Transgender in Japan?

5 Antworten

Ich war vor einer Weile selbst in Japan. Dass ich trans bin, ist vielleicht nicht hundertprozentig offensichtlich, aber ich denke, man merkt es schon.

Über die LGBT-Situation in Japan könnte ich jetzt lange reden, aber wenn man als Tourist oder für einen Austausch da ist, ist das was anderes.Tatsächliche Probleme hatte ich in Japan nie. Dazu muss ich anmerken, dass ich nur in größeren Städten unterwegs war.

Angemacht oder so hat mich niemand, aber als Europäer kann man schon mal eher angeguckt werden als andere. Je "ungewöhnlicher" man ist, desto mehr passiert das. Ich persönlich bin fast 1,80 groß und zieh da schon deshalb Blicke auf mich. Aber insgesamt war das Ergebnis: Niemand hat je direkt meine Identität angezweifelt oder verdächtig geguckt, wenn ich mich vorgestellt habe. Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal meinen Pass mit dem neuen Namen, aber das hat auch niemanden gestört (vielleicht haben die einfach nicht so genau draufgeguckt). Hin und wieder habe ich auch von Leuten Komplimente bekommen, und die Empfangsdamen an unserer Unterkunft haben sogar angenommen, dass ich die Ehefrau meines Mitreisenden sei.

Ich denke mal, dazu tragen zwei Dinge bei: Manchen Japanern fallen vielleicht einige für uns "typisch" männliche oder weibliche Merkmale bei Europäern nicht so stark auf, weil Sachen wie Körpergröße und Gesichtsstruktur sowieso anders sind als sie es gewohnt sind. Und viel eher noch: Der weit überwiegende Großteil der Bevölkerung ist zumindest nach außen hin überfreundlich, und selbst wenn sie sich was komisches denken, würden sie einem das nie ins Gesicht sagen.

Bei der Anerkennung von Transleuten lässt Japan immer noch etwas zu wünschen übrig, im schlimmsten Fall verstehen sie nicht den Unterschied zwischen Transmenschen und Crossdressern. Aber wie gesagt, ich habe auf meiner Reise nie negative Erfahrungen gemacht. Alle haben mich ganz selbstverständlich respektiert.

Ein bisschen Vorsicht gilt dann aber schon, wenn es um solche Sachen wie gemeinsames Wohnen oder öffentliche Bäder (in denen man schließlich nackt ist) geht. Ich denke, da muss man sich tatsächlich überlegen, ob man sich damit rumschlagen will.

Emilytg 
Fragesteller
 08.08.2019, 19:24

Oh vieeelen dank für die tolle Antwort ja bin auch 1.78 groß 😭aber diese erfahrungen machen schon Mut. Ich liebe Japan halt einfach und dieses Jahr ist iwie sehr wichtig für mich🎌😅

1

Ich war als ATS in Japan und lebe heute dort (bin aber nicht trans).

Das „Problem“ ist ein wenig, dass es zwei verschiedene Dinge sind, ob man grundsätzlich als Trans-Ausländer in Japan gut leben kann (also keine Übergriffe oder Diskriminierung erfährt etc), und ob man damit gut ein Austauschjahr machen kann. Beim ersteren würde ich spontan sagen: kein Problem. Beim zweiten bin ich mir leider nicht ganz so sicher.

Es geht zuallererst damit los, dass dich eine Organisation annehmen muss. Gastfamilien (und auch -Schulen) sind in Japan (wie überall woanders eigentlich auch) schwer anzuwerben. Wenn die Organisation zum Zeitpunkt deiner Bewerbung (wo noch keine Platzierung vorgenommen wird!) das Gefühl hat, dich eventuell nicht vermitteln zu können, werden sie dich ablehnen, egal ob es hinterher irgendwo doch eine Schule und Gastfamilie geben könnte, die dich nehmen würde. Ich würde deshalb an deiner Stelle vertrauensvoll Kontakt mit einigen Organisationen aufnehmen und diesbezüglich nachfragen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Lebe und arbeite seit 2017 in Japan
warai87  09.08.2019, 01:34

Ich selbst war mit AFS in Japan und mir ist gerade eingefallen, dass es eine Queer-Gruppe bei AFS gibt: https://www.afs.de/lgbt

Damit du die Problematik verstehst, hier mal eine grobe Beschreibung des Ablaufs bei AFS: Als erstes bewirbst du dich allgemein in deren Schüleraustauschprogramm. Dabei „testen“ sie nur deine allgemeine Eignung (Offenheit etc), dann bekommst du eine Zusage. Als nächstes musst du dich für ein Land - besser für mehrere, ist auch Teil der AFS-Philosophie - bewerben und bekommst für eines dafür eine Zusage oder auch eine Absage. Diese beiden Schritte finden sehr frühzeitig statt (ca.12 - 9 Monate vor Abreise), und wenn du die Länderplatzierung annimmst, musst du als nächstes den Programmpreis bezahlen (bzw. dich für ein Stipendium bewerben). Erst seeehr viel später beginnt AFS mit der (aktiven) Suche nach Gastfamilien, und die Gastfamilienplatzierung findet erst wenige Wochen vor Abreise statt. Wenn AFS also nicht bereits zum Zeitpunkt der Länderplatzierung das Gefühl hat, dass man bestimmt eine Gastfamilie für dich finden wird, kann es sein, dass du keine Platzierung für Japan bekommst, obwohl sich vielleicht später in der Gastfamiliensuche doch plötzlich eine Familie meldet, die sagt „ach, wir hätten auch gerne einen Gast, der Trans ist“. Das mag blöd und unlogisch klingen, hat aber den Hintergrund, dass außer Gastfamiliensuche ja auch noch diverse andere Dinge organisiert werden müssen, und zwar frühzeitiger, sonst klappt das alles nicht.

Aber wie gesagt, bitte kontaktiere unbedingt die Organisationen und frage nach!

Und AFS hat übrigens noch offene Plätze für Japan Winterabreise 2020... just saying ;)

0
Emilytg 
Fragesteller
 09.08.2019, 11:13
@warai87

Haha tatsächlich wäre meine Organisation zu der ich gehen wollte sogar afs war sogar schon bei nem treffen von ehrenamtlichen und einigen Austausch Schülern da wusste nur niemand das ich trans bin 😂

1

Japaner sind sehr zurückhaltend, du siehst noch immer wenige Händchenhaltende Pärchen oder sich küssende Japaner auf den Strassen. Es gibt manche Viertel wie zum Beispiel Kabuchiko (dafür bist du zu jung) und Harajuku (da fällst du mindestens Sonntags nicht auf) in denen das etwas offener ist, aber ich fürchte dass viele Japaner ihre Besonderheiten in der Öffentlichkeit verstecken. Das ist ihre Mentalität. Ich kann mir daher auch nicht vorstellen, dass jemand dich öffentlich deswegen beleidigen würde. Vielleicht anstarren, aber das wirst du auch hier vermutlich erlebt haben.

Am besten sprichst du aber vorher mit deiner Gastfamilie falls vorhanden oder der Schule darüber. In der Schule könntest du nämlich Mobbing erleben, da können Japanerinnen tatsächlich so schlimm sein wie in den Mangas gemäss einer einheimischen Freundin aus Yokohama. Ihr sind Scherben in die Schuhe gelegt worden und benutzte Tampons in die Schultasche. Ob sie sich das bei Ausländerinnen getrauen würden kann ich leider nicht sagen.

Emilytg 
Fragesteller
 08.08.2019, 18:42

Uff danke für die Antwort 😂

0

Ich war mit meiner Familie einen Monat in Tokio. Auch wenn das der groesste Ballungsraum der Welt ist, habe ich ausserhalb der Herberge an manchen Tagen nicht einen Auslaender gesehen. Kaukasier waren sogar doppelt so selten. Alleine das macht Dich schon zum Hingucker. Du benimmst Dich auch nicht wie ein Japaner und man erwartet von Dir auch nicht viel, da Du es vermutlich nicht besser wissen kannst und Du ja eh exotisch bist. Das Frauenbild ist sehr traditionell und Maedchen tragen auch in der Freizeit oft Kleider und wirken sehr maedchenhaft. Was fuer Dich von Vorteil sein kann ist, dass Japaner alles tun um nicht aufzufallen. Man wird Dich nicht anglotzen oder eine starke Meinung nach offen preisgeben. Eigentlich sind die eher bemueht so reserviert wie freundlich zur gleichen Zeit zu sein. Jedenfalls habe ich das so erlebt und wir planen in 2021 wieder fuer einen Monat hinzugehen und neugewonnene Freunde wiederzusehen. Habe eine schoene Zeit und geniesse das Erlebnis.

Japan soll unter den asiatischen Ländern wohl mit am fortschrittlichsten sein, was LGBT Rechte angeht, aber nichts im Vergleich zu dem „Luxus“ den wir hier in Deutschland haben.

Gesetze und Rechte mal beiseite, wie die Bevölkerung dazu steht finde ich schwierig herauszufinden. Zu Homosexualität findet man noch ein wenig zu den Einstellungen in Japan, damit hat etwas mehr als die Hälfte der Befragten Bevölkerung wohl kein Problem. Informationen zu Transidentität sind aber extrem rar, aber ein bisschen kann man sich das vielleicht zu der Einstellung zur Homosexualität ableiten (ich weiß, es ist bei weitem nicht das selbe, aber es gibt eben kaum Anhaltspunkte).

Und dann kommt es natürlich noch mal darauf an, mit wem man sich wo umgibt. Wie in allen Ländern gibt es bestimmt Gegenden, Altersklassen oder Gruppierungen die mehr oder weniger tolerant sind.

Möchtest du den Austausch über deine Schule oder ein externes Programm machen? Ich würde auf jeden Fall einen Ansprechpartners dieses Projektes kontaktieren, der wird Dir vielleicht mehr sagen können oder mal bei den Partnern in Japan nachfragen.

Emilytg 
Fragesteller
 08.08.2019, 18:41

Danke für die kompetente Antwort erstmal 😂🤪 habe vor über eine externe Organisation den Austausch zu machen ja wollte einfach mal wissen wie es so generell aussieht klar in Osaka wird es ganz anders aussehen als in kashima das is mir schon bewusst nur so generell mal zu wissen wie stehen die dazu wäre echt gut😂🤪👌🎌

0
M1603  09.08.2019, 01:56

Dein erster Satz stimmt aber sowas von überhaupt nicht...

0
PmMeYourCactus  09.08.2019, 02:08
@M1603

Ich bin gerne offen für mehr Informationen dazu, wenn du mehr dazu weißt.

0