächlich Ihre Begeisterung für das Thema "gespürt". Es sollten mehr Lehrer mit solchem Elan ans Werk gehen...

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hypergerd  01.01.2017, 19:42
@Nickinator300

zu 1.: im letzten Jahr war ich das noch...

Außerdem zählen hier nur die Punkte! Wenn man nicht oft antwortet (so wie ich, weil ich nur interessante Fragen beantworte), ist man schnell raus...

So kann jemand aus der 4. Klasse, der viel Fragen zur 2. Klasse beantwortet, Experte werden... :-)

zu 2.: Lehrer haben oft nicht die Zeit, um den praktischen Nutzen rüber-zubringen, und so ist Mathe für die meisten sehr trocken...

P.S.: ich besorge mir gerade die letzten der 22,4 TB an Pi Nachkommastellen (Weltrekord)-> bin schon gespannt, da das nicht nur "Zahlenspielerei" ist, sondern auch viele Zahlenfolgen wie

http://www.gerdlamprecht.de/BisZuWelcherNKalleStringKombi.htm

oder neue Fundstellen und Muster

http://www.gerdlamprecht.de/Pi_Nachkommastellen_Bilder_visualisiert.html

 beinhaltet...

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Hauptunterschied ist der strukturierte Neuaufbau der Mathematik und schruttweiser Beweis von allem.

In der Universität legt man Axiome für z.B. Räume fest und leitet daraus Regeln her. In der Schule beschäftigt man sich zum einen nur mit einem kleinem Teilbereich der Mathematik und verwendet die Regeln nur.

Grundsätzlich kommen in der Uni auch manchmal noch ähnliche Aufgaben wie in der Schule. Es wird aber nicht wie in der Schule explizit beigebracht, wie man z.B. Funktionen diskutiert, sondern man führt die Ableitung formal ein und muss dann Funktionen diskutieren können ohne, dass es explizit erklärt wird.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abschlüsse in Physik und Mathematik.

Da liegen Welten zwischen ;-)
Schul-Mathematik, das ist "ein bisschen Rechnen" ;-)
Mit richtiger Mathematik hat die Schul-Mathematik wenig zu tun.

Das ist für Leute, die (noch) nicht Mathe studiert haben, schwer vorstellbar und schwer nachvollziehbar, aber es ist so.
Ich hab Mathe studiert und erlebe es immer wieder, dass es völlig unmöglich ist, anderen Leuten verständlich zu machen, womit man sich im Mathe-Studium beschäftigt.
Z.B. dass man im Mathe-Studium kaum Zahlen braucht, das ist für Leute, die glauben Mathe=Rechnen, unvorstellbar ;-)

Insbesondere Oberstufenschüler/Abiturienten mit Mathe-LK, die überlegen Mathe zu studieren, die wollen das einfach nicht wahrhaben, dass die Uni-Mathematik kaum was mit Schul-Mathematik zu tun hat. Die glauben, dass Mathematiker übertreiben, wenn sie von ihrem Studium erzählen ;-)
Und dann, bereits in den ersten Wochen des Mathe-Studiums geht's (fast) ALLEN Mathe-Studenten so, dass sie KEIN Wort verstehen in den Vorlesungen, auch wenn sie im Mathe LK immer 15 Punkte hatten.
Ging mir damals auch so ;-)

Ein großer Teil bricht das Studium ab, spätestens nach den ersten Klausuren, aber ein kleiner Teil hält durch.
Und nach und nach kommt das Verständnis.
Und die Einsicht, dass es tatsächlich unmöglich ist, anderen Leuten zu beschreiben, was man im Mathe-Studium macht ;-)