Stammbaum?


09.04.2024, 20:38

Wie würde es aussehen anstelle eines Esels mit einem Zebra und anstelle der Wimperntierchen mit einem Kleintier von einem Mitchondrium ?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Moin,

hier geht es um die Phylogenie (Stammesgeschichte).

Um vorgegebene Arten in einem Stammbaum in verwandtschaftliche Beziehungen setzen zu können, musst du wissen, dass es nicht reicht, möglichst viele Merkmale zusammen zu stellen, um dann zu sagen, wer am meisten Merkmale gemeinsam hat, ist am nächsten miteinander verwandt.

Du musst vielmehr zwischen abgeleiteten (apomorphen) und ursprünglichen (plesiomorphen) Merkmalen unterscheiden. Nur mit abgeleiteten (apomorphen) Merkmalen kannst du Verwandtschaften begründen. Dabei ist zu beachten, dass einst apomorphe Merkmale später im Stammbaum zu plesiomorphen Merkmalen werden (und daher in späteren Schwestergruppen nicht mehr zur Begründung von Verwandtschaften taugen).

In deinem geposteten Beispiel könnte das etwa so aussehen:

Bild zum Beitrag

Und als Apomorphien könntest du folgendes angeben:

  1. Zellen mit Zellorganellen; keine Chloroplasten (eukaryotische Tierzelle)
  2. Membran mit Cilien (zur Fortbewegung); Entwicklung von Mikro- und Makrokernen in der Zelle
  3. Milchdrüsen mit Zitzen; lebendgebärend; Urogenitalsystem vom Darm getrennt; Zwischenschlüsselbein fehlt (Reduktionsmerkmal); Halsrippen durch Querfortsätze verbunden; Prae- und Postfrontale fehlen (Reduktionsmerkmal)
  4. nur der dritte Praemolar wird gewechselt; Reduktion eines Praemolars in Ober- und Unterkiefer
  5. Beteiligung der Alantois an der Plazenta; nur zwei Reihen von Zitzen (Milchleiste); beide Eileiter münden in eine unpaare Vagina; Beutelknochen fehlen (Reduktionsmerkmal); Zahnreduktion (Reduktionsmerkmal)
  6. Felsenbein tritt zwischen Schuppenbein und Hinterhauptsbein kaum oder gar nicht nach außen; Schlüsselbein (fast) ganz zurückgebildet (Reduktionsmerkmal); Sonderbildung der Backenzähne; mittlerer Extremitätenstrahl betont; Hufbildung
  7. Schreitfuß (aufrechter Gang); parabolischer Zahnbogen; S-förmig geschwungene Wirbelsäule (aufrechter Gang)

Während also in diesem Beispiel etwa die Plazenta ein abgeleitetes (neues) Merkmal für die Gruppen (Esel / Pferd / Mensch) ist, so dass du damit die Verwandtschaft dieser Gruppierung begründen kannst (womit du sie vom Känguru und den Wimpertierchen abgliederst), kannst du das gleiche Merkmal für die Auftrennung der Gruppen Esel / Pferd gegen den Menschen nicht mehr benutzen, weil alle drei Gruppen dieses (nun ursprüngliche, plesiomorphe Merkmal besitzen).

Um solche Phylogramme (Cladogramme) erstellen zu können, musst du dich einerseits in der Morphologie und Anatomie, andererseits in der Beurteilung von abgeleiteten (apomorphen) und ursprünglichen (plesiomorphen) Merkmalen gut auskennen. Das ist zum Teil recht schwierig. Darum hoffe ich für dich, dass du solche Kenntnisse nur auf sehr grobem Niveau kennen musst (etwa für die Abgrenzung von Insekten und Wirbeltieren oder Gliederfüßern und Weichtieren oder so...).

Viel Erfolg.

LG von der Waterkant

 - (Bio, Stammbaum)
Leonhard938 
Fragesteller
 09.04.2024, 17:50

Vielen Dank für die Hilfe und wäre es Beispielsweise ein Zebra und Steppenzebra wäre , wäre es eine unterart vom Zebra richtig ? Und wenn es ein Kleintier von einem Mitochondrium wäre hätte es ja keine Ähnlichkeit weil es ein Prokaryot wäre ?

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Ein Stammbaum soll graphisch die Verwandtschaftsbeziehungen der Lebewesen zueinander darstellen. Stammbäume basieren auf der Deszendenztheorie (Abstammungstheorie) und der Divergenztheorie (Abspaltungstheorie), das sind zwei Teiltheorien der auf Darwin zurückgehenden Evolutionstheorie. Die Deszendenztheorie besagt, dass alle heute lebenden Arten sich aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben. Die Divergenztheorie besagt, dass Evolutionslinien sich aufspalten und durch unabhängige Entwicklung zu neuen Arten entwickeln. Ein Stammbaum soll das, die Abstammung von einem gemeinsamen Vorfahren und das Muster der Aufspaltungsprozesse, wiedergeben. Schauen wir uns dazu einmal einen Beispielstammbaum an, nämlich einen Stammbaum der Primaten:

Bild zum Beitrag

Abb. 1: Stammbaum der Primaten. © http://anthropologyiselemental.ua.edu/osteology.html

Jeder Ast in einem Stammbaum symbolysiert eine Verwandtschaftsgruppe, z. B. eine Art, Gattung usw. Ganz rechts finden wir z. B. den Ast Homo, also den Ast für unsere eigene Gattung. Der Ast daneben (Pan) ist der Ast der Schimpansen. Die Knoten, denen die Äste entspringen, symbolisieren den gemeinsamen Vorfahren. In der Regel folgt ein Stammbaum einer dichotomen Aufzweigung, d. h. aus jedem Knoten gehen zwei Äste hervor. Manchmal entspringen auch drei oder mehr Äste einem Knoten, man nennt dies auch Polytomie. An dieser Stelle lässt sich dann der Stammbaum nicht eindeutig auflösen, man kennt also das genaue Aufzweigungsmuster nicht. Zwei Äste, die sich in einem Knoten vereinen, werden auch Schwestergruppen genannt. Die Schwestergruppe von Homo ist beispielsweise Pan. Und die Gattung der Koboldmakis (Tarsius) ist die Schwestergruppe der Affen (Anthropoidea).

