Sollten sowjetische Ehrenmale entwidmet werden?
Anlässlich der sich heute jährenden bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg („Tag der Befreiung“) wird vielerorts gedacht. In vielen Städten des Landes, insbesondere in der Hauptstadt und im Osten Deutschlands, gibt es sowjetische Ehrenmale.
Nicht nur im Zuge der zahlreichen Kriege, die Russland als Rechtsnachfolger der UdSSR, führte – aktuell gegen die Ukraine –, stellt sich die Frage, wie man mit diesen Orten umgehen sollte.
Selbstverständlich sollen sie an die Opfer des Kriegs erinnern. Sie sollten uns mahnen, dass so etwas nie wieder passieren darf und es unser aller Verantwortung ist, uns dagegen zu wehren.
Aber diese Orte sind eben sehr sowjet-bezogen. Sie erinnern vor allem an die Toten der Roten Armee; es sind keine allgemeinen Gedenkstätten, die an die Opfer aller Nationen erinnern – sowohl zivil als auch militärisch.
Zudem zeigen diese Ehrenmale sowjetische Staatssymbolik und deren Militarismus. So stehen im Ehrenmal in Berlin-Tiergarten auch T-34/76-Panzer und zwei Kanonen: Repräsentanten eines antidemokratischen Staats, einer Diktatur wie sie eben die Sowjetunion war.
Auch muss vergegenwärtigt werden, in welchem bedeutenden Ausmaß Kriegsverbrechen von Soldaten der Roten Armee verübt wurden (dazu gibt es einen guten Artikel: Sowjetische Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg – Wikipedia). Nicht nur wurden gezielt gegnerische Soldaten massakriert und hingerichtet, allem voran die Zivilbevölkerung in Deutschland und den osteuropäischen Staaten musste unter dieser Gewalt leiden.
Maßgeblich ist zudem das Weltbild, das von diesen Ehrenmalen ausgeht. Entgegen der Befreiung durch die Westalliierten konnte sich im Osten Deutschlands und Europa jenseits des Eisernen Vorhangs keine Demokratie und starke Zivilgesellschaft entfalten, sondern wurde durch die Sowjetunion von der einen Besatzung in die nächste Diktatur überwältigt.
In Osteuropa wird darüber eine intensive Debatte geführt. So wurden in einigen baltischen Staaten sowjetische Ehrenmale abgerissen. Aus diesem Grunde stelle ich die theoretische Frage, wie wir in Deutschland mit diesen Orten umgehen sollten.
Das Ergebnis basiert auf 16 Abstimmungen
7 Antworten
Was mit der Sowjetunion zu tun hat, sollte niemals in einem positiven Licht dargestellt werden. Klar, Deutschland hat einen Krieg begonnen, Länder angegriffen und den Holocaust vom Zaun gebrochen. All das waren Fehler. Die Sowjetunion war allerdings kein Stückchen besser. Insbesondere nach dem Ende des Krieges ermordete die sowjetische Führung systematisch Millionen von Menschen.
Wir haben in Deutschland genügend "Andenken" an die NS-Zeit. Insbesondere die ehemaligen Konzentrationslager sind gute Beispiele dafür, die man auch beibehalten sollte. In meinen Augen reicht dieses Schuldeingeständnis eindeutig aus. Die Sowjetunion zu feiern ist meiner Meinung nach hingegen grundlegend falsch. Wenn ein erster Serienmörder durch einen zweiten Serienmörder getötet wird, baut man diesem zweiten Serienmörder doch auch kein Denkmal, sondern muss ihn nichtsdestotrotz für seine Verbrechen verurteilen.
Davon mal abgesehen betrifft die Zeit, in der die Sowjetunion Deutschland angegriffen hat, 99% der Bevölkerung überhaupt nicht mehr. Fast niemand, der noch lebt, trägt eine Schuld am damaligen Krieg. Irgendwann sollte man es daher auch einfach mal gut sein lassen.
Damals deutsche Millionenfach Menschen getötet haben. Und genauso wie Sowjetische gibt es such Amerikanische, .... Denkmale.
Außerdem wäre es unwürdig den Menschen nicht zu gedenken die gestorben sind, nur weil ihr Staat nacher etwas schlechts getan hat.
Außerdem ist es klar dass Panzer da stehen, alles andere wäre eine romantisierte Darstellung des 2. Weltkrieges
Ganz klassisch z.b. die gigantischen Friedhöfen mit den weißen Kreizen von Amerikanern.
Außerdem, mit dem 2. Punkt solltest du garnicht anfangen, denn die Nazis haben viel, viel schlimmeres in der UdSSR angerichtet. Klar, das eine rechtfertigt das andere nicht, aber ich finde das Argument schwach.
Ca. 27 Millionen Tote Sowjets gab es im 2. Weltkrieg. Nur 10 Mio davon sind Soldaten, das heißt 17 mio als Kriegsverbrechen getötet. Ich danke, da kann man mit einem Denkmal leben
Aber danke dass du dich damit beschäftigst
Ich meine eher die Symbolik, die von diesen Orten ausgeht. Bei den Friedhöfen stehen eindeutig die Gefallenen im Vordergrund und durch die schiere Menge an Kreuzen wird man sich auch der Absurdität und des Schreckens dieses Kriegs bewusst. Aber bei den sowjetischen Ehrenmalen verschiebt sich der Fokus eben weg von den Soldaten hin zu diesen den großen Soldatenstatuen.
