Sollten Lehrer einer "Residenzpflicht" unterliegen?
Hallo!
Aus meiner eigenen Schulzeit (Mittlere Reife 2007) kenne ich es noch, dass gerade in der Grundschule eigentlich fast alle Lehrer vor Ort oder zumindest im Nachbarstadtteil wohnten, die meisten kamen zu Fuß zur Schule & waren auch gesellschaftlich aktiv, etwa in Vereinen, der Kommunalpolitik, als freier Mitarbeiter der Zeitung oder in der Kirchengemeinde. Wenn ein Lehrer 10 Kilometer zu fahren hatte oder im Nachbarlandkreis wohnte, war er beinahe ein Exot.
Wenn was war, waren sie immer erreichbar, aber auch mit den Eltern der meisten Schüler so gut bekannt, dass sie auch mal auf dem kurzen Dienstweg anriefen oder vorbeikamen, wenn es Probleme mit den Kiddies gab ------> und für viele Eltern waren es dann nicht "der Herr Müller" oder "der Herr Schmidt", sondern der Hans oder der Josef, bei denen die Kinder in die Schule gingen.
Ein Lehrer sagte mal zu mir: Bis weit in die 80er habe es eine Residenzpflicht für Rektoren gegeben, der sich die Mehrzahl der Lehrer fügte. Der Rektor musste am Schulort wohnen, die meisten Lehrer "beugten" sich einem Quasi-Gesetz, egal wo sie herkamen.
Heute ist das nicht mehr oft der Fall: Viele Lehrer setzen sich nach dem Unterrichtsende schnellstmöglich ins Auto, fahren 20-30 Kilometer & sind eigentlich nicht mehr erreichbar, haben oft keinerlei Bindung zum Unterrichtsort & darunter leidet tlw. auch die kulturelle Szene: Gehörten früher Schulchöre oder Ähnliches durch örtliche Lehrer geleitet zum Kulturprogramm etwa von Markteröffnungen usw., findet das heute nicht mehr statt ----> den Chor gibt's zwar noch, aber der Lehrer wohnt 30 Kilometer weiter entfernt & sieht es nicht ein, in seinen Schulort zu kommen, wenn am Freitagabend eine Ausstellung vom Museumsverein eröffnet wird, auch weil er weder die Leute noch die Zusammenhänge kennt. Weil auch der Rektor weiter weg wohnt, ist das Interesse nicht mal da & dem Rektor ist es ziemlich egal, was läuft.
Klar kann man das verstehen, jeder will mal seine Privatsphäre. Dennoch finde ich persönlich es etwa nicht gut, wenn ein Lehrer seinen Schülern im Heimat- und Sachkundeunterricht etwas über die Heimatgemeinde & deren Geschichte zu erklären hat, selbst aber den Ort bestenfalls bis zum Schulparkplatz und von der Hauptstraße her kennt.
Wie steht ihr dazu? Sollten Lehrer einer "Residenzpflicht" unterliegen?
10 Antworten
Nein.
Dem Lehrer vorzuschreiben, wo er zu wohnen hat, ginge doch wirklich zu weit.
Da hätte ich sogar verfassungsrechtliche Bedenken.
Besser wäre es, wenn der Lehrer aus "Idealismus" (falls es das heute noch gibt) freiwillig in Schulnähe wohnt, um für Eltern und Schüler im "Notfall" erreichbar zu sein.
Genau so meinte ich das auch -----> eine Pflicht wäre zu viel des Guten, aber eine nicht bindende EMpfehlung oder auch ein selbsttätiges Handeln aus Idealismus würde ich begrüßen.
Nein. Auch wenn man etwa 30 km entfernt wohnt, ist man verpflichtet im Rahmen von kulturellen Schulveranstaltungen am Abend wieder zu kommen. Dass das nicht stattfindet ist nicht wahr. Es ist sicher schulabhängig.
Sollten dies aber private Veranstaltungen sein, so muss man das nicht.
Auch wenn die Lehrkraft nicht am Ort wohnt, so baut sie ortsbezogene Elemente in den Unterricht ein, wir z.B. Pflastersteine im Ort im Geschichtsunterricht oder Exkursionen zum nahegelegenen Bauernhof.
Außerdem fände ich so eine Vorschrift nicht nur einen Eingriff ins persönliche Leben, sondern auch organisatorisch und verwaltungstechnisch schwer umzusetzen.
Stell dir mal vor, Du bist verheiratet und mit deinem Referendariat fertig, deine Frau hat einen festen Job 30 km von Eurer Stadt entfernt. Du bewirbst Dich auf Stellen in deiner Umgebung und bekommst mit Glück eine. Die ist auch etwa 30 km entfernt, jedoch in die andere Richtung, als die Arbeitsstelle deiner Frau.Euer Wohnort befindet sich also in der Mitte.
Wäre es fair, dich zum Schulort ziehen zu lassen mit allen Konsequenzen. Das wäre ein Eingriff in die persönliche Freiheit.
Außerdem ist man ausreichend erreichbar für Eltern und Schüler. Das ist keine Frage des Wohnortes.