Wenn man Stammbäume erstellen will, muss man außerdem noch etwas über die Einordnung von Merkmalen wissen und wie man sie beurteilt.

Als ursprünglich oder plesiomorph bezeichnet man Merkmale, die im Hinblick auf eine bestimmte Verwandtschaftsgruppe zuerst da waren, also sozusagen den Grundzustand repräsentieren. Merkmale, die eine evolutionäre Neuerung darstellen und somit für eine Verwandtschaftsgruppe charakteristisch sind, nennt man abgeleitete oder apomorphe Merkmale. Eine Apomorphie der Säugetiere ist z. B. das Vorhandensein eines Fells aus Haaren. Auch der Wegfall eines Merkmals kann eine Neuerung und somit apomorph sein: bei den Affen ist z. B. das Vorhandensein eines Schwanzes ein plesiomorphes Merkmal, bei den Menschenaffen ist der Schwanz verloren gegangen, eine Apomotphie der Menschenaffen ist deshalb die Schwanzlosigkeit.

Außerdem ist es für die Verwandtschaftsforschung wichtig, ob zwei Merkmale ursprungsgleich (homolog) oder analog sind. Homologe Merkmale sind Merkmale, die aus einem gemeinsamen Ursprungsmerkmal eines Vorfahren hervorgingen, sie belegen also eine echte Verwandtschaft. Z. B. sind der Flügel der Fledermaus und die Hand des Menschen zueinander homolog, beide sind also miteinander verwandt. Analoge Merkmale sind Merkmale, die ähnlich aussehen, aber durch konvergente Evolution entstanden, d. h. unabhängig voneinander entstanden sind, weil die Lebensweise ähnlich ist. Analoge Merkmale sind somit keine Belege für eine nähere Verwandtschaft. So sind z. B. die Flügel der Fledermäuse und der Vögel analog entstanden, Vögel und Fledermäuse sind also unabhängig voneinander Flieger geworden und nicht enger verwandt. Als Säugetiere sind die Fledertiere wie gesagt z. B. mit uns enger verwandt als mit den Vögeln.

Wie erstellt man nun einen Stammbaum? Das geht am einfachsten über eine Merkmalsmatrix. Wir gehen dabei von folgendem Prinzip aus: je enger zwei Gruppen miteinander verwandt sind, umso weniger Zeit ist seit ihrer Trennung vergangen und umso weniger sollten sie sich folglich voneinander unterscheiden. Wir erstellen also eine Liste mit verschiedenen Merkmalen, z. B. , Mehrzeller, Warmblüter, Hufe, säugen ihre Jungen, Beutel, Plazenta, ... und vergleichen die Anzahl der übereinstimmenden Merkmale kreuzweise miteinander. Anschließend gruppieren wir diejenigen Taxa miteinander, die die meisten Übereinstimmungen haben und dann die, welche die nächstgrößten Übereinstimmungen haben usw. bis wir am Ende dann die Gruppen an der Wurzel des Baums aufstellen, welche die gr9ößten Unterschiede aufweisen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
 - (Bio, Stammbaum)

Die Konstruktion von Stammbäumen setzt ziemlich viele Grundlagen voraus.

Du musst erstens verstehen, wie Keimzellen gebildet werden, wie Vererbungsschemen ablaufen, wofür du dann die Grundlagen der Genetik brauchst.

Bei deiner Frage zur Erklärung gilt selbiges. Hierfür müsste man ein Phylogramm aufmalen bzw. sich mit der Taxonomie auseinandersetzen. Da spielt dann auch noch Ökologie und Evolutionstheorie eine wichtige Rolle.

Hast du diese Grundlagen bereits oder werden diese erst jetzt bei euch behandelt?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – sehr gutes Abitur
Leonhard938 
Fragesteller
 06.04.2024, 22:27

Hallo Vielen Dank für deine Antwort! Also die Grundlagen habe Ich bereits jedoch verstehe Ich es nicht , kann mir auch nicht vorstellen wie ich die besagten Tiere in einen Stammbaum bringen würde also Pferd und Esel würde Ich zu zwei aneinanderliegenden Verzweigungen aufzeichnen mehr weiß Ich nicht

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Flauser  06.04.2024, 23:16
@Leonhard938

Erstmal zu den Begrifflichkeiten: Ein Stammbaum betrachtet Individuen, ein Phylogramm betrachtet Artverwandtschaft.

Um ein Phylogramm zu erstellen, braucht man ein tiefes Wissen über gemeinsame Vorfahren und/oder genetische Untersuchungen.

Das Wimperntierchen teilt sich lediglich die Domäne Eukaryoten. D.h., die einzige Gemeinsamkeit der Arten ist die eukaryotische Zelle.
Die anderen Tiere sind näher verwandt und werden in der Klasse der Säugetiere zusammengefasst. Pferde und Esel sind nahe verwandte und haben als Familie immens viele Gemeinsamkeiten und können sogar teilweise verpaart werden.

Google mal "Taxonomie" und "Phylogramm", vielleicht wird das dann etwas ersichtlicher. Und was homologe Merkmale sind

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