Ich will gar nicht aufwiegen, wer schlimmer war im Zweiten Weltkrieg, weil das schlicht nicht geht. Sowohl die Nationalsozialisten als auch die Sowjets waren brutal und haben massakriert, gleichgültig ob Soldat oder Zivilist.
Bei den dreizehn Ehrenmalen, die es in Deutschland gibt, liegt der Fokus wenig auf den (einzelnen) Gefallenen, sondern vor allem auf der Symbolik: zum Beispiel eine große Statue eines Soldaten …
Naja, eine große Statue repräsentiert immer noch den einzelnen Soldaten. Aber ich verstehe schon was du meinst.
Was würdest du sonst hinstellen? Garnichts finde ich auch ungerechtfertigt.
Ich denke dass diese Denkmäler auch sozusagen repräsentieren dass ein ganzer Staat gemeinsam unter immensen Verlusten, in Jahren in denen nichts anderes als der Krieg zählte, gemeinsam zusammenstanden.
Außerdem hätte es garnicht in die damalige Zeit gepasst, sich schwach zu präsentieren und die Gefalkenen zu zeigen. Man sollte sozusagen einen cut setzen, und alles was danach war davon trennen.
Was wäre dir aks Gedenkstätte am liebsten?
Ich habe aber einen anderen Bezug zu dieser Sache, auch da ich Österreicher bin. Mein Großvater war 1945 15 Jahre alt, er kann sich gut an die Nachkriegszeit erinnern da er noch komplett klar im Kopf ist. In seinem Bauernhof wurden etliche Kriegsdienstverweigeter versteckt, und man war nunmal dankbar, als man "befreit" wurde. Klar, Österreicher waren genausolche Nazis wie Deutsche zu der Zeit, meine Familie war eine Ausnahme. Er hat sich später auch gut mit den Sowjets verstanden die auf seinem Bauernhof gelebt haben, weil der Kommandantenposen von dem Ort in seinem Haus war.
Vielleicht kann ich deswegen nicht ganz klar urteilen.
Ich fände auch Denkmäler besser, etwa mit einem Mensch als Symbol für jeden Gefallenen. Kann auch auf Falsch aufgefasst werden, sozusagen als Leistung wieviele man getötet hat. Aber damals war nicht die Zeit, um sich so zu zeigen.
Was denkst du, welche Denkmäler sollte es ideslerweise geben?
Ich finde man sollte aus Respekt den Gefallenen gegenüber die Denkmäler stehen lassen
Ich kann mir schon sehr gut vorstellen, wie das jetzige Kreml-Personal gerade in der aufgehitzten Zeit reagieren würde.
Vielleicht noch etwas warten, bevor man sie umstellt....
Sonst sieht er es womöglich noch als eine direkte Provokation.
Das ist natürlich ein berechtigter Punkt. Man muss generell sehr sensibel damit umgehen und deswegen auch eine breite Debatte darüber führen, wie und ob man Änderungen an den Orten vornehmen sollte.
Aber Propaganda sollte man sich meiner Meinung nach nicht unterwerfen, denn diese vereinfacht und verfälscht Debatten bloß.
Man muss es mal realistisch betrachten: Die Rote Armee hat Osteuropa und Ostdeutschland keineswegs befreit. Wo sie einmarschiert war, wurde ein Menschen verachtendes Regime durch ein anderes ersetzt. Sogar die früheren Konzentrationslager (z. B. Buchenwald) wurden von den Sowjets weiterhin als Internierungslager genutzt.
Das lohnt sich in DE nicht. Gibt ja nur wenige. Außerdem hat sich die Bundesregierung nach der Wiedervereinigung verpflichtet sie zu erhalten. Andere Länder haben sich dagegen längst entledigt oder nur den Panzer entfernt, den Stern usw. In Finnland oder Norwegen hat man den Soldaten auf dem Denkmal mal geteert und gefedert. Das erledigt sich mit der Zeit von ganz alleine.
Also in Deutschland gibt es dreizehn Ehrenmale (laut dieser Wikipedia-Liste: Sowjetische Kriegsgräberstätten in Deutschland [ich habe nur die Ehrenmale gezählt]).
Dass es eine theoretische Diskussion ist, ist mir bewusst. Die Bundesregierung hat sich zu ihrem Erhalt im Rahmen des Abkommens vom 16. Dezember 1992 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation über Kriegsgräberfürsorge zu ihrem Erhalt verpflichtet.
Allerdings haben sich CDU-Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus dafür ausgesprochen, die Panzer entfernen zu lassen.
Die Panzer hat man auch in anderen Ländern entfernt. War ein wenig geschmacklos. Man würde auch keine Atomraketen aufstellen. Die Russen sind da anders gestrickt. die haben ja immer bei ihren Miltärparaden ihre ganzen Waffenarsenale dabei.
Dazu möchte ich gerne auf meine vorherige Frage verweisen, ob es denn auch Ehrenmale für die Westalliierten gab (Gibt es Ehrenmahnmale auch für die Westalliierten? (Berlin, Zweiter Weltkrieg, Nationalsozialismus) – gutefrage).
Der Staat hat ja nicht erst nachher „etwas Schlechtes“ gemacht, sondern auch während des Kriegs in Massakern, Vergewaltigungen, Brandschatzung …