Spekulation: Wäre eine sonntägliche Kirchgangpflicht (sowie eine an christlichen Feiertagen) nützlich, um die Leute wieder zum Glauben zurückzubewegen?

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Es gibt doch ein/e Sonntagspflicht/Sonntagsgebot, zumindest für die römisch-katholischen Christen. Sie ist festgeschrieben im CIC, im can. 1247:

Am Sonntag und an den anderen gebotenen Feiertagen sind die Gläubigen zur Teilnahme an der Meßfeier verpflichtet; sie haben sich darüber hinaus jener Werke und Tätigkeiten zu enthalten, die den Gottesdienst, die dem Sonntag eigene Freude oder die Geist und Körper geschuldete Erholung hindern.
Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Nein. Es gibt jetzt schon genug Christen, die meinen, sie müssten wegen Nachbarn oder anderen Christen in die Kirche gehen.

Zum Glauben zwingen bringt überhaupt nichts.

Merken, dass man Christ ist, sollte man nicht in erster Linie am Gottesdienstbesuch. Der Dienst an Gott ist wichtig die ganze Woche, nicht nur am Sonntag.

Ganz abgesehen davon, dass die Zahl der Gottesdienstbesucher nichts darüber aussagt, wie religiös die Bevölkerung ist. Personen unter 40 leben ihren Glauben heute meist über das Internet. Das zeigen auch die Zahlen. 40.000 oder 60.000 Abonnenten eines deutschen Lobpreiskanals.

https://www.youtube.com/watch?v=xtpOOEivPaA

https://www.youtube.com/watch?v=uLVxk6rFI5g

oder die Besucherzahlen von Predigten in deutscher Sprache

https://www.youtube.com/results?search_query=Predigt+deutsch

Nein, da gegen Säkularität verstoßend, Atheisten noch mehr gegen die Kirchen aufbringend, Menschen, die Sonntags arbeiten müssen, um ihre Rechnungen zu bezahlen, diskriminierend, und ggfs einige Gläubige in eine Art Gegenhaltung versetzen könnte.

Es sollte freiwillig sein. Treffen kann man sich immer, beten kann man immer. Viele Gemeinden bieten auch innerwöchentliche Veranstaltungen an.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Leute durch eine Kirchgangspflicht zum Glauben kommen. Das Gegenteil wird der Fall sein. Sie fühlen sich durch den Zwang abgestoßen und werden allenfalls zu Heuchlern. Religionsausübung sollte immer freiwillig sein.

Abgesehen davon, dass es diese "Pflicht" zumindest für Katholiken ohnehin gibt, wäre es trotzdem keine gute Idee. Einen Jagdhund, den man zum Jagen tragen muss, wie tauglich ist der zum Jagen?

Der Wille — und vielleicht auch das Bedürfnis — muss von innen kommen. Sonst ist es wie beim Gebet: Du machst viele Worte, aber dein Herz, Geist und Sinn ist weit weg vom Herrn, deinem Gott.

Der Schlüssel zu mehr Kirchenbesuch liegt ganz wo anders: Wenn dir bewusst ist, dass du in der heiligen Kommunion Jesus bekommst, den du in dieser Weise nirgends wo anders findest, dann wird alles Äußere in und um die hl. Messe herum absolut nachrangig; nicht unwichtig, aber ohne zentrale Bedeutung.

Die Krise der Kirche in Europa und insbesondere in Deutschland ist primär eine Glaubenskrise. Man versucht gewöhnlich lieber die Umstände zu verändern, als sich endlich zu bekehren. Da müsste man an sich arbeiten, in den eigenen Abgrund schauen, dann anfangen an die Erlösungstat Jesu und seine Barmherzigkeit zu glauben. Bekehrung des Herzen und des ganzen eigenen Lebens zu Jesus hin und ihm Nachfolgen ist echte geistliche Arbeit.

Was in Deutschland zu Ende geht, ist ein weichgespültes Wohlfühlevangelium. Ist nicht schlimm. So etwas hat uns Jesus nicht versprochen, wenn wir ihm nachfolgen. Die Füchse haben ihren Bau, sie Vögel ihr Nest, aber der Menschensohn (= Christus = Jesus + alle, die mit ihm verbunden sind) hat keinen Platz, wo er sein Haupt hinlegen kann, um auszuruhen. Das hat Jesus zu einem gesagt, der ihm mit aller Begeisterung nachfolgen wollte, aber vermutlich jemand war, wo das Samenkorn des Reiches Gottes auf felsigen Boden fiel. Vom Gleichnis wissen wir, wie es weiterging.

Ich bin genau genommen kein Freund vom "Gesundschrumpfen" der Kirche. Aber dass dieses "Wohlfühlevangelium" sich dem Ende zuneigt, kann nur ein gutes Zeichen sein. Auch der "nichtchristliche Gegenwind" schadet der Kirche nicht. Vor Jahren sagte mir ein guter Freund: "Eine nichtchristliche Umgebung ist förderlich für den Glauben." Diesen Satz habe ich mir gut gemerkt, wie du siehst.