Tragen Wälder zur Minderung des Treibhauseffekts bei?

1 Antwort

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Hi,

die Stoffproduktion durch Photosynthese ist die Bruttoprimärproduktion. Einen Teil dieser Produktion braucht die Pflanze jedoch selbst für ihre Lebensvorgänge. Diesen Teil baut sie durch Zellatmung wieder ab, um die freiwerdende Energie zu nutzen. Daher spricht man von einem Atmungsverlust. Denn der tatsächliche Zuwachs der Pflanze ergibt sich erst nach Abzug der Atmung:

Bruttoprimärproduktion - Atmung = Nettoprimärproduktion

In der Abb. sind der untere blaue Teil die Betriebskosten des Baumes/Waldes, die er selbst braucht und das grüne eine Überproduktion, für die man sagen kann, dass hier CO2 festgelegt wird. Eine CO2-Senke ist der Wald nur dann, wenn der grüne Anteil möglichst breit ist. Das bedeutet, dass Wälder nur bis zu einem gewissen Alter als CO2-Senke fungieren. Ältere Wälder sind immer weniger eine CO2-Senke, da Aufbau und Abbau von Biomasse so gut wie ausgeglichen sind. Ältere Wälder tragen also kaum zu einer Minderung des Treibhauseffektes bei. LG

Pomophilus  13.05.2021, 18:48

Viel Zustimmung, aber:

  • Ich dachte, für den Begriff "CO2-Senke" reicht es, dass eine Struktur dauerhaft Kohlenstoff gebunden und somit dem Kohlenstoffkreislauf entzogen hält. So gesehen wären auch alte Wälder CO2-Senken. Sie entziehen zwar im Gegensatz zu jungen Wäldern der Atmosphäre kein zusätzliches CO2 mehr, da, wie du schreibst Abbau und Aufbau organischer Substanz sich irgendwann die Waage halten. Aber die Menge an Biomasse, die gleichbleibend da ist, ist eben gebundener Kohlenstoff und nicht in der Luft.
  • Für mich trägt das auch zur Minderung des Treibhauseffektes bei: hätten wir diese Wälder nicht mehr, wäre er noch höher!

Wo wir uns aber sicher einig sind ist, dass wir mehr neue Wälder brauchen, Erstaufforstung dort, wo heute kein Wald wächst. So könnten wir gar den Anteil des CO2 in der Atmosphäre wieder senken, den Treibhauseffekt langsam aber sicher ein Stück weit rückgängig machen.

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CliffBaxter  13.05.2021, 19:31
@Pomophilus

ja sicher, ich habe den Begriff CO2-Senke, als Güte, an der Fähigkeit gemessen, CO2 aufzunehmen, weil die Aufgabenstellung dies so gefordert hat: Geben Sie für die Phasen eines wachsenden Baumbestandes an, inwieweit der Wald eine Kohlenstoffsenke ist. Das impliziert, dass er es nicht zu jede Phase gleich gut ist. Deswegen ist meine Antwort so ausgefallen.

Der Wald an sich ist natürlich eine CO2-Senke, aber irgendwie musste man das ja über die Phasen relativieren.

Ob ältere Wälder wirklich CO2-Senken bleiben ist ungewiss, denn Bäume sterben auch und man weiß nicht genau wie sich diese beiden Linien verhalten, die aufeinander zustreben. Für einige Wälder, wie dem Tropischen Regenwald haben Studien CO2-Verluste über die nächste Zeit vorausgesagt. Dann würde sich die Senkenfunktion des Waldes nämlich umkehren und der Wald würde zu einem CO2-Emittenten.

"Demnach schwächelt die Senkfunktion des Amazonasregenwaldes bereits seit Mitte der Neunzigerjahre. In afrikanischen Regenwäldern zeichnete sich der Effekt erst ab dem Jahr 2010 ab. Die Forscher erklären das damit, dass die Regenwälder im Amazonas inzwischen häufiger Dürren ausgesetzt sind.

Zudem wachsen Bäume in Amazonien im Schnitt schneller und sterben auch schneller ab. Sie speichern CO2 deshalb über einen kürzeren Zeitraum. Die Auswirkungen des Klimawandels könnten sich dadurch im Amazonas schneller bemerkbar machen. Ob die Verfügbarkeit von Nährstoffen eine Rolle gespielt haben könnte, haben die Forscher allerdings nicht untersucht.

Hält die Entwicklung an, könnte die CO2-Speicherfähigkeit der Regenwälder bis zum Jahr 2040 um weitere 14 Prozent sinken. Im Amazonas könnte diese bereits im Jahr 2035 auf null sinken. Ab diesem Zeitpunkt würden absterbende Bäume mehr Treibhausgase ausstoßen, als durch nachwachsende Bäume gebunden werden können."