Du gehst von einer kleinen Dorfschule aus, wo der Pfarrer, der Lehrer, der Bürgermeister und der Arzt abends beim Stammtisch zusammensaßen und die Geschicke des Dorfes leiteten. Diese Zeiten sind vorbei. Heute sind alle Schulen groß, haben viele Schüler und viele Lehrer. Wenn Du am Schulort wohnst, kannst Du nicht einmal einkaufen gehen ohne fünf Elterngespräche zu führen. Vor allem mit den Eltern, die es nicht für nötig halten, auf den Elternabend zu kommen. Und Eltern meinen, Lehrer könne man Tag und Nacht anrufen, auch um 12 Uhr nachts wegen eines Turnbeutels, oder auch besoffen, um ihn zu beschimpfen, weil sie mit der Note nicht einverstanden sind. Ich würde keinem Lehrer raten, in seinem Schulbezirk zu wohnen.
Hallo rotesand,
Residenzpflicht für Lehrer halte ich nicht für unbedingt nötig, aber als zweckmäßig zu empfehlen.
Residenzpflicht für Schulleiter: Da wehre ich mich auch dagegen, es zur Pflicht zu machen, aber ich halte es auch für sehr zweckmäßig, wenn der Schulleiter am Ort wohnt.
Wie du das beschreibst, ist das schon zutreffend, und ich persönlich habe damit beste Erfahrungen gemacht.
Ja,das ist doch Wunschkonzert.Der Staat forciert doch das Gegenteil.
Der Staat versetzt willkürlich und grundlos und darf das bis zu 10 Jahre lang,bis mal die Ampel rot ist.
Eine Residenzpflicht wäre da kaum möglich,weil der Staat bei der Wohnungsbeschaffung schon lange nicht mehr behilflich ist,geschweige denn die
Lehrerwohnung auf der Südseite und die Hausmeisterwohnung auf der Nordseite bereitstellt.^^
Eine Residenzpflicht besteht für ganz andere Schichten.Leider wird Sie weder überwacht noch durchgesetzt.
Das kleinteilige Schulbezirke,kleine Schulen sinnvoll wären,dazu auch eine Person sich mit der Schule durch dortiges Wohnen identifizieren würde,und vielleicht auch den einen oder anderen Einbruch,Vandalismus durch Anwesenheit ,Abschreckung verhindern würde,oder auch die Täter mal stellt.
Dieser Zug ist völlig abgefahren.
Das BAG hat gerade erst die Befristungen nach dem Ampelsystem gebilligt.
Wollte man da noch den Lehrern auferlegen,gerade Grundschulleiterstellen sind ohnehin kaum mehr besetzt,sich die erstbeste und teuerste Wohnung suchen zu müssen,um zur Schule laufen zu können?
Ich denke,es würden noch mehr Lehrer einfach auswandern.
Dazu müssten Rektorenstellen besetzt werden,unmittelbar nachbesetzt werden und verbindliche,langfristige Verträge gemacht werden,Das ist leider ,weder im öffentlichen Dienst,noch im privaten Sektor noch üblich.
Gerade das Grundschullehramt ist das prekärste überhaupt.Die Anforderungen steigen allerdings immens,was ein anderes Thema ist.
Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Gerade bei Grundschulrektorstellen ist es sehr schwer, Nachwuchs zu finden -----> ich habe in den letzten Jahren beruflich bedingt etliche Verabschiedungen von Rektoren/Rektorinnen tlw. nicht unbedingt kleiner Grundschulen besucht. Während da früher meist auch der Nachfolger vorgestellt wurde & aufs Pressefoto kam, folgte hier nur eine "Vakanzzeit" mit kommissarischer Schulleitung. In einem mir gut bekannten Fall - ich mache für diese Schule die komplette Pressearbeit - geht das schon seit fünf (!) Jahren so & es ist noch kein Bewerber in Sicht.
Ich schreibe Dir mal die Gründe dafür nicht,obwohl ich da eine klare Meinung zu habe.Aber das was man vorgesetzt und geboten bekommt und das was sich an ABC-Schützen so entwickelt...könnte tendenziell dafür ein Grund sein.
Das hat mir die kommissarische Schulleitung dieser seit fünf Jahren ohne Rektor dastehenden Grundschule auch schon so genannt; da ist noch mehr diesbezüglich gefallen, auch in Sachen "Zusammenarbeit mit Kommune" und Ähnlichem. Ich sage mal so: In maroden Gebäuden mit tlw. unbenutzbaren, feuchten Zimmern und völlig veralteter Ausstattung zu arbeiten macht eher keinen Spaß.
Danke!
Ich habe an der Realschule einen Rektorenwechsel miterlebt & damals wurde dem Mann (wohnte 45 Minuten von hier entfernt) offenbar "empfohlen" auch um die Schule zu repräsentieren wie du schreibst & um bei wichtigen Terminen da zu sein, etwa wenn die Schule im Gemeinderat ein Thema wäre, sich im Stadtteil eine Wohnung zu nehmen oder ein Haus zu kaufen; es wurden ihm sogar schon konkrete Kaufangebote oder Mietwohnungslisten vom Bürgermeister ausgehändigt ---> er hat sich dann auch hier ein Häuschen gemietet, da wohnt er heute noch.