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-regenwaelder-speichern-bis-zu-30-prozent-weniger-co2-a-4b9ef592-ec7e-455e-b577-4cd8e9c680e0

Einen CO2-emittierenden Wald würde man dann wohl nicht mehr als CO2-Senke bezeichnen. Der Begriff ist also offenbar auch daran geknüpft, ob diese Fähigkeit der CO2-netto-Bindung tatsächlich noch gegeben ist. LG

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Pomophilus  13.05.2021, 22:46
@CliffBaxter

Die Begriffe erscheinen mir jetzt selbst etwas verschwommen und nicht immer sauber verwendet, wenn man in populären Quellen nachliest. Vielleicht hast du recht, und man sollte nur so lange von einer Kolenstoffsenke sprechen wie die Struktur eine steigende Menge an Kolenstoff speichert. Demnach sollte man das, was ich meinte, wohl einen Kohlenstoffspeicher nennen. Als solcher funktioniert ein reifer Wald allerdings noch- solange er noch funktioniert! Den erschreckenden Bericht, den du erwähnst, habe ich auch gesehen. Übrigens spielt sich vor unserer Haustüre gerade etwas Ähnliches ab: Wir sehen die Baumart, die bei uns auf dem größten Teil der Fläche das Waldbild bestimmen würde, die Rotbuche, mancherorts in großer Zahl nach Trockenschäden absterben. Bei anderen Baumarten läuft es über Parasiten, die sich teilweise deswegen ausbreiten können, weil die Bäume geschwächt sind, die Standortsbedingungen passen dort, wo sie teilweise seit Jahrtausenden gewachsen sind, nicht mehr für sie, sie können sich nicht mehr wehren gegen Ahorn-Rußrindenkrankheit, Eschen-Triebsterben, Blauen Kiefern- Prachtkäfer, Eichen-Fraßgesellschaft,... Am verheerensten wirken sich momentan sicher die Borkenkäfer an Fichte aus, die zwar bevorzugt, aber nicht nur, dort zuschlagen, wo die Fichte schon in der Vergangenheit nichts verloren hatte, aber aus verschiedenen Gründen künstlich angebaut wurde. Es wird nach Kräften versucht, den Prozess zu verlangsamen, von Schädlingen befallene Bäume zu entnehmen, bevor die Bruten ausfliegen und weitere Bäume befallen können. Aufhalten wird man es nicht können, aber jedes Jahrzehnt, jedes Jahr mehr, das man an einem Platz noch Schutz durch Altbäume hat, verbessert die Chance, hier besser angepasste Bäume zu etablieren. Dabei bedient man sich aus dem Portfolio der einheimischen Baumarten, verschiebt die Skala eben in Richtung der wärmeliebenden Arten, die es vielleicht in der Region bisher noch nicht gibt, mehr oder weniger vorsichtig probiert man aber auch Bäume aus anderen Teilen der Welt. Fatal fände ich es, würden sich die immer lauter werdenden Forderungen durchsetzen, unsere Wälder nun einfach sich selbst zu überlassen, nicht mehr zu nutzen, die Natur würde das schon am besten Regeln. Was würde passieren?

  • Die ungebremsten Schädlinge würden sehr rasch auf großer Fläche alte Wälder absterben lassen.
  • Besser angepasste Baumarten müssten erst von weit her zuwandern. Schattbaumarten unter ihnen hätten auch erst einmal keine Chance auf den Kahlflächen. Stattdessen würde sich erst einmal wieder zB Fichte verjüngen, die aufgrund der Käfer nach wenigen Jahrzehnten wieder abstirbt.
  • Das Holz würde nicht mehr genutzt - gerade aus starken, alten Bäumen werden langlebige Produkte wie Balken- sondern würde verrotten und CO2 freisetzen.

Klar, nach einigen Jahrhunderten hätte sich das reguliert, dann hätten wir wieder angepasste alte Urwälder. Aber bis dahin wären die Wälder keine CO2-Speicher, schon gar keine CO2-Senken, sondern, man müsste sie wohl CO2-Quellen nennen!

LG P.

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CliffBaxter  13.05.2021, 23:36
@Pomophilus

ja definitiv, so sehe ich das auch. Der Wald scheint seine Senken- oder Speicherfunktion zu wandeln.

Das betrifft wohl auch andere Speicher in anderen Klimazonen. Wenn der tiefgefrorene Permafrostboden in einigen Regionen der nördlichen Breiten tauen sollte, werden wohl riesige Mengen CO2 mobilisiert, die bisher als unzersetzte organische Substanz im Boden schlummerten, weil es für Mikroorganismentätigkeit im Boden zu kalt war.

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Pomophilus  14.05.2021, 00:02
@CliffBaxter

Ja, spannende Zeiten! Wir testen gerade in einem riesigen Freilandexperiment, wie flexibel die Ökosysteme des Planeten sind!